Fünf, sechs oder sieben?

Auto kaufen bedeutet rechnen. Nicht nur bei Neupreis und Kosten, sondern auch bei Platzfragen. Wie viele Sitze brauche ich? Diese Frage stellt sich besonders, seitdem nicht nur Fiat mit dem Multipla, sondern nun auch Honda einen ungewöhnlichen Sechssitzer anbietet. Der FR-V (Family Recreation-Vehicle: Familien- und Freizeitfahrzeug) bringt sechs Personen in nur zwei Reihen unter.

Heißt: Hinten wie vorn sitzen drei Personen nebeneinander. Die Frage: genial oder grausam? Um das zu beantworten, haben wir das 3+3-Konzept gegen konventionelle Kompaktvans mit fünf und sieben Sitzen gestellt. Dem Vergleich stellen sich Ford C-Max (2+3 Sitze) und VW Touran (2+3+2 Sitze).

Nicht nur im Innenraum setzt der Honda ein Ausrufezeichen, sondern auch beim Karosserie-Design. Zwischen VW und Ford wirkt er bullig und dynamischer als seine deutschen Konkurrenten. Dafür sorgen vor allem sein markant nach vorn gestreckter Chromgrill, glänzende Türgriffe, schlitzförmige Scheinwerfer sowie eine große Motorhaube.

Drei plus drei ist zwei

Obwohl er sogar 1,5 Zentimeter schmaler ist als der C-Max, scheint der FR-V mehr in die Breite zu gehen. Grund: Mit nur 4,29 Meter Außenlänge hat er eine gedrungene Figur. Damit ist der Honda mehr als zehn Zentimeter kürzer als der VW. Das kann den Unterschied zwischen "paßt" und "paßt nicht" bedeuten. Und: Parknotgeplagte Großstädter, die links so eng einparken, daß sich die Fahrertür nicht mehr öffnen läßt, können problemlos nach rechts rutschen und auf der Beifahrerseite aussteigen. Die fehlende Mittelkonsole macht es möglich.

Doch entscheidender als das Parkplatzpotential ist die Innenraumarchitektur. Weil Honda sehr dünne Türen verbaut (die Crashstabilität soll trotzdem gewährleistet sein), öffnen diese spielend leicht und ermöglichen vorn eine üppige Innenbreite von 1,56 Metern. Das sind knapp acht Zentimeter mehr als beim Touran und sogar zwölf gegenüber dem C-Max.

Aber: Drei Kameraden vom Format der Wildecker Herzbuben haben in Reihe eins keine Chance. Ein Trio fühlt sich hier nur wohl, wenn der Mittelsitzer ein Kind oder von schmächtiger Statur ist. Auch wenn der Zentralsitz um maximal 27 Zentimeter nach hinten geschoben wird, geht es bei Dreierbesetzung so eng zu wie in einer Kirmes-Gondel.

Fahrer ab 1,80 Meter Körpergröße fühlen sich hinterm Lenkrad eingeklemmt und bemängeln zu geringe Kniefreiheit. Die wird leider auch nicht besser, wenn die Mittelsitz-Rücklehne nach vorn heruntergeklappt wird und dadurch eine breite Armablage entsteht, die auch zum Laptop-Arbeitsplatz oder Schreibtisch taugt.

Drei in einer Reihe sind zuviel

Unter der geteilten Sitzfläche des FR-V befindet sich ein riesiges Staufach. Die Variabilität gehört zu den starken Seiten des Japaners. Hinten verschwinden die Sitze einzeln mit je einem einfachen Handgriff und bilden einen ebenen Boden. Das macht den FR-V fit für Transportaufgaben verschiedenster Art. Der mittlere Rücksitz läßt sich 17 Zentimeter nach hinten schieben. Das Stauvolumen variiert zwischen 439 und 1600 Litern. Die Ladekante ist mit 64 Zentimetern allerdings zu hoch geraten.

Mit Schiebung versucht es auch Ford. Der C-Max (Foto) bleibt bei der alten Auto-Arithmetik mit 2+3-Sitzen, bietet aber dennoch elegante Gestaltungsoptionen. Die äußeren Fondsitze lassen sich V-förmig zehn Zentimeter nach hinten schieben, wenn vorher der Mittelplatz weggeklappt wurde. So angeordnet, bietet er ein extrem luftiges Interieur und ist ideal, wenn vier Reisende auf große Tour gehen.

Geht es um die reine Personenzahl, hat indes der Touran die Nase vorn. Als einziger im Testtrio ist er optional als Siebensitzer (plus 650 Euro) zu haben. Voll besetzt schrumpft der Kofferraum allerdings auf 121 Liter und ist so nur für Tagesausflüge geeignet. Außerdem geht es in der dritten Reihe so eng zu, daß sich besonders auf längeren Strecken dort nur Kinder wohl fühlen.

Werksangaben und Testwerte

Dafür ist der Volkswagen ein Lastesel erster Güte (1625 Kilo). Bis zu 1913 Liter Ladevolumen machen aus dem Familien- einen idealen Freizeit-Van. Dazu kommen hohe Qualität und Funktionalität sowie ein durchzugsstarker 150-PS-Motor, der seine beiden Gegner speziell bei der Elastizität deutlich übertrumpft. Besonders ökonomisch jedoch ist der Zweiliter-Vierventiler trotz FSI-Technik nicht. Wie schon zuvor getestete Wagen zeigt auch dieser Touran beim Verbrauch Schwächen. Im Schnitt liegt er nicht nur einen Tick höher als Ford und Honda, sondern verlangt das teurere Super plus.

Nüchterne Zahlenspiele

Den besten Durchschnittsverbrauch erzielt der C-Max, obwohl er als einziger mit Fünf- statt Sechsgang-Getriebe ausgerüstet ist. Sein kleiner Leistungs- und Drehmomentnachteil fällt im Autoalltag nicht ins Gewicht. Er präsentiert sich als solider Van ohne Schnörkel. Klare Instrumente, solide Verarbeitung und bequeme Sitze sind gute Argumente für den Ford. Auch die präzise Lenkung und sein sehr angenehmes Fahrwerk überzeugen.

Weniger souverän wirkt das Fahrerlebnis im Honda. Auf geflickten Autobahnen ist der Abrollkomfort stuckerig. Bei höherem Tempo nerven Windgeräusche, und die Bremse reagiert giftig ohne klar definierten Druckpunkt. Lenkung, Schaltung und Fahrstabilität sind okay; der Umgang beim Rangieren wiederum gewöhnungsbedürftig. Trotz geringer Gesamtlänge ist der Honda nach vorn und hinten schwer einzuschätzen, was das Einparken erschwert.

Ebenso will die Bedienung des FR-V gelernt sein. So befinden sich die Schalter für die Bedienung der Fenster nicht in der Tür, sondern am Armaturenträger. Der Schaltknauf sitzt hoch und wie bei einem Rallyeauto neben dem Lenkrad, verdeckt aber einige Knöpfe der Klimaanlage. Die arbeitet zudem ausgesprochen geräuschvoll. Gut: Die Instrumente sind hintergrundbeleuchtet, das Cockpit ist anständig verarbeitet.

Unterm Strich helfen auch Mathe-Kenntnisse nicht weiter. Nüchterne Zahlenspiele werden in der Gesamtrechnung gern von emotionalen Stil- und Geschmacksfragen überlagert. Und bei denen hat Punktverlierer Honda das Potential, vor Punktsieger VW zu landen.

Kosten und Ausstattungen

Im Kostenkapitel punktet Ford. Wie der Honda hat er serienmäßig eine Klimaanlage an Bord. Der Japaner hat darüber hinaus noch Radio und vier elektrische Fensterheber ab Werk zu bieten. Der Touran verliert viele Punkte bei Preis und Verbrauch. Positiv für VW: Das Wartungsintervall ist mit 30.000 Kilometern oder zwei Jahren deutlich besser als bei der Konkurrenz.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Kompaktvans sind für Clownereien ungeeignet. Die Dreierbelegung des FR-V in Reihe eins mag zwar lustig sein, praktisch ist sie nicht. Das belegt der Vergleich mit Touran und C-Max. Gegen die deutschen Konkurrenten hat der 3+3-Sitzer keine Chance. Schade, denn das kompakte Blechkleid des Japaners wirkt erfrischend. Hoher Nutzwert und gute Fahreigenschaften halten den VW an der Spitze.