Was für ein Auftritt! Irgendwo zwischen Gangstermobil und Rentnertraum, zwischen SUV und Van. Und so etwas kommt ausgerechnet von Kia, bislang eher bekannt für brave Dauerläufer – der Soul ließ keinen kalt, der bei AUTO BILD erstmals den neuen Dauertest-Kandidaten fuhr. Da sieht man mal wieder, wie Design die Wahrnehmung eines Autos bestimmen kann. Der koreanische Kasten hat polarisiert, er hat provoziert – und über 100.000 Kilometer auch Frust produziert. Zunächst überwog spontanes Lob: "Glückwunsch, Kia!", schrieb Produktioner Mario Pukšec ins Fahrtenbuch. Gefallen finden die Silhouette, die hohe Sitzposition, viele Ablagen, problemlose Bedienung, die Rückfahrkamera im Innenspiegel und die Farbtupfer, die der tristen Einrichtung etwas mehr Pfiff geben sollen: rote Kunststoffflächen und Boxen, deren Rahmen im Takt der Musik aufleuchten – die Lichtorgel galt als "lustig" bis "lächerlich".
Kia Soul 1.6 Spirit
Bunt, aber kratzempfindlich: Der peppige Innenraum sah nur bei Testbeginn gut aus.
Von so viel Pep, finden einige, könnten sich A- und B-Klasse eine Scheibe abschneiden. Und auch nach ersten Langstrecken jubeln die Soul-Fans. Große Türausschnitte erlauben einen bequemen Einstieg, das hohe Dach schenkt viel Platz, und den kleinen Kofferraum (222 Liter) erweitern findige Köpfe, indem sie den Styropor-Einsatz herausnehmen oder gleich einen Rücksitz umlegen. Wer mehr Platz braucht, greift zum variableren Bruder Venga (mit gleicher Technik), der seit seinem Debüt dreimal öfter gekauft wird – Kannibalismus à la Korea. Doch der Kasten macht mehr Spaß, überzeugt mit dem Sound der Audio-Anlage und sticht mit schicken 18-Zoll-Rädern zackig um die Ecken.

Alle News und Tests zum Kia Soul

Kia Soul 1.6 Spirit
Ein Lichtblick im trüben Einerlei: Der Soul fällt auf, besonders im Florentinerrot.
Erst mit der Zeit schmilzt der Sympathie-Bonus, nun melden sich die Kritiker. Sie berichten von der Windempfindlichkeit des Kia, schlechtem Geradeauslauf und sind besonders enttäuscht von der unkomfortabel-hölzernen Federung. Außerdem arbeitet die Lenkung für sportliche Geschmäcker zu leichtgängig und synthetisch. Na ja, zum Dynamiker ist der hohe Kasten kaum geboren, aber einen kräftigeren Motor hätte er allemal verdient. Zwar läuft der 1,6-Liter angenehm ruhig und vibrationsarm, doch nach 126 PS fühlt er sich nicht gerade an. Untenherum fehlt ihm Drehmoment, "das Wort Durchzugsschwäche ist für den Kia erst erfunden worden", ärgert sich Redakteur Stefan Voswinkel.

Motor wenig elastisch

Damit kann man in der Stadt leben, doch auf der Autobahn kommt ein Teufelskreis in Gang: Weil der Benziner so schlappe Waden zeigt, muss er fleißig gedreht werden. Das wiederum treibt den Verbrauch in die Höhe, zumal der sechste Gang fehlt. "Üppige zwölf Liter beim flotten Mitschwimmen" misst Leserredakteur Berend Sanders – womit der 48-Liter-Tank sich schneller leert als ein Glas Pils am Tresen. "Ein Säufer!", tobt Testredakteur Uli Holzwarth. "Der Wagen ist falsch motorisiert." Ein 115-PS-Diesel hinterließ im Dauertest des Kia cee'd den besseren Eindruck. Der Soul schluckte über die gesamte Distanz im Schnitt 9,5 Liter. Der große Luftwiderstand des Kastens kostet Sprit und Temperament.

Schlechte Wintertauglichkeit

Kia Soul 1.6 Spirit
Mut zur Kante: ein Design mit Wiedererkennungswert, aber wenig praktischem Nutzen.
Im strengen Winter kühlte die Liebe zur kompakten Kia-Kiste nochmals ab: Das ABS greift auf glatter Fahrbahn zu spät ein, die breiten 225er-Reifen finden so wenig Halt, dass Online-Redakteur Michael Voß sich vom Nachbarn aus der Parklücke schieben lassen musste. Peinlicher Auftritt für das Show-Mobil. Mechanisch lief der Antrieb problemlos: Er brauchte kein Öl außerhalb der Wartung, zeigte nur am Getriebe kräftigen Ölnebel und hatte kein Problem mit dem Schraubendreher, den ein Mechaniker im Motorraum vergessen hatte. Die linke Hauptlichtbirne streikte dreimal, der Schalter fürs Schiebedach einmal – das war’s. Wieder eine zuverlässige Leistung der Marke, wäre da nicht die Schminke verlaufen: Der rote Lack platzte durch Steinschlag so stark ab, dass die Motorhaube ausgetauscht werden musste. Laut Kia wurde nur bei diesem Farbton die Grundierung zu dünn aufgetragen. Und warum sah am Ende das rote Plastik innen so schmuddelig aus? Vielleicht war das Auto für große Kinder einfach abgespielt.
Kia Soul 1.6 Spirit
Nach 100.000 km trüben Lackmängel, Katalysatorschaden und Ölleckage das schöne Bild.
Rostrot – so rieselte der Staub nach der Demontage des Katalysators auf die Werkbank der Kia-Mechaniker. Auch die eingangsseitige Lambda-Sonde präsentiert sich in diesem Farbton. Der Blick durchs Endoskop bestätigt, dass nur die Eingangsseite des Abgasreinigers betroffen ist. Möglicher Grund: mangelnde Qualität des Katalysators. Da verwundern auch die teilweise schlechten Resultate beim finalen Abgas-Test nicht. Noch mehr erstaunt uns das ölige Getriebegehäuse. Beim ersten Service hatte ein Werkstattbetrieb schon auf Ölfeuchtigkeit hingewiesen. Bei den folgenden Wartungen wurden die Ölspuren nicht beachtet, die Ursachen nicht weiter untersucht. Die losen Schrauben am Getriebedeckel hatten den Mechanikern jedoch auffallen müssen. Weitere Mängel waren bei Testende nicht zu beklagen. Noch erwähnenswert: Am vorderen Stoßfänger hat sich großflächig der Klarlack abgelöst. Auch den Lack hat Kia sonst besser im Griff.

Kleine Änderungen im neuen Modelljahr

Kia Soul Spirit
Spirit: Die Topversion des Kia Soul kostet 3050 Euro Aufpreis.
Kia hat den Soul zum Modelljahr 2011 optisch und funktionell aufgewertet. Statt mit unpraktischen Klappgriffen öffnet man die Türen jetzt mit stabilen Bügelgriffen. Statt des Notrads ist ein Reparaturset an Bord. Die Instrumenteneinfassungen schimmern in Metalloptik, und für den 126-PS-Benziner gibt es auf Wunsch ein Automatikgetriebe. Wer sich für die Topversion Spirit entscheidet (3050 Euro Aufpreis gegenüber der Basis) und zusätzlich die Rückfahrkamera (480 Euro) ordert, kann mittels eingeblendeter Leitlinien gezielter rangieren.

Fazit

von

Joachim Staat
Der kantige Soul fällt auf, leider nicht nur positiv. Zwar hat die Technik des Kia den Dauertest kaum schlechter überstanden als vor ihm ein Cee´d 1.6 CRDi. Das schicke Bild trüben aber die Lackmangel, der Katalysator-Schaden sowie die Ölleckage, welche die Werkstatt nicht behoben hat. Der durstige Motor passt nicht zum Charakter des Soul, und mit der 18-Zoll-Bereifung ist er kaum wintertauglich.

Von

Manfred Klangwald
Joachim Staat