Die Formel E kommt nach Berlin (TV-Übertragung: Samstag, 12.45 Uhr, ARD und Eurosport). Es ist die einzige Stadt weltweit, die bisher in jeder der fünf Formel-E-Saisons einen ePrix ausgerichtet hat. Kein Wunder: Die Formel E spricht Deutsch!
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Mitten im Titelkampf: der Duisburger André Lotterer (37), der nur einen Punkt hinter seinem DS-Techeetah-Teamkollegen und Tabellenführer Jean-Éric Vergne (29/F) liegt. Noch ist Lotterer ohne Sieg in der Formel E: "Aber ich bin auch nicht besessen davon. Ich will vor allem das Momentum für die Meisterschaft nutzen und nicht alles riskieren."

"Die Formel E ist das Schwierigste, was ich bisher gemacht habe"

Wehrlein
Einer von vier deutschen Fahrer: Pascal Wehrlein
Kein Fahrer steht mehr für den Wandel in der Formel E als Lotterer. Jahrelang raste er lieber mit dem 1000-PS-Porsche bei den 24 Stunden von Le Mans um den Sieg. Für die Formel E hatte er immer nur ein müdes Lächeln übrig. Doch seine Kritik an der Elektroserie hat er längst überdacht. "Ich habe damals die Augen nicht weit genug geöffnet", gibt er zu. "Die Le-Mans-Autos waren ex­trem schnell, da war ich einfach happy mit. Seitdem ich in der Formel E bin, sehe ich das anders. Es ist das Schwierigste, was ich bisher gemacht habe. Selbst mit 350 km/h in Le Mans herumzudüsen, ist mit all dem Abtrieb im Vergleich zur Formel E leicht."
Die Formel E ist seine neue Heimat, auch weil er selbst den Unterschied machen kann: "In der Formel 1 macht der Wagen zu 80 Prozent den Erfolg aus. In der Formel E zu 80 Prozent der Fahrer. Die Autos haben weniger Aerodynamik, da muss alles viel gefühlvoller gemacht werden. Wenn du in der Formel E auf die Bremsen steigst, betest du jedes Mal um dein Leben. Und triffst du eine existierende Ideallinie nicht, bist du im Staub und hängst in der Wand."
Lotterer ist einer von vier deutschen Fahrern. Audi-Pilot Daniel Abt (26) gewann im Vorjahr in Berlin. "Dieses Jahr wird das aber schwieriger, weil alle viel enger beisammen sind", weiß der Allgäuer. "Aber der Sieg ist nicht unmöglich. Also werde ich alles dafür geben."
Auch, weil er so tolle Erinnerungen an 2018 hat. Abt: "Das war der schönste Tag in meiner Motorsport-Karriere! Man wünscht sich ja immer, sein Heimrennen zu gewinnen, denn das ist einfach etwas Besonderes. Aber die Art und Weise, wie es dann passiert ist – mit dem wirklich perfekten Tag (Bestzeit in jedem Training, Qualifying und Sieg im Rennen; die Red.), den bis dato und auch danach keiner mehr geschafft hat in der Formel E, das ist schon schwer zu glauben."

Wehrlein: Fitness spielt in der Formel 1 eine größere Rolle

Pascal Wehrlein (24/Mahindra) war auch schon nah dran am Sieg, zuletzt in Paris. Da wurde ihm die Pole-Position aberkannt, weil der Reifendruck nicht stimmte. Wehrlein: "Der Witz ist, dass die Regel danach verbannt wurde, weil sie Schwachsinn ist."
Der Schwabe fuhr zwei Jahre für Manor und Sauber in der Formel 1. "Die Rennen hier sind komplizierter, weil wir die Energie zurückgewinnen und teilweise von Kurve zu Kurve mit einer anderen Einstellung fahren", vergleicht er. "Und mit den rutschigen Autos zwischen den Mauern mit über 200 km/h zu fahren, ist auch nicht so leicht. Dafür hat die Formel 1 höhere Fliehkräfte." Heißt: Die Fitness spielt dort eine größere Rolle. "Allerdings haben wir in der Formel E keine Servolenkung. Da musst du gut zupacken am Lenkrad."
Maximilian Günther (21) kämpft mit dem kleinen Dragon-­Team nur um Punkteränge. Für ihn ist es bereits ein Erfolg, in der Startaufstellung zu stehen. Er muss sich sein Cockpit nämlich mit Ex-Formel-1-Pilot Felipe Nasr (26) teilen. Doch die besseren Leistungen bringt Günther: In ­Paris wurde er Fünfter. 

Zwei Hersteller und zwei Zulieferer aus Deutschland

Zu den vier deutschen Fahrern in der Formel E kommen zwei Hersteller aus Deutschland: Audi ist seit zwei Jahren dabei, BMW ist in dieser Saison neu an Bord – und gewann in Riad gleich das erste Rennen. Seither ist BMW zwar sieglos, liegt mit António Félix da Costa (27) aber auf Rang vier der Tabelle. Wäre er in Marokko nicht in Führung liegend ausgerechnet mit Teamkollege Alexander Sims (31) kollidiert, wäre er jetzt sogar der Meisterschaftsführende!
Die Automobilzulieferer aus Deutschland sind ZF und Schaeffler. Sie helfen beim Bau der Antriebe für Audi (Schaeffler) und den monegassischen Autokonzern Venturi sowie das deutsche HWA-Team (beide ZF). Für Venturi fährt Ex-Schumi-Teamkollege Felipe Massa (38). Er wurde zuletzt in Monaco sogar Dritter.
Ex-Mercedes-DTM-Einsatzteam HWA übt für den Mercedes-Einstieg zur Saison 2019/2020. Dann dockt auch Porsche an. HWA-Teamchef Ulrich Fritz (42): "Wir sehen an vielen neuen Herstellern, wie schwierig es ist, einzusteigen. Diese Blamage wollen wir Mercedes ersparen."

Von

Michael Zeitler