Zwei Jahre ist es her, dass die Formel E in Peking ihr Debüt feierte. Damals noch als Provisorium, von dem keiner wusste, was daraus werden würde. Als technischer Spielplatz für Teams und Piloten. Im Presszentrum funktionierten damals weder Internet noch die Bildschirme. Professionell war anders.
Allein: Jetzt hat die Serie so richtig an Fahrt aufgenommen. 25.000 Fans kamen zum ePrix nach Hongkong am vergangenen Wochenende. Ein paar davon zahlten auf den Tribünen Preise von mehr als 250 Euro. „Die Location und Atmosphäre des Rennens erinnerten mich an die Formel 1 in Singapur oder Montreal“, schwärmte der am Ende Drittplatzierte Ex-Formel-1-Pilot Nick Heidfeld.
Und er hat Recht: Die erste Elektro-Rennserie der Welt hat sich etabliert – und ist gerade dabei kräftig zu wachsen. Audi ist in diesem Jahr als werksseitiger Partner des Abt-Schaeffler-Teams dabei, BMW hat seinen i-Schriftzug auf dem Wagen von Andretti platziert und kam mit Motorsportchef Marquardt eigens zur Pressekonferenz nach Hongkong eingeflogen. 2018 will man ganz einsteigen. Wie Mercedes. Ja, sogar die Formel-1-Weltmeister haben sich längst einen von zwei noch freien Startplätzen für 2018 gesichert.
Sebastien Buemi
Sebastien Buemi gewinnt den Auftakt in Hongkong

Kein Premiumhersteller will diese Chance verpassen. Denn die Formel E stellt sich immer mehr als Labor für die Serie dar. „Wir wollen die Synergien zwischen Motorsport und Serie stärken“, sagt FIA-Präsident Jean Todt, der mittlerweile öfter bei der E-Serie gesehen wird als in der Königsklasse. „80 Millionen Autos werden jedes Jahr verkauft. Saubere Technik ist notwendig und die Transformation hin zu ökologischen Antrieben hat schon gestartet. In zwei Jahren werden wir die Autonomie der E-Autos verdoppelt haben. Die Formel E ist die Spielwiese der Ingenieure, um noch die Fahrzeuge noch besser zu machen."
Sein Pendant auf Promoterseite, Alejandro Agag freut sich über derartiges Lob und das große Interesse: „Die Hersteller geben der Serie einen mächtigen Schub."
Dass sein Baby immer noch Miese macht, stört den Spanier nicht. Fünf Millionen Euro waren es in Hongkong. Allein der Aufbau der Strecke verschlang acht Millionen. Das ist selbst mit 1800 Euro teuren Tickets im Emotion Club, dem Paddock Club der Formel E, nicht wettzumachen.
Nick Heidfeld auf dem Podium: Alles zum Saisonauftakt der Formel E
Ein Problem ist das nicht, gehört es doch zu Agags Strategie: „Wir sind hier, um zu investieren“, sagt er. „Wir wollen die Serie pushen und denken langfristig, nicht kurzfristig."
Journalisten, die das kritisch sehen, stopft FIA-Präsident Todt das Maul: „Denkt positiv! Dies ist die Zukunft!"Und auch er hat Recht. Die Formel E ist in meinen Augen jetzt schon die attraktivste Rennserie hinter der Formel 1. Sie bietet spannendes Racing, Unfälle, Geschichten, starke Fahrer. Kein Wunder, dass immer mehr ehemalige Formel-1-Stars über einen Einstieg nachdenken.
Dazu kommt: Die Elektroserie hat schon jetzt einen großen Vorteil gegenüber der Königsklasse: Sie verschlingt keine Unsummen, hat aber trotzdem einen extrem positiven Marketingeffekt. „Im Vergleich zur Formel 1 ist die Formel E budgettechnisch ein Kindergeburtstag“, sagt Fahrer Daniel Abt.
Allein: Das Kind wird schneller erwachsen, als ich gedacht habe. Und das Internet im Pressezentrum funktioniert auch schon besser...