Völlig klar, hier geht es um die Krönung des SUV-Königs. Und dazu kommen wir auch gleich. Zunächst müssen jedoch noch ein paar Lanzen gebrochen werden: Eine für die bedauernswerten Vorstandsgattinen, die vor Kitas jeden Morgen ein mittelschweres Verkehrschaos anrichten, weil sich ihr Porsche Cayenne nicht wie geplant in die bauplatzgroße Parklücke manövrieren lässt. Eine für die Herrschaften, die mit ihrem BMW X5 sicherheitshalber in der Fahrbahnmitte herumschnecken, vermutlich um nicht Gefahr zu laufen, die Bestuhlung der Straßencafés niederzumähen. Und eine für all die geldgesegneten Jünglinge, die Dutzende hungern lassen, bloß weil sich ihr Range Rover mal wieder im zu engen Drive-in-Schalter verklemmt hat. Sie alle mögen uns tagtäglich zur Weißglut treiben und doch verdienen sie unser Mitgefühl.

Überblick: News und Tests zu allen Automarken

Audi Q7 BMW X5 Porsche Cayenne Range Rover  Sport Mercedes M-Klasse
Wildes Rudel: Fünf Super-SUVs tummeln sich auf dem Sachsenring.
Denn obwohl Audi Q7, BMW X5 M, Mercedes ML 63 AMG, Porsche Cayenne und Range Rover Sport ihre Piloten in edel möblierten Penthäusern umherkutschieren und eine Armada an Parkpiepsern und Kameras allein dafür abstellen, dass sich keiner dieser fiesen Waschbetonpoller im Stoßfänger verewigt, gleicht ein Bad im deutschen Stadtverkehr bisweilen dem Versuch, mit einer sizilianischen Kanalfähre die Donau hinaufzuschippern. Vom Spießrutenlauf im feindseligen Zeitgeist ganz zu schweigen: Mit einem SUV vorzufahren, ist momentan irgendwie genauso hip, wie quer über den letzten Frauenparkplätzen einer Tiefgarage zu parken. Bei der M GmbH dürfte man jedenfalls verdutzt die Stirn gerunzelt haben, dass die BMW-Bosse gerade jetzt den Auftrag für das stärkste Serien-SUV der Geschichte nach Garching hinüberfaxten. Zumindest die Pressemappe der neuen X-M-Modellfamilie gibt sich größte Mühe, zwischen all den flammenden Plädoyers für V8-Motor, Biturbo-Aufladung und 555 PS auch das eine oder andere Effizienz-Alibi einzustreuen.

Der BMW X5 M geht unbarmherzig und lautstark nach vorne

BMW X5 M
Unwiderstehtlicher Sprinter: Der BMW X5 M zeigt der Konkurrenz das Heck.
Heute jedoch, an einem Tag, so eisig, dass man das ganze Palaver um globale Erwärmung nicht wirklich nachfühlen kann, kümmern wir uns mal nicht um bedarfsgerecht gesteuerte Komponenten und zurückgewonnene Bremsenergie. Stattdessen lassen wir sie noch einmal von der Kette, die geächteten PS-Dinosaurier, die wohl nur dann überleben werden, wenn sie ihr Fortbewegungselixir künftig aus der Steckdose nuckeln. Bis es so weit ist, wird hemmungslos eingespritzt, verdichtet und ausgepufft. Und dafür scheint sich der X5 M gar nicht mal sonderlich zu schämen. Jedenfalls entfleucht seinem 4,4-Liter-Direkteinspritzer ein recht freizügiges Anrollröcheln, ehe ihm die beiden Turboturbinen zunächst die Stimmbänder und dann die Antriebswellen straffziehen. Bereits bei 1500 Touren ragt die Drehmomentwand steil empor, um erst bei 5650/min wieder talwärts zu verlaufen. Selbst beim Schalten, wenn überschüssiger Ladedruck geviertelt durch die Endrohre ploppt, knickt der hauchzart kurzhubig ausgelegte Achttöpfer nicht ein. Was mitunter daran liegt, dass sich der Twin-Scroll-Lader zusammen mit den Katalysatoren zwischen die Zylinderbänke zwängt und dadurch eine günstige Positionierung der Ein- und Auslass-Kanäle ermöglicht.
Das minimiert die abgasseitigen Druckverluste, stopft somit das Turboloch und erlaubt es BMW, den Turbo-V8 auch im künftigen M5 einzusetzen, ohne fürchten zu müssen, Saugmotorfanatiker könnten über Nacht das Motorenwerk niederbrennen. Bei Porsche begegnet man dem Turbolochproblem auf die altmodische Tour. Statt das Motorlayout des 4,8-Liter-Direkteinspritzers umzumodeln und die ausgedehnte Druckaufbauphase mühevoll zuzuschaufeln, schnallt man ihm lieber ein extrafettes Drehmomentpaket um die Kurbelwelle. Warum auch was ändern? Schließlich haben die 750 Newtonmeter bislang immer gereicht, um alles zu vermöbeln, was die SUV-Welt jemals hervorbrachte. Wir alle waren jedenfalls schwer erleichtert, dass uns der Cayenne Turbo S nicht ohnmächtig aus den 21-Zöllern kippte, als wir ihm mitteilten, er habe sich bis 200 km/h sechs Zehntel Rückstand eingefangen. Die knappen Sprintvorteile erarbeitet sich der BMW nicht nur mit Hilfe seiner breitflächigeren Kraftentfaltung. Sondern vor allem durch die aberwitzige Sportautomatik.

Die aufpreispflichtigen Keramikbremsen des Cayenne stoppen wie eine Wand

Porsche Cayenne Turbo S
Ein Hoch auf die Keramik-Bremse: Der Cayenne verzögert giftig und unnachgiebig.
Während der Sechsstufer des Porsche stets darum bemüht ist, die Fahrstufen möglichst glatt aneinanderzureihen, rüpelt sich das BMW-System im Sport-Modus derart heftig durch die sechs Gänge, dass man meinen könnte, es habe eine Fortbildung zum Direktschalter genossen. Beim Bremsen schlägt Stuttgart jedoch zurück: Mit kalter Keramik steht der Cayenne nach 33,6 Metern. Ein brillanter Wert, den der stahlgebremste X5 erst bei der Highspeed-Bremsung aus 200 kontern kann. Neben den beiden Heißspornen wirkt der ML 63 AMG, als hätte ihn der Fortschritt etwas überrannt. Nicht nur wegen der Automatik, die vergleichsweise bedächtig durch ihre sieben Stufen wandelt. Sondern vor allem aufgrund des Saugmotors, der seine konzeptbedingte Drehmomentschwäche zwar mit 6,2 Litern Hubraum kompensiert, aber irgendwie so rüberkommt, als hätte man einem Gewichtheber das Herz eines Marathonläufers implantiert. Denn während sich BMW und Porsche mit schierer Turbokraft vom Fleck reißen, ihre gesamte Muskelmasse also bereits bei Niedrigdrehzahl beisammenhaben, muss der Kurzhuber des Mercedes erst locker los joggen, um mit steigendem Puls allmählich an Vehemenz zuzulegen. Erst ab 5200/min, wenn die acht Kolben ihr Kraftmaximum herbeistrampeln, dämmt er den Rückstand auf die potenteren Turbos ein.
Weitere Details zu den fünf starken Dickschiffen gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Vergleich mit allen technischen Daten und Tabellen finden Sie als Download im Heftarchiv.

Von

Stefan Helmreich