Das war vermutlich die schnellste Verwandlung der Kastenwagen-Geschichte: Der neue Crafter steht noch nicht beim Händler, aber schon reisefertig auf der CMT in Stuttgart. Wie das geht? Der Mann hinter dem Kavalierstart sitzt in Jandelsbrunn bei Passau: Für Hans Hanusch, Produktmanager der Knaus-Kastenwagen, ist der Crafter nicht weniger als "ein Meilenstein". Und so entstand bei Knaus bereits im Herbst 2016 die spontane Idee, den neuen VW zum Reisemobil zu machen. Erst kurz zuvor hatte Volkswagen die Prototyp-Abnahmefahrten beendet und einige ausgewählte Journalisten hinters Steuer gelassen. Was die Knaus-Entwickler besonders beeindruckt hat? Dasselbe wie die ersten Tester. "Sicherheit ist das große Thema", sagt Hanusch. "Nicht nur für die Insassen, sondern auch für die anderen Verkehrsteilnehmer." Die zahlreichen Assistenzsysteme haben den Knaus-Männern imponiert: Spurhalteassistent, automatische Abstandsregelung, Anhängerrangierassistent, Ein- und Ausparkhilfe, Seitenwindassistent.
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Engelsflügel und Teufelsschwänzchen finden sich zahlreich

Studie Knaus VW Crafter Saint & Sinner
Luftiges Ambiete: Viel Platz zum Kochen und ein großzügiges Raumbad in der Mitte.
Und das Design? Darauf kann der Prototyp selbst antworten. Die Ähnlichkeit zum T6 war für die VW-Gestalter ja ein wichtiges Ziel. Bei Knaus nahmen sie die Spur auf ("Das ist natürlich eine Hommage an den VW Bulli") und gaben dem Crafter die rot-weiße Zweifarbigkeit, die es gegen Mehrpreis auch beim T6 gibt. Der fährt sie in Erinnerung an den T1 der 50er- und 60er-Jahre spazieren – allerdings nicht mit der Konsequenz des Knaus, der sein Bicolor-Konzept auch innen durchhält. Und der Name des Neuen? Sagen wir mal so: Der ist eher speziell statt traditionell. "Saint & Sinner (Heiliger und Sünder) hat sich als einer von drei Vorschlägen durchgesetzt", sagt Hans Hanusch. Das Logo mit Hörnchen, Engelsflügeln und Teufelsschwänzchen findet sich zahlreich am Blech, auf den Oberschränken – und sogar auf der Duschabtrennung des geräumigen Raumbads. Ganz nebenbei gehört der Saint & Sinner zu den wenigen Reisemobilen, die im Innenraum fast keine Holzoptik zeigen. Ein bisschen Laminat auf dem Boden, das ist alles. Geht doch.
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Bewohnbare Crafter werden nicht im Nice-Price-Bereich liegen

Studie Knaus VW Crafter Saint & Sinner
Wer schläft, sündigt nicht. Aber machbar wäre es schon auf 1,45 x 1,90 Meter Liegefläche.
Und wer ist mutig genug, so was zu kaufen? Nicht nur jüngere Kunden, meint Hanusch. "Wir wollen Leute ansprechen, die Lebenserfahrung haben, aber im Kopf jung geblieben sind. Und die auch keine Scheu haben, sich zu zeigen." Der nonkonformistische Camper, ein Statement. Und im Hintergrund schon mal die Ankündigung, dass bewohnbare Crafter nicht im Nice-Price-Bereich der Branche siedeln werden. Dabei ist der Hightech-Kasten bei aller Größe kein einfaches Ausbau-Objekt. "So schön die Linienführung des VW Crafter ist, so schwierig war der Innenausbau", sagt Hans Hanusch. Denn die Aerodynamik fordert, dass der Kastenwagen nicht überall gleich breit ist. Das Heck ist ganze acht Zentimeter schmaler als die Frontpartie, was bei Längs-Einzelbetten kein großes Problem ist. Aber passen getrennte Betten zu einem Saint & Sinner? Querbett also, 1,45 Meter breit. Und dezente hintere Verbreiterungen, von denen Hans Hanusch verspricht, dass sie keine störenden Windgeräusche verursachen. Vor allem aber sichern sie die geforderte Bettenlänge: 1,90 Meter sind es beim Prototyp, mindestens 1,94 Meter werden es beim späteren Serienmodell sein. Das steht im August auf dem Caravan Salon in Düsseldorf – und wird kein Saint & Sinner sein. Denn diese Ausstattungslinie will Knaus für das gleichnamige Boxstar-Modell auf Fiat-Ducato-Basis reservieren. Kein neuer Meilenstein, klar. Und kaum Assistenzsysteme im Programm. Aber immerhin: Wer sich so viel Sünde traut, kann den Rot-Weißen sofort bestellen.

Fazit

von

Helene Schmidt
Klar, dass der Crafter die Begehrlichkeiten der Branche weckt: Er ist ein Basisfahrzeug mit Sicherheits- und Vernetzungsfeatures, wie sie viele Käufer aus ihren hochwertigen Alltagsautos kennen. Und auch wenn der Saint & Sinner so nicht in Serie geht: Er macht Lust auf mehr. Weil er zeigt, was der Mut zu Farbe und modernen Oberflächen bewirken kann.

Von

Helene Schmidt