Die Überschrift zu dieser bunten Bande hätte auch heißen können "Einer für alle" oder noch besser "Ein Block für alle Fälle". Wie wir darauf kommen? Ganz einfach, der Seat R, der VW Scirocco R und der Golf R haben alle das gleiche Triebwerk unter der Haube. Keines, wie man vermuten würde, aus dem VW-Regal. Nein, die Wolfsburger und Spanier bedienen sich für ihre R-Modelle in Ingolstadt. Genauer gesagt beim Audi S3. Denn dieses Triebwerk, welches auch im Audi TT S zum Einsatz kommt, verfügt ab Werk gegenüber dem GTI-Motor über stabilere Kolbenbolzen, stärkere Pleuelstangen und einen steiferen Zylinderblock. Sprich: Dieser Motor ist deutlich standfester. Und das heißt für die Tunergilde: viel Luft und Raum für ein paar PS mehr.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Scirocco

Mathilda Racing Scirocco
Ganz heißes Teil: Mathilda Racing hält, was die Aufkleber auf dem Auto versprechen.
Alles nichts Ungewöhnliches für die SPORTSCARS-Leser. Doch dieser Vergleichstest ist trotzdem etwas Besonderes. Zumal ein neuer Tuner namens Mathilda-Racing es mit den etablierten Veredlern JE Design und Sport Wheels aufnehmen will. So reagiert die Redaktion auf die Ansage von Mathilda-Chef Michael Paatz denn auch mit einem leichten Lächeln. "Die denken, weil sie mit einem Scirocco am Langstreckenpokal teilnehmen, können sie auch Autos tunen", äußert sich Redakteur Ben Arnold skeptisch. Als der blaue Scirocco den Verlag erreicht, vergeht uns das Lächeln. Tief geduckt, breite Räder und jede Menge Beklebung. Sieht aus wie ein Rennwagen. Die Werbeaufkleber zeugen eher von Kompetenz als von einem Schnellschuss; Raeder, Movit, KW und Dunlop klingen nach richtig schnell. Und die ATS-Räder in 9,5 x 18 Zoll kennen wir nur aus dem Motorsport. Die 9,5 Kilogramm leichten GTR-Räder, welche mit Dunlop-Direzza-03G-Semislicks bespannt sind, gibt es seit dem Test auch mit TÜV-Segen. Straßenzugelassen ist auch das KW Clubsportfahrwerk. Die Nordschleifen-Profis von Raeder Motorsport haben den blauen Scirocco in akribischer Feinarbeit vermessen, Radlasten eingestellt, Spur und Sturz abgestimmt.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Golf

Sport Wheels Golf
Sprintsieger: Gegen den Allradantrieb des Golf R sieht die Konkurrenz kein Land.
Auch eine Movit-Bremse mit gelochten Scheiben hielt Einzug in die Radhäuser. Ob sich der immense Aufwand gelohnt hat, werden wir bei der Zeitennahme am Sachsenring sehen. Der Zweiliter-Turbo-Vierzylinder erfuhr eine Elektronikkur von MTB, danach fallen 300 statt 265 PS über die Vorderräder her. Die restlichen 33 PS mobilisieren der Einsatz von Downpipe, Sport-Kat und Sportluftfilter. Auch der andere VW, der Sport Wheels Golf R, tritt zum Test mit sportlicheren Attributen an. Das Leistungsplus von 65 PS resultiert aus einer Neuprogrammierung des Steuergeräts sowie einem anderen Auspuff und Kat. Beim Fahrwerk vertraut der Tuner auf die Künste von KW. Und um seinem Namen Sport Wheels gerecht zu werden, montiert er rot lackierte OZ-Räder im Porsche GT3 RS-Design.
Diesen Look verpasste auch Seat-Spezialist JE Design seiner Leon-Cupra-R-Kreation. Die hauseigenen Räder in 19 Zoll wurden genauso in rote Farbe getaucht wie einige Bauteile des üppigen Spoilerpakets. Auch im Seat arbeitet ein Gewindefahrwerk aus dem Hause KW. Das 6000 Euro teure Leistungspaket beinhaltet 65 Mehr-PS, Sportauspuffanlage und Metallkat. Nun ist es Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. Das Kapitel Längsdynamik steht auf dem Programm. Der Golf muss vorlegen: ASR abschalten, Bremse treten, Drehzahl hoch, Bremse lösen. Per Launch-Control schießt der Golf in 4,7 Sekunden auf 100 (Werksangabe 5,5 s); weitere 13,4 Sekunden später liegen 200 km/h an. Zwar wechselt auch der Scirocco die Gänge per Doppelkupplungsgetriebe, jedoch hat Mathilda im Rahmen der Powerkur die Launch-Control deaktiviert; somit muss das Coupé ohne spezielle Starthilfe beschleunigen. 5,5 Sekunden auf 100 sind dennoch eine Ansage (Serie gemessen: 6,0 s). Noch beeindruckender ist der Wert auf 200: Mit 17,3 Sekunden düpiert es nicht nur das Serienauto (20,0 s), sondern auch seine beiden Konkurrenten. 

Überblick: Alle News und Tests zum Seat Leon Cupra

JE Design Leon
In Sachen Anbauteile liegt der Seat vorne, bei den Fahrleistungen nicht.
Zünftige Handarbeit ist im Seat angesagt. Trotz warmer Sportreifen und präziser Gangwechsel gelingt im Leon nur eine 6,1 auf 100 (Serie gemessen: 6,4 s). Doch ist der Spanier einmal in Fahrt, geht’s richtig voran – bis 200 nimmt JE Design dem Werksmodell über vier Sekunden (20,9 zu 25,0 s) ab. Im Rahmen der Leistungssteigerungen gingen auch die Vmax-Sperren über Bord. So laufen der Scirocco echte 271, der Golf 265 und der Seat 260 Kilometer pro Stunde. Auf dem Rückweg geht es über fränkische Landstraßen. Dabei rockt der Golf am meisten: Seine herrlich klingende Auspuffanlage verleitet immer wieder zu einem unnötigen Schaltwechsel. Per Klick an den Schaltwippen knallt es hinten raus, dass es eine wahre Freude ist. Etwas weniger kernig klingen die Abgasanlagen von JE Design und Mathilda. Dafür zischt und pfeift es unter der Motorhaube, wenn die Lader ihrem überschüssigen Druck Luft machen. Der Sport-Wheels-Golf hechtet von Kurve zu Kurve und ignoriert die Bodenwellen, während die anderen beiden gefühlsmäßig nur herumspringen; die Fahrwerke von Seat und Scirocco sind für den Alltag etwas zu hart abgestimmt.
Wie sich die drei getunten Kompaktsportler auf dem Sachsenring schlagen, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Heftarchiv.
Guido Naumann
Was für eine Performance, und das beim ersten Test! Mathilda-Racing fährt mit dieser tollen Rundenzeit und dem Gesamtauftritt nicht nur auf Platz eins dieses Vergleich, sie sichern sich auch die Sachsenring-Titel "Schnellster Fronttriebler" und "Schnellster VW". Der Golf von Sport Wheels ist kaum weniger sportlich, doch behindern ihn sein Mehrgewicht und schwächelnde Bremsbeläge. Der Seat von JE Design bereitet zwar viel Fahrspaß, im Vergleich ist das Leistungsplus jedoch zu teuer und kann sich subjektiv zu wenig vermitteln.