Erst habe ich gezögert. Gebe ich wirklich zu, dass ich mit einer A-Klasse komme? Und dann habe ich gegrinst. Weil meine Freundin Ulrike, die vorher noch was von Rentnerschüssel gespottet hatte, plötzlich sprachlos war. Außer dem Stern hat die neue Mercedes A-Klasse nichts mit ihrem Vorgänger gemein. Wo das alte A hoch und seniorengerecht war, wendet sich das neue mit klassischen Kompaktproportionen auch an Menschen unter 60. Äußerlich ähnelt der W 176 dem 1er von BMW – nur etwas aufgeregter, modischer, gewollt jugendlicher. Womit der erste Vergleichstestkandidat gegen die A-Klasse schon mal klar wäre.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 1er

BMW 1er
Erfolgreicher Bayer: Der BMW 1er liegt in der Kompaktklasse bei den Verkäufen auf Platz drei.
Der 1er gehört in der Golf-Klasse schließlich zu den Erfolgstypen. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres konnten bei uns nur VW (147.179 Golf) und Opel (43.373 Astra) mehr Kompakte verkaufen, auf Rang drei folgt dann schon BMW mit 33.362 Einsern – vor Ford Focus, vor Skoda Octavia und auch vor dem brandneuen Audi A3. Der Volvo V40 taucht in der Statistik noch gar nicht auf, zu frisch ist der schwedische Herausforderer. Auf jeden Fall kein Langweiler. Ob das hinten flach gedrückte Dach eher als Designunfall oder als Dynamikbeweis durchgeht, sei dahin gestellt – mit dem V40 ist das Feld der Premiumkompakten komplett. Die beiden Kinder von Ulrike lassen angesichts extrovertierter Optik der A-Klasse und serienmäßiger USB-Buchse ein "cool" hören. Sie streiken aber, als sie in der zweiten Reihe Platz nehmen sollen. Wie der 1er geizt auch der Mercedes mit Raum. Während vorn dank XXL-Verstellbereich der Sitze selbst Große locker bleiben und nur über die integrierten, nicht höhenverstellbaren Kopfstützen mosern, kriegen die Kleinen hinten die Krise.

Überblick: Alle News und Tests zur Mercedes A-Klasse

Mercedes A-Klasse
Weg vom Rentner-Image: In ihrem neuen Design ähnelt die A-Klasse von der Seite durchaus dem 1er.
Das beginnt schon damit, dass Mittelarmlehne und Cupholder bei den Sportsitzen (kosten extra) nicht vorgesehen sind. Zudem steht die Lehne steil, die ausgeformten Außenplätze degradieren den Mittelsitz zur Strafbank. Und der quasi schon ab der B-Säule heruntergezogene Dachholm vermittelt Gefängnisatmosphäre. Obwohl auch der Volvo der Optik zuliebe auf ausreichende Kopffreiheit verzichtet und die Füße im 1er kaum unter den Vordersitz passen, verwöhnt die A-Klasse die Hinterbänkler letztlich am wenigsten. Wenigstens muss beim Gepäck nicht übermäßig geknausert werden. Trotz schmaler Ladeluke schluckt der Benz fast so viele Taschen wie der BMW, versagt angesichts 559 Kilogramm Zuladung auch bei Schwerlastaufgaben nicht. BMW und Volvo kommen früher ans Limit, in den V40 passt bei umgeklappter Fondlehne zudem ein Koffer weniger. Damit ließe sich noch leben, mit 12,4 Meter Wendekreis aber nicht. A-Klasse (10,8 m) und 1er (11,1 m) lassen sich deutlich entspannter rangieren als der Volvo.Mit Sportfahrwerk (gegen Aufpreis) und 18- Zoll-Rädern verspielt er auch die letzten Sympathien. Schlaglöcher, Kanaldeckel, Querfugen, Absätze – der Volvo lässt nichts aus. Nervig. Kreuzen Sie bei der Bestellung also unter keinen Umständen die Kompletträder Ailos und das Fahrdynamikpaket an. Letztgenannte Option bitte auch bei Mercedes nicht wählen. Die A-Klasse kommt der Straße damit 15 Millimeter näher – und teilt deren Beschaffenheit den Insassen auch ziemlich direkt mit. Ohne gleich zum Komfortwunder zu mutieren, verbucht der 1er auf diese Weise tatsächlich die höchste Punktzahl in der Kategorie Federung. Das adaptive Fahrwerk mit zehn Millimeter Tieferlegung besitzt eben auch einen Komfortmodus.

Überblick: Alle News und Tests zum Volvo V40

Volvo V40
Nervig: Mit dem optionalen Sportfahrwerk reicht der V40 die Straße direkt an die Passagiere durch.
Da können Mercedes und Volvo mit ihren Sportfahrwerken noch so am Grenzbereich kratzen, bei der Fahrdynamik erreichen sie den hinter radgetriebenen 1er nicht. Der findet mit sauber austarierter Lenkung und leichtem Übersteuern immer den schnellsten und lustvollsten Weg. Der V40 klebt dank breiter Räder lange an der Ideallinie und meistert den Elchtest am schnellsten, schiebt irgendwann aber doch wimmernd geradeaus, wirkt beim Einlenken zu unverbindlich. Ähnlich die A-Klasse, die mit deutlichen Aufbaubewegungen und einer komfortbetonten Lenkung klarmacht, dass sie auf der Rennstrecke nicht zu Hause ist. Richtig munter wirkt dagegen der Motor des A 180. Obwohl mit 122 PS am schwächsten, macht er subjektiv am meisten Laune. Das Messprotokoll verrät aber, dass sich keiner der drei Kompakten absetzen kann: Bis Tempo 100 ist der 136 PS starke, aber nicht sehr drehwillige BMW vorn, bis 130 km/h hat der Mercedes eine Zehntel Vorsprung, bis 160 km/h schiebt sich der erst in den Gängen fünf und sechs zu lang übersetzte V40 mit seinen 150 PS knapp nach vorn. Leistungsmangel zeigt keiner der drei 1,6-Liter-Turbos, übertriebenen Durst mit rund 6,5 l/100 km zum Glück auch nicht.
An der Kasse wird es heftig. Besonders der V40 sprengt mit 31.650 Euro den Rahmen, ist als Summum aber auch fast komplett ausgestattet. BMW und Mercedes kos ten einige Tausend Euro weniger, bleiben deutlich wertstabiler. Und Ulrike macht das alles schon wieder ganz sprachlos.
Den Test mit allen technischen Daten und Tabellen im Original-Layout finden Sie als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

Von der hochbeinigen Senioren-Sänfte zum flachen Spaß-Sportler – dieser Wandel gelingt der A-Klasse bemerkenswert gut. Aber eben nicht perfekt. Denn auch ein fahraktiver Kompakter muss nicht auf Komfort verzichten – das beweist eindrucksvoll der 1er. Aus diesem Grund fährt der ausgewogene Bayer auch als Sieger nach Hause. Dem Volvo verhagelt neben dem harten Sportfahrwerk vor allem der hohe Preis eine bessere Platzierung.