Besondere Tests erfordern besonderes Personal. Für diese Verbrauchsfahrt mit dem elektrischen Hyundai Kona setzt AUTO BILD auf den Mann mit dem Streichelfuß. Jan Tietjen (54) ist seit 1992 Mitglied der Testredaktion. Jan hat den Langmut und das besondere Talent, sparsam zu fahren, ohne für andere Verkehrsteilnehmer zum Hindernis zu werden. Diesmal heißt sein Auftrag: Hol aus dem E-Kona raus, was geht. Und er schafft das Unglaubliche. Fährt zehn Stunden mit nur einer Batterieladung! 613 Kilometer am Stück!

Mit dem Kona Elektro verschwindet das Reichweitenproblem

Hyundai Kona Elektro
Dauerläufer: Der Kona Elektro schaffte in unserem Test 613 Kilometer – deutlich mehr als versprochen.
Das ist mehr, als der Hersteller verspricht. Laut Reklame schafft der Koreaner mit seinem 64 kWh großen Lithium-Polymer-Akku 470 Kilometer nonstop. Allerdings arbeitet Sparfuß und -fuchs Jan auch unter Idealbedingungen. Als er mit OF-PR 540E auf die Verbrauchsrunde geht, hat's 23 Grad, die Sonne scheint – und auf den Straßen ist wenig los. Reisen statt rasen ist so kein Problem. Der Hyundai startet mit 100 Prozent Akkuladung. Er rollt im Eco-Modus, ohne Klimaanlage, mit maximaler Rekuperation und auf der Autobahn nie schneller als 100 km/h. Nach zehn Stunden rechnen wir ab. Das "Volltanken" an der Wallbox hat morgens 25,70 Euro gekostet. Macht auf 100 Kilometer also Kosten in Höhe von 4,19 Euro und einen Verbrauch von 11,33 kWh. Zusätzlich schicken wir den E-Kona über unsere "normale" AUTO BILD-Verbrauchsrunde. Inklusive 20 Kilometer Vollgas! Dort "schluckt" er 18,8 kWh pro 100 Kilometer, was 6,96 Euro kostet. Die Reichweite des Elektroautos ist nun deutlich geringer als bei unserer Sparfahrt: 340 Kilometer. So richtig schlecht ist aber auch das nicht.

Der Umgang mit dem Hyundai ist absolut selbsterklärend

Hyundai Kona Elektro
Vorbildlich: Die Bedienung des Kona gibt keinerlei Rätsel auf, das Interieur schafft Wohlfühlatmosphäre.
Nur mal zum Vergleich: 100 Kilometer im Kona mit 177-PS-Benziner kosten 12,19 Euro Spritgeld. Und die Reichweite liegt bei diesem Modell auch "nur" bei 560 Kilometer. Mit anderen Worten: Dieses Elektroauto ist fit für den Alltag. Zumal der E-Kona ein flott gezeichneter 2+3-Sitzer in Kompakt-SUV-Optik ist. Vorn sitzt man bequem auf ordentlichem Gestühl und mit gutem Ausblick über die kurze Haube. Der Fond hingegen ist eine enge Zelle. Wer hier hockt, mit steil angewinkelten Beinen und eingeschränktem Ausblick, der will nach kurzer Zeit flüchten. Die zweite Reihe dient eher als Erweiterung des knappen Kofferraums (332 Liter). Den Mangel an Stauraum verursacht vor allem der Hochleistungsakku im Untergeschoss. Allerdings ist auch der "normale" Kona mit 361 Liter Gepäckraum nicht gerade ein Laderiese. Auf 29 Liter Laderaum verzichten zugunsten des E-Antriebs? Machbar. Zumal der Kona Elektro auf der Straße das bessere Auto ist. Sein durch den großen Akku tieferer Schwerpunkt beschert ihm eine spürbar stabilere, ruhigere Straßenlage. Auch die Lenkung reagiert stimmiger auf Richtungswechsel als der nervöse Verbrenner.
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Video: Hyundai Kona (2017)

Kona im Connectivity-Check

Die Bedienung des Stromers ist vorbildlich gelöst. Allein die Getriebe-Steuerung über vier griffgünstig positionierte Tasten (P-D-R-N) klärt alle Fragen hierzu auf einen Blick. Die dahinter liegende E-Parkbremse ergibt in diesem Hightech-Auto Sinn – wer will hier einen Handbremshebel ziehen? Über der Mittelkonsole ist blickgünstig der Acht-Zoll-Monitor für Audioanlage und Navigation platziert. Hyundai spendiert hierfür ein kostenloses Kartenupdate über die gesamte Lebensdauer. Für angenehme Temperaturen an Bord sorgt eine Klimaautomatik, unterstützt durch Lenkrad- und Sitzheizung vorn sowie (bei Style und Premium) eine Wärmepumpe.

Mit etwas Übung fährt man den Kona nur mit dem Gaspedal

Hyundai Kona Elektro
Beeindruckend: Der E-Motor hat einen ordentlich Punch, die Rekuperation taugt auch zum Abbremsen.
Einrichtung und Ausstattung schaffen bereits in der Basisvariante Trend (ab 39.000 Euro) Wohlfühlatmosphäre. Auch ein gut aufgestelltes Assistenten-Team (Abstandsregeltempomat, Spurhalte-, Brems- und Aufmerksamkeits-Assi) fährt hier schon mit – inklusive Rückfahrkamera. Wir empfehlen Trend. Wer LED-Licht, Stau- und Totwinkelassistent, Verkehrszeichenerkennung sowie einiges mehr braucht, der bekommt mit Premium für 6600 Euro Aufpreis das volle Menü. Unabhängig von der Ausstattung fährt der Stromer stets unkompliziert und selbsterklärend. Drei Fahrmodi sind wählbar (Eco, Komfort, Sport). Mit Eco lässt es sich gut leben. Der E-Motor-Punch ist beeindruckend genug. Sportmodus macht Spaß, aber E-Mobilisten werden mehr Freude an den Schaltpaddeln am Lenkrad haben. Die steuern keine Schaltvorgänge, sondern die Stärke der Rekuperation. Bremsen war gestern. Der Kona macht das nicht so konsequent wie BMWs i3, aber mit etwas Übung kommt man dem One-Pedal-Driving ziemlich nahe. Beim Gas-, Entschuldigung: Stromgeben meldet sich der E-Motor mit dezentem Heulton, um sofort nach Erreichen des Wunschtempos stumm zu werden. Nur noch Wind- und Abrollgeräusche bleiben vernehmbar. Angenehm. Es gibt übrigens auch eine 39-kWh-Variante (ab 34.600 Euro). Doch damit beginnt die Reichweiten-Diskussion nur wieder von vorn.

Fazit

von

Manfred Klangwald
Vorbei die Zeiten, in denen E-Autos aussahen wie Prototypen oder wie vom anderen Stern. Auch die ewige Reichweitendebatte ist vom Tisch. Korea gibt da das Tempo vor. Mit dem Kona wird das E-Auto langsam bezahlbar und alltagstauglich.

Von

Manfred Klangwald