Die Tachonadel steht auf 248 km/h. Unter der Motorhaube arbeiten 250 PS auf Hochtouren. Nein, wir sind nicht in einem Sportwagen unterwegs, sondern im neuen Ford Focus ST – einem Kompakten mit fünf Türen und genug Platz für Kleinfamilie oder Großeinkauf. Diese Kölner Mischung aus Spaß- und Alltagsauto bietet mehr Leistung als der Golf GTI, bei vergleichbaren Einstiegspreisen um die 28.000 Euro. Mit 240 km/h Spitze bleibt dem Wolfsburger nur, die linke Spur zu räumen. Tschüs, GTI! Dafür bringt ein anderer kompakter Fünftürer den Focus in Bedrängnis: Mazda3 MPS. Gleiche Preisklasse, noch mal mehr Kraft und zwei km/h schneller – laut Datenblatt ist die Ausgangsposition für den Japaner besser.
Ford Focus ST
Skurril: Eine Soundanlage überträgt das Ansauggeräusch des Ford-Motors über einen Schlauch in den Innenraum.
Das bieten sie:
Ford hat im Focus den Fünfzylinder von Volvo durch einen aufgeladenen Zweiliter-Vierzylinder ersetzt. Der klingt zwar nicht so charakterstark wie der herrlich brabbelnde Vorgänger, kann sich aber trotzdem hören lassen. Zusätzlich überträgt eine Soundanlage das satt knurrende Ansauggeräusch des Motors über einen Schlauch durch die Stirnwand in den Innenraum. Skurril. Die serienmäßigen Recaro-Sportsitze klemmen den Fahrer fest ein. Die stark ausgeformten Sitzschalen bieten ordentlich Seitenhalt im Becken- und Lendenbereich. Schön für das Rennfahrererlebnis, eher unbequem auf Langstrecken. Und: Wer oft ein- und aussteigt, ärgert sich über die dicken Backen, über die er umständlich klettern muss. Von außen fügen sich Focus und Mazda3 in das gewohnte Bild sportlicher Kompaktwagen: 18-Zoll-Räder, markante Schwellerleisten und Dachspoiler. Zusätzlich unterstreicht der Japaner mit seiner aufgerissenen Hutze auf der Haube, dass hier ein mächtiges Kraftwerk sitzt. Sicherlich, mit knapp 2,3 Litern ist der Turbomotor in seiner Klasse der Hubraumriese. Nachteile: Er kostet pro Jahr 116 Euro Steuern mehr als der Ford mit zwei Liter Hubraum. Und er verbraucht mehr: zehn Liter Super auf 100 Kilometer, der Ford kommt im Test mit 8,1 Liter Super plus aus. Das ist trotz des höheren Literpreises für Super plus noch leicht günstiger.
Mazda3 MPS
Gemogelt: Laut Datenblatt soll der Mazda3 in 6,1 Sekunden auf Tempo 100 sein. Tatsächlich sind es aber 6,8 Sekunden.
So fahren sie:
Dann wollen wir die Mineralölkonzerne mal glücklich machen und schicken die Kompakten auf die Rennstrecke zum Kräftemessen. Erste Disziplin: der Sprint von null auf 100 km/h. Laut Datenblatt liegt der Mazda3 leicht vorn. In diesem Fall sollte nach 6,1 Sekunden die Wertung zugunsten des Japaners ausfallen. Denkste! 6,8 Sekunden, so lautet das Ergebnis nach offizieller Messung. Der Focus hingegen erfüllt seine Vorgabe auf den Punkt genau mit 6,5 Sekunden. Gewinner des Sprints: Focus ST. Weiter geht es im Vergleich auf dem Handlingkurs, wo sich die Kontrahenten durch die Kurven jagen. Der Ford-Turbo-Vierzylinder gibt seine Leistung angenehm gleichmäßig ab. Von einem metertiefen Turboloch wie im Mazda3 ist nichts zu spüren, das Sportfahrwerk prima abgestimmt. Es findet die richtige Balance zwischen Härte und noch ausreichendem Komfort. Die Lenkung arbeitet direkt und vermittelt dem Fahrer ein gutes Gefühl für die Straße. Nur die Sitzposition ist im Focus zu hoch.
Daneben wirkt der Mazda3 anstrengend. Zu straffe Federn und Stoßdämpfer sorgen für Unruhe im Cockpit. Die Sportsitze bieten mit ihren verkümmerten Seitenwangen kaum Halt. Außerdem hält die Lenkung nur wenig Kontakt zur Straße, wirkt synthetisch wie bei einem Computerspiel. Das strengt an – auf der Rennstrecke wie auf dem Weg zur Arbeit. Zudem untersteuert der Mazda3 bei hoher Geschwindigkeit in Kurven. Dann schiebt er über seine Vorderräder ins Kurvenäußere, bremst sich dabei ab. Das verspielt Zeit und birgt immer die Gefahr, von der Piste zu rutschen. Trotzdem ist es für geübte Fahrer immer noch schneller, als mit ESP zu fahren. Dieses mindert mit automatischem Bremseingriff oder Rücknahme der Motorleistung den Hang zum Untersteuern. Es kostet wegen des Abbremsens aber zu viel Rundenzeit.Ganz anders verhält sich der Focus ohne elektronische Hilfe in Kurven. Unter rascher Gaswegnahme gibt es eine Lastwechselreaktion. Dabei wird die Hinterachse entlastet, das Heck bricht aus. Das funktioniert deshalb, weil Ford die Hinterachse recht weich abgestimmt hat. Für Könner ein großer Spaß. Mit etwas Übung driftet der Focus sogar wie sonst nur Autos mit Heckantrieb. Auf der Rennstrecke malten uns die Drifteinlagen des Focus ein Grinsen ins Gesicht, kosteten aber Zeit. Am Ende war der Mazda3 gut zwei Zehntel schneller. Derartige Spielereien sind allerdings nur auf abgesperrten Strecken und für geübte Fahrer empfehlenswert. Im Alltag bleibt das ESP eingeschaltet und der Focus immer sicher auf Kurs.Das kosten sie: Die Preise für den Ford Focus ST beginnen bei 27.950 Euro. Die Serienausstattung beinhaltet unter anderem Klimaanlage, Recaro- Sportsitze, CD-Audiosystem sowie 18-Zoll-Leichtmetallräder im "ST"- Design und 235/40er-Reifen. Für 960 Euro Aufpreis bekommt der Käufer Bi-Xenon-Scheinwerfer dazu. Für weitere 1200 Euro ist im Fahrer- Assistenz-Paket II das Unfallvermeidungssystem Active City Stop enthalten. Für 28.390 Euro ist beim Mazda3 MPS bereits eine umfangreiche Ausstattung mit Sitzheizung, CD-Audiosystem und Spurwechselassistent dabei. 2090 Euro kostet das einzig verfügbare Zusatz-Paket. Darin enthalten sind unter anderem Bi-Xenon mit Kurvenlicht und schlüsselloses Starten.
Technische Daten Mazda3 MPS Vierzylinder, Turbo, vorn quer• Hubraum 2261 cm3 • Leistung 191 kW (260 PS) bei 5500/min • Vorderradantrieb • Sechsganggetriebe • Kofferraum 340–1360 l • EU-Mix 9,6 l Super/100 km • CO2 224 g/km • Preis 28.390 Euro.
Technische Daten Ford Focus ST
Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum 1999 cm3 • Leistung 184 kW (250 PS) bei 5500/min • Vorderradantrieb • Sechsganggetriebe • Kofferraum 363– 1148 l • EU-Mix 7,2 l Super plus/100 km • CO2 169 g/km • Preis 27.950 Euro.


Robin Hornig

Fazit

Der Mazda3 MPS ist ein extremer Kompaktsportler mit unanständigen Manieren. Für die Rennstrecke gut, aber im Alltag zu nervös und ruppig. Der Ford Focus ST hingegen findet eine gelungene Balance zwischen Alltagstauglichkeit und Rennsporterlebnis. Mit diesem Kraftpaket macht bereits die Fahrt zum Einkaufen Spaß. Egal für wen man sich entscheidet, mit beiden heißt es: Tschüs, GTI!