Keine viereinhalb Meter lang, aber fast 250 PS, Allrad und Automatik – Jaguar E-Pace und Volvo XC40 wollen's wissen und stellen sich dem Test.
Ein großer Name weckt große Erwartungen. Sagt nicht AUTO BILD, sondern das Leben. Wenn deine Eltern also Herzogin Kate und Prinz William heißen, kommst du um Privatinternat und Elite-Uni kaum herum. Und was für Royals und Reiche gilt, behält auch auf vier Rädern seine Gültigkeit. Wenn also die feinen Schweden von Volvo und die noblen Briten von Jaguar neue SUVs präsentieren, bleibt ihnen die harte AUTO BILD-Schule nicht erspart. Wir untersuchen den Nachwuchs ganz genau und fragen: Machen XC40 und E-Pace ihren Eltern alle Ehre?
In Sachen Optik können XC40 und E-Pace voll überzeugen
Man muss SUVs nicht unbedingt mögen, XC40 und E-Pace sind aber durchaus einen Gedanken wert.
Man muss SUVs nicht mögen. Im Prinzip besitzen sie mehr Nach- als Vorteile. Aaaber! Wenn sie so gut aussehen wie die beiden hier, dann kann man (und Frau) schon mal schwach werden. Handliche 4,40 Meter kurz, knappe Überhänge, markante Nase und ein Hintern zum Hinterherschauen – beim Flirtfaktor herrscht ganz klar Unentschieden, hier entscheidet allein der persönliche Geschmack. Anders bei allem, was sich im Inneren der Blech-Beauties abspielt. Der Pilot findet in beiden SUVs bequem Platz, auch wenn er zwei Meter misst. Allerdings sitzt er im Jaguar etwas tiefer und damit angenehmer. Im Volvo nestelt er immer mal an der Sitzverstellung, um dann enttäuscht festzustellen, dass er schon in der untersten Etage angekommen ist. Apropos Enttäuschung: Beide SUVs setzen stark auf Bedienung über Berührung. Jaguar spendiert noch ein paar Drehregler fürs Klima, Volvo setzt fast ausschließlich auf Touch-Technik. Schade, denn wischen, schieben, scrollen ist zwar toll am Tablet auf dem heimischen Sofa, im Auto bei voller Fahrt aber nicht immer ein Vergnügen.
Mit den starken Benzinern boxen die beiden in der GTI-Liga
Alter Schwede: Mit seinen 247 PS rauscht der XC40 in schlanken 6,5 Sekunden von 0 auf Tempo 100.
Auch im Fond bietet der Brite den besseren Sitzkomfort, wurde die Lehne weniger steil und das Polster nicht ganz so dicht am Boden platziert wie beim Schweden. Nur das Reinkommen fällt beim E-Pace schwerer – der flachere Türausschnitt und die engere Einflugschneise für die Füße erfordern von Gästen der zweiten Reihe mehr Beweglichkeit. Werden die Rücksitze dem Gepäck geopfert, schluckt der zuvor rund 100 Liter größere Jaguar plötzlich rund 100 Liter weniger. Mit vollen Hosen ist gut stinken – getreu diesem Motto schickten Volvo und Jaguar uns ihre coolen Kompakt-SUVs mit Allrad, Automatik und fast 250 PS unter der Haube zum Test. Als Benziner! Klar, gekauft werden die Dinger später vor allem mit 150-PS-Diesel, aber jetzt und hier bewegen wir uns in der GTI-Liga. Und da heizen uns die gern als unterkühlt geltenden Schweden ganz ordentlich ein. Exakt 247 PS lässt der T5 auf seine vier Räder los – und den gerade mal zwei PS stärkeren E-Pace P250 ziemlich locker stehen. In 6,5 Sekunden rauscht der stärkste XC40 leichtfüßig auf Tempo 100, während der Jag noch seine neun Fahrstufen sortiert und 1,1 Sekunden später das Landstraßen-Limit erreicht.
Auf der Autobahn wird es für den Briten dann noch schlimmer. Während der Schwede seine acht Fahrstufen blitzschnell koordiniert und nach 32,3 Sekunden metallisch fauchend Tempo 200 reißt, lässt der E-Pace seinem sportlich-sonoren Grummeln eine eher verschlafene Vorstellung folgen. Erst nach 43,1 Sekunden trödelt er an der 200-km/h-Schwelle vorbei. Angesichts der Leistung ein bisschen enttäuschend.
Bei Federungskomfort zeigt der Volvo eine gewisse Härte
Ungeschmeidig: In der Stadt kosten die 19-Zöller reichlich Komfort – der Volvo federt etwas steif an.
Aber das kommt davon, wenn man nicht aufs Gewicht achtet. Satte 1869 Kilo zeigt unsere Waage für den Jaguar – der Volvo wiegt immerhin 140 Kilo weniger. Die Massenträgheit scheint dabei selbst vor der Automatik des E-Pace nicht haltzumachen. Der Neunstufenwandler schaltet leider nicht nur angenehm weich, sondern auch recht gemütlich. Einziger Vorteil: Die Start-Stopp-Automatik arbeitet ebenfalls sanft und ruckfrei, der P250 erwacht nach dem Zwangs-Aus fast unbemerkt wieder zum Leben. Davon bleibt der Volvo weit entfernt. Hier bekommen die Fahrgäste bei jedem Ampelstart erst mal einen kleinen Schubser mit auf die Reise. Und der Schwede verteilt auch während der Fahrt gern mal einen freundschaftlichen Rempler. Vor allem beim Bummeln durch die Stadt schafft es der XC40 nur selten, Schlaglöcher elegant zu überfahren. Mit den zwar schicken, aber nicht gerade komfort-fördernden 19-Zoll-Rädern bestückt (590 Euro), federt der Volvo eher steif an und rumpelt gern mal lautstark gegen Kanten und Absätze. Hinterm Ortsschild und bei höherem Tempo zeigt der T5 dann bessere Manieren.
An der Tankstelle geben sich die SUVs eher unbescheiden
Durstiger Emgländer: Der Jaguar E-Pace genehmigt sich im Schnitt 11,9 Liter Super auf 100 Kilometer.
Die wurden dem Jaguar von Anfang an in die Wiege gelegt. Wie der Volvo gönnt er sich 19-Zoll-Räder für 1249 Euro, allerdings eine harmonischere Abstimmung des Fahrwerks. Der Brite reagiert auf Fahrbahnfehler einfach weniger unwirsch und spürbar gelassener als der Konkurrent aus Schweden, federt geschmeidig an, rollt gekonnt ab. Okay, zur Sänfte mutiert der P250 deswegen nicht gleich, da sind die leistungsgerechten Federelemente sowie die 19-Zoll-Schlappen davor. Doch auch längere Touren geraten mit diesem Engländer nicht zur Strafe. Mit den starken Benzinern gehen Allrad und Automatik einher, dazu noch 19-Zoll-Räder, Sitzpaket und andere Annehmlichkeiten mehr – schwups, schon kosten die kompakten SUV um die 50.000 Euro. Da sprechen nur Royals und Reiche von Peanuts. Bei den Garantien bieten weder Volvo noch Jaguar Premiumschutz, sondern allenfalls Grundversorgung. Jaguar lockt zwar mit drei Jahren aufs Auto, bleibt mit sechs Jahren gegen Durchrostung aber sehr zurückhaltend. Volvo will dem Rost doppelt so lange trotzen, beschränkt sich bei der Fahrzeuggarantie aber auf lächerliche zwei Jahre.
Großzügiger werden beide erst beim Tanken. Der XC40 genehmigt sich 10,9 Liter, der E-Pace sogar einen Liter mehr – 11,9 Liter. Und neben dem Tankwart greift beim Jaguar auch die Versicherung beherzt zu. Haftpflichtklasse 21 und Vollkaskoklasse 28 liegen weit über dem Volvo-Tarif (18/23). Da weckt der große Name wohl auch große Begehrlichkeiten.
E-Pace und XC40 werden Sie künftig öfter sehen – die Kompakt-SUVs bringen frischen Schwung in die Klasse. Die starken Benziner entfalten ihr volles Aroma allerdings nur, wenn man nicht aufs Geld gucken muss.