Schon Dean Martin verknüpfte 1953 gekonnt seine englische Muttersprache mit seinen italienischen Wurzeln in dem titelgebenden Song – einem Evergreen, der längst tief in der Musikgeschichte verwurzelt ist.
Automobil gesehen stammt der Mittelmotor-GT ebenfalls aus dem italienischen Sprachraum, wobei es mit dem McLaren GT ein Angelsachse war, der das Genre jüngst wieder in den Fokus gerückt hat. Schreiben Sie uns, wenn wir etwas vergessen haben, aber eine kurze Umfrage im Kollegenkreis hat ergeben, dass man den Titel des geistigen Urvaters des McLaren GT prinzipiell an den Maserati Bora aus den frühen 1970ern vergeben müsste: kompakt, zweisitzig, Mittelmotor, V8.
Das macht es nur umso legitimer, dass Maserati nun mit dem neuen MC20 in genau diesem Revier wildert. Mit den Reisetalenten des GT kann der Italiener zwar nicht mithalten, aber schon bei der Präsentation 2020 sprach Maserati bewusst von einem ultrasportlichen GT und nicht von einem Supersportwagen. (Maserati MC20 Cielo: Italiens himmlischer Bodybuilder)
Kein ausuferndes Flügelwerk, und doch fühlt sich der MC20 auf der Rennstrecke pudelwohl.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD

Damals dachten wir noch, man möchte vielleicht tiefstapeln, falls das fertige Serienmodell bei ersten Tests auf der Rennstrecke doch nicht die Performance erreicht, die das hinreißende Blechkleid aus der Feder des deutschen Chefdesigners Klaus Busse verspricht.
Doch diese Zweifel zerstreute Maserati schnell, als man sich vor einigen Ausgaben (Heft 8/2022) traute, mit dem MC20 in unserem kompromisslosen Supertest anzutreten. Und er performte wirklich gut, ließ sich vor allem sehr launig am Grenzbereich bewegen.

Harter Vergleich scheitert an McLaren

Die Rundenzeit auf dem Lausitzring: 1:31,41 Minuten, sieben Zehntel schneller, als ein Audi R8 V10 Performance den Kurs im Jahre 2019 umrundete. Aber gut zwei Sekunden langsamer als der McLaren 600LT aus demselben Test damals.
Ein echter Vergleich diesmal scheiterte übrigens an McLaren, die den GT konzeptionell nicht auf der Rennstrecke sehen und daher keine Rundenzeiten oder Messwerte zuließen. Eigentlich schade, denn auf dem Niveau des MC20 schätzen wir den GT nach unseren Eindrücken schon ein. Vielleicht nicht, was das Rennfeeling angeht, aber zumindest der reinen Zahlen nach.
Mit der italienischen Schönheit lässt sich perfekt kontrollierbar quer um die Ecken tanzen
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD

Die Waffen sind schon mal recht gleichmäßig verteilt: 630 PS hüben, derer 620 drüben, der Italiener stemmt trotz des kleineren Triebwerks 100 Nm mehr Drehmoment. Der moderne V6 mit drei Liter Hubraum und innovativer Vorkammerzündung aus der Formel 1 ist schlicht ein hervorragender Motor geworden. Trotz Biturbo-Konzept spricht er unvermittelt an, ist in seiner Leistungsabgabe fein dosierbar.
Auf der anderen Seite ist der V8 im McLaren natürlich kein schlechtes Triebwerk, ganz im Gegenteil. Seine Grundauslegung ist hier nur zurückhaltender angewürzt. Zum Glück stehen Salz- und Pfefferstreuer aber in Form von Knöpfen und Drehreglern für die Fahrmodi bereit, sodass sich der Kunde den Schärfegrad je nach Gusto zusammenmixen kann. Beinahe zurückhaltend und komfortabel oder knüppelhart und ultraresponsiv. Bis zu einem gewissen Grad ist alles drin.
Fahrzeugdaten
McLaren GT
Maserati MC20
Abzweigung
Motor
Abzweigung
Abzweigung
Hubraum
Abzweigung
Abzweigung
Leistung
Abzweigung
Abzweigung
Max. Drehmoment
Abzweigung
Abzweigung
Antrieb
Abzweigung
Abzweigung
L/B/H
Abzweigung
Abzweigung
Leergewicht
Abzweigung
Abzweigung
0–100/200 KM/H
Abzweigung
Abzweigung
Spitze
Abzweigung
Abzweigung
Preis
Abzweigung
V8 Biturbo
3994 cm3
456 kW (620 PS) bei 7500/min
630 Nm bei 5500-6500/min
Hinterrad, 7-Gang-Doppelkupplung
4683/2095/1223 mm
1530 kg
3,2/9,0 s
326 km/h
ab 198.000 Euro 
V6 Biturbo
2991 cm3
463 kW (630 PS) bei 7500/min
730 Nm bei 3000–5500/min 
Hinterrad, 8-Gang-Doppelkupplung
4669/2178/1224 mm
1475 kg
2,9/8,8 s
326 km/h
ab 230.000 Euro 

Auch der Maserati beherrscht diese Spreizung, legt seine Settingfenster aber generell einen Tick weiter in Richtung Sportlichkeit aus. Dafür brilliert der McLaren mit seiner phänomenalen Schaltmechanik. Fix am Volant sitzt eine echte und komplett aus Kohlefaser bestehende Schaltwippe. Keine Paddel, eine echte Wippe. Das bedeutet, dass sich die linke Seite vom Fahrer wegbewegt, wenn die rechte gezogen wird, um einen höheren Gang einzulegen.

Von 0 auf 100 im zweiten Gang

Theoretisch könnte der Fahrer also auch herunterschalten, indem er rechts die Wippe von sich wegdrückt. Die Ganganschlüsse des Siebengang-Doppelkupplers passen gut, 0 auf 100 geht locker im zweiten Gang, das bekommt der Maserati mit seinem Achtgang-DKG allerdings auch hin – wenn auch knapp.
Dessen Schaltkulisse dominieren die monströsen Carbon-Paddel, die allerdings starr an der Lenksäule befestigt sind und sich demnach nicht mitdrehen. Durch ihre schiere Größe stört das jedoch nicht in dem Maße wie bei anderen Supersportlern.
Fließende Linien: Gerade aus der hinteren Dreiviertelperspektive erkennt man sehr schön das lange Heck des McLaren und die weit nach hinten gezogene Dachlinie.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD

Die Leistungsdaten haben wir schon abgehandelt, kommen wir nun zu den Fahrleistungen. Hier gibt McLaren aus dem Stand 3,2 Sekunden auf 100 und glatte 9 auf 200 km/h an. Maserati geht mit 2,9/8,8 einen Tick aggressiver an die Sache heran – was ja zum grundlegenden Konzept passt.
Den prestigeträchtigen Hunderterwert unter drei Sekunden erreichte der MC20 übrigens auch auf unserem Messgerät, auf doppeltes Tempo benötigte er gemessene 9,0 – also Gleichstand zum Briten, der uns jedoch die Bestätigung der Werkswerte schuldig bleibt.

McLaren luxuriöser und komfortabler

Doch kommen wir zu den untypischen Themen eines Supersportlervergleichs: dem Interieur, dem "look & feel" sozusagen. Der McLaren hat in diesem Bereich definitiv den luxuriösesten und komfortabelsten Innenraum zu bieten, der je das geschwungene Logo aus Woking getragen hat.
Leder und Alcantara, wohin das Auge blickt, wirklich komfortable Sitze, die den Seitenhalt eher als Zusatzfeature verstehen, eine High-End-Soundanlage von Bowers & Wilkins in Serie und Ablagemöglichkeiten: kleine Fächer in den Türen, Netze, Becherhalter, ein Platz für das Smartphone – einfach alles, was das Fahren angenehm macht.
Dazu ist unser in "Abyss Black" lackiertes Exemplar mit dem elektrochromen und schaltbaren Glasdach (8.500 Euro) ausgerüstet. Je nach Lust und Laune bietet der GT also freie Sicht in den Himmel oder ein geschlossenes Dach.
Knackiger und deftiger ist der Maserati ausgelegt, der McLaren spielt den reisetauglichen Grand Tourer besser.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD

Wirklich einzigartig in diesem Segment macht ihn jedoch sein Kofferraum beziehungsweise der Platz über der gewissenhaft gedämmten Motorabdeckung. Wer die große Heckklappe elektronisch aufschwingen lässt, hat erst mal einen freien Blick auf den offen liegenden Carbonrahmen der Dachlinienkonstruktion.
Hier verbaut McLaren nicht irgendeine Kohlefaser: Forged Composite muss es sein. Dafür verlangen andere Hersteller, etwa Lamborghini, horrende Aufpreise. Laut Angabe passen in den Hinterwagen ordentliche 420 Liter Gepäck. Dazu kommen supernutzbare, weil tiefe 150 Liter vorn. Der hintere Kofferraum schaut nach weniger aus, aber die praktische Nutzbarkeit ist durch die schiere Länge beachtlich.

MC20 12.000 Euro teurer

Eine Golftasche, ein Snowboard oder Skier sollen perfekt reinpassen. Konnten wir nicht testen, weil der Autor kein Golf spielt und gerade Sommer war, aber die Entkalkungsanlage im Keller brauchte neues Salz. Also: ab zum Baumarkt, vier 25-Kilo-Säcke eingeladen, passt! Die Blicke der anderen Kunden – unbezahlbar.
Das geht mit dem Maserati nur bedingt. Sein 100-Liter-Fach im Heck wird von einem Mini-Frunk von 50 Litern ergänzt. Reicht zwar für den kurzen Wochenendtrip, packt der Partner jedoch zu verschwenderisch, muss der Assistent im Quattroporte den Koffer hinterherfahren.
So viel über Ablagen und Kofferraum haben wir bei 600-plus-PS-Coupés noch nie geschwärmt, aber kommen wir ganz zum Schluss noch zum Finanziellen.
Zur Markteinführung hatte Maserati den MC20 mit 210.000 Euro eingepreist. Damit läge man nur knapp über den 198.000 Euro des McLaren. Mittlerweile liegt der Grundpreis jedoch 20.000 Euro höher. Mehr Nutzbarkeit bietet Woking, ein Tick mehr Emotion und Faszination kommt jedoch aus Modena.
Alexander Bernt
Erstaunlich, wie ähnlich sich die beiden GT sind, auch wenn der MC20 mehr Wert auf alltägliches Flanieren legt. Der McLaren hat ebenfalls seinen Reiz – einen Supersportler mit 570 Liter Kofferraum findet man auch nicht alle Tage.