Schon seit über 40 Jahren versuchen topspeedverrückte Amerikaner in Rekordzeit von New York nach Los Angeles zu fahren. Sie nennen es Cannonball. Jetzt wurde die 2013 aufgestellte Bestzeit mit einem aufwendig umgebauten Mercedes-AMG E 63 geknackt!
Beim Cannonball handelt es sich um ein illegales Autorennen, das seit den 1970er-Jahren ausgetragen wird. Das Ziel ist denkbar einfach: Möglichst schnell von Küste zu Küste zu fahren, ständig zu schnell und eigentlich ohne Regeln. Je nach Strecke liegt die Distanz bei rund 4500 Kilometern. 2006 haben Alex Roy und Dave Maher im BMW M5 E39 Team Polizei eine Rekordzeit von 31:04 Stunden in den Asphalt geknallt. Ab 2013 hielt VINwiki-Gründer Ed Bolian zusammen mit seinen Beifahrern David Black und Dan Huang die Bestzeit von 28:50 Stunden. Aufgestellt wurde der Rekord in einem Mercedes CL 55 AMG!

Optisch möglichst dezent

Spezieller AMG E 63 für den Cannonball-Rekord
Der Zusatztank im Kofferraum kann gleich doppelt befüllt werden. Gesamtvolumen: Rund 280 Liter!
Bild: https://www.youtube.com/channel/UCefl-5pmhZmljwZTE2KrcdA
Sechs Jahre später wurde diese Zeit geknackt – und das, obwohl die neuen Rekordhalter selbst nicht dran geglaubt haben. Besonders interessant ist die Wahl des Autos: Fahrer Arne Toman entschied sich ganz bewusst für einen silbernen Mercedes-AMG E 63. Die Limousine (Baujahr 2015) wurde aus zwei Gründen ausgewählt: Zum einen für die Performance, zum anderen wegen des unauffälligen Looks. Für viele Leute sieht der E 63 wie eine ganz normale silberne Limousine aus. Da es sich beim Cannonball um ein illegales Vorhaben handelt, entschied Toman, solle das Auto so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen. Damit der Rekord geknackt werden konnte, musste allerdings einiges umgebaut werden!

280 Liter Benzin an Bord

Für ordentlich Power wurde der V8-Biturbo mit einem Alpha N-Kit auf rund 700 PS gepusht. Aber das war erst der Anfang! Zusätzlich zum Serientank wurde in den Kofferraum ein Zusatztank mit 170 Litern eingebaut – insgesamt fasst der E 63 nun 280 Liter. Zudem wurde der Benz so unauffällig wie möglich designt: Alle Carbonteile wurden mit silberner Folie bedeckt, die roten Bremssättel grau lackiert und alle Schriftzüge entfernt. Besitzer Arne Toman behauptet, dass der E 63 so von hinten aussieht wie ein Honda Accord. Obligatorisch sind natürlich: Radar-Detektoren, Polizei-Funk, Scanner und vieles mehr. Das Cockpit des Mercedes ist gepflastert mit Bildschirmen, Kameras, Tablets und Smartphones. Besondere Tricks vom Tomans-Team: ein auf dem Dach montiertes Teleskop und sogenannte Kill-switches für die Brems- und Rückleuchten, um unentdeckt unterwegs sein zu können. Zusätzlich wurden große Teile der Leuchten in Wagenfarbe foliert.Das Auto ist aber nur die halbe Miete auf dem Weg zum Rekord. Mit ihm waren stets drei Leute unterwegs: Fahrer Arne Toman, Beifahrer und Co-Pilot Doug Tabbutt sowie der Navigator und Spotter Berkeley Chadwick. Chadwicks Aufgabe bestand ausschließlich darin, Polizeiautos möglichst frühzeitig zu identifizieren und den Fahrer zu warnen. Zusätzlich wurden in verschiedenen Bundesstaaten rund 20 Spotter rekrutiert, die die Polizei ausfindig machen und im Zweifelsfall ablenken sollten.

Genau vier Tankstopps waren eingeplant

Spezieller AMG E 63 für den Cannonball-Rekord
Laut Besitzer Arne Toman sollte der E 63 so unauffällig wie möglich aussehen.
Bild: https://www.youtube.com/channel/UCefl-5pmhZmljwZTE2KrcdA
Aber auch das war noch nicht genug, denn das Team hat eine Taktik ausgearbeitet. Nichts sollte dem Zufall überlassen werden. Von vornherein wurden exakt vier Tankstopps mit Standzeiten von maximal fünf Minuten eingeplant, danach hieß es wieder: Vollgas! Beim dritten Tankstopp gab es sogar eine Pitcrew, die den E 63 betankt hat, während das Team aufs Klo rennen konnte.
Trotz der minutiösen Vorbereitung gab es eine kritische Situation: Zwischen den Fahrstreifen auf dem Highway wartete plötzlich ein Streifenwagen, als der E 63 mit deutlich über 160 km/h vorbeirauschte. Allerdings wurde das Team offensichtlich nicht bemerkt, denn der Cop nahm keine Verfolgung auf. Ein anderes Mal liefen sie mit hoher Geschwindigkeit auf einen weißen Dodge Charger auf, den sie frühzeitig als Polizeiauto identifizieren konnten und so zumindest nicht rausgezogen wurden. Überholen war allerdings auch keine Option, und so verlor das Team durch diese Situation rund 20 Minuten.

Der E 63 war das perfekte Auto für den Job

Der AMG funktionierte auf der gesamten Strecke wie ein Uhrwerk – mit einer Ausnahme. Kurz vor dem Ziel begann der E 63 plötzlich zu stottern. In diesem Moment dachten die Jungs, es sei vorbei. Nach einem Neustart lief der Mercedes aber wieder rund. Später stellte sich heraus, dass der hochgezüchtete V8 den 91-Oktan-Sprit nicht mochte.
Letztendlich erreichten die Jungs das Ziel in Redondo Beach nach exakt 27:25 Stunden – und damit fast anderthalb Stunden schneller als die bisherigen Rekordhalter. Auf der Gesamtstrecke von 4546 Kilometern lag die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 166 km/h (103 mph). Ein beeindruckendes Ergebnis für dieses höchst illegale Vorhaben – also bitte nicht nachmachen!