Was macht so ein Martin Gräf von HGP eigentlich, wenn er nicht gerade aufgeblasene Sechszylinder durch die Werkstatt schiebt? Nun, er tüftelt Vierzylinder auf Leistung, setzt Biturbo-V8 unter Druck und widmet sich in ganz schwachen Momenten sogar den Saugern des R8. Nur ein sportlicher Motor aus der VW-Familie kam bislang eigentlich nie so wirklich zu den großen Tuningehren. Gemeint ist? Richtig, der Fünfzylinder! So fragten wir uns: Was vermag einer, der getüvte 480 PS im Golf R anbietet, mit einem RS 3 herauszuholen?

Der Tuner macht den Fünfzylinder zum echten Brandstifter

HGP RS 3 Sportback
Kraftpaket: HGP bläst den 2,5 Liter großen Fünzylinder auf 606 PS und 710 Nm Drehmoment auf.
Jetzt endlich liefert HGP die Antwort: Es sind 606 PS und 710 Newtonmeter, prachtvoll herangezüchtet nach Art des Hauses. Das Kernstück der Leistungskur bildet einmal mehr ein gefräster Lader aus eigener Feder, der neben einer verstärkten Rumpfgruppe und einer größeren Abgasseite vor allem ein eigens designtes Verdichterrad aufweist. Hinzu kommen die üblichen Anpassungen: größerer Ladeluftkühler, überarbeitete Ansaugung und ein geändertes Hosenrohr. Die werksoptionale RS-Abgasanlage bleibt übrigens bestehen, wird einzig in ihrer Klappensteuerung optimiert, während der Fünfzylinder selbst einen gänzlich neuen Datenstand auffährt. Und der geht noch nicht einmal ans Limit. Zumindest, was die Drehmomentausbeute angeht. 790 Newtonmeter könnte das verbaute Setup stemmen, tatsächlich begrenzt es HGP auf 710, die dafür bis hoch an die 6000er lodern. Gleiches Spiel beim Ladedruck, der nicht einfach unkontrolliert nach oben schnalzt, sondern feinfühlig an sein Maximum von 2,1 Bar (!) herangeregelt wird.

Die Serienversion hängt der HGP RS 3 ganz locker ab

HGP RS 3 Sportback
Extrem sprintstark: Der HGP RS 3 geht in 3,1 Sekunden auf Tempo 100, in 9,7 Sekunden auf 200 km/h.
Umso erstaunlicher, dass der getunte Fünfzylinder kein bisschen später anspricht als die Serie. Selbst im tiefsten Tal der Drehzahl, von 80 auf 120 km/h im siebten Gang, zieht er mit 10,0 zu 10,1 Sekunden exakt auf Serienniveau durch. Hat man einmal 2500 Touren erklommen, bleibt von der Serie hingegen kaum mehr als ein temporärer Fleck im Innenspiegel. Mit fast schon überschäumender Wut schnalzt der 606-PSler nach vorn und prügelt derart heftig übers Drehzahlband, dass man im Manuellmodus schon ganz schön an den Paddeln flippern muss, um nicht versehentlich in den Drehzahlbegrenzer zu rattern. Optional aktiviert HGP übrigens das Zwangshochschalten bei Erreichen der Drehzahlgrenze. Und auch wenn wir uns normalerweise ja eher zu den Verfechtern der reinen Lehre zählen, wonach Doppelkuppler in der manuellen Gasse gefälligst das zu tun haben, was man ihnen vorgibt, so ergibt die Funktion im Kontext dieser Taschenrakete einen gewissen Sinn.Spätestens zum Launch-Control-Start, der einem regelrechten Abschuss gleichkommt und Werte zutage fördert, die man sonst eher von einem R8 V10 plus erwarten würde. 3,1 Sekunden auf hundert, 9,7 auf zweihundert. Die Serie fährt mit 3,8 und 13,9 Sekunden auf ziemlich verlorenem Posten hinterher. Zumal der getunte RS 3 auch in Sachen Vmax alle Artgenossen stehen lässt. Die Ermittlung der finalen Endgeschwindigkeit steht im Hause HGP zwar noch aus, ersten Berechnungen zufolge sollte sich das Ende der Fahnenstange jedoch erst zwischen 320 und 330 km/h einstellen – mein lieber Scholli!

Fazit

von

Manuel Iglisch
Auch wenn der Fünfzylinder nie zu den Steckenpferden von HGP zählte, so müsste er nach dieser Vorstellung eigentlich genau dazu avancieren. Weshalb? Weil das Verhältnis aus Aufwand und Ertrag hier noch reizvoller erscheint als bei den Vier- und Sechszylindern – und weil die Leistungskeule einmal mehr unfassbar sauber und noch dazu extrem fahrbar abgestimmt wurde.

Von

Manuel Iglisch