Eines haben der GLA und die neue C-Klasse schon mal gemeinsam: den gleichen Geburtstag. Am 15. März glänzten sie, herausgeputzt wie die Erstklässler, bei den Händlern um die Wette. Mercedes zählte am Premieren-Wochenende über 300.000 Besucher: Altkunden und Dienstwagenfahrer vor der Limousine, während die GLA-Interessenten, wie Verkäufer berichten, vorinformiert und zielstrebig auf das Beinahe-SUV zumarschierten. So ein Auto gab's bislang nicht bei Mercedes. Gut möglich, dass ältere Semester, angezogen vom Trubel, probeweise in den GLA eingestiegen sind. Ob der Neuling am Ende im eigenen Haus räubert? Unsere erste gemeinsame Ausfahrt soll die Sterne genauer deuten.

Insgesamt ist die C-Klasse das deutlich höherwertige Auto

Mercedes C-Klasse
Vorteil C: Wer reisen will, schätzt den geräumigeren Fond und die niedrigere Ladekante am Kofferraum.
Eine pikante Paarung, treffen sich hier doch die neuen Stars der Marke. Die C-Klasse, ganz der Klassiker mit gestreckter Haube und 28 Zentimeter länger, kann den GLA trotzdem nicht überragen. Der lockt mit dem höheren Dach, der modischen Statur und dem ungewohnten Heck, das die Blicke anzieht. Und seien es skeptische. Das nennt man wohl Neuheiten-Bonus. Wie der sich anfühlt, zeigt der Einstieg – und die erste Minute danach. In die C-Klasse steigt man fünf Zentimeter tiefer hinunter, dafür empfangen der luftigere und hochwertigere Innenraum. Hier ist der Kunststoff edler, das Display besser, und der Controller hat für 238 Euro extra ein Touchpad, um Zeichen schreiben zu können. Es steckt viel Geld in dem Auto, so muss sich ein Mercedes anfühlen. Wer reisen will, schätzt den geräumigeren Fond und die niedrigere Ladekante am Kofferraum. Solche Limousinen-Qualität geht dem GLA ab. Auf seinen hohen Stühlen ist es enger und sportlicher. Die matten Oberflächen fassen sich einfacher an, das feste Display ist 1,2 Zoll kleiner. Die Qualität stimmt, aber die C-Klasse hofiert einfach eine Klasse höher.
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An der Tankstelle zahlt man im GLA den SUV-Zuschlag

Mercedes GLA
Dynamisch: Der GLA reagiert wendig und wach auf Lenkbefehle, profitiert von seinem kürzeren Radstand.
Der GLA ist halt ein Kompakter, mit dem Vorteil, dass sein Kofferraum schnell und einfach auf 1235 Liter wächst – Lehne umlegen, fertig. Wäre nur die Sicht nach hinten genauso bequem ... Da beide Autos die gleichen Vierzylinder haben, lassen sich interessante Vergleiche ziehen. Mit dem 1,6-Liter-Benziner und 156 PS sind sie fast gleich schwer, trotzdem ist der C 180 spritziger im Antritt, flotter auf der Autobahn und laut Norm 0,4 Liter sparsamer als der GLA 200 (kein Schreibfehler, den nennt Mercedes wirklich so). Das SUV zahlt vor allem an der Tankstelle für den höheren, zerklüfteten Aufbau (cw 0,31). Auf der Straße machen nicht die Fahrleistungen den Unterschied aus, sondern Agilität und Komfort. Der GLA scheint mit jedem Kilometer mehr auf Golf-Größe zu schrumpfen, so wendig und wach reagiert dieser kleine Springinsfeld mit seinem 14 Zentimeter kürzeren Radstand. An ein SUV erinnert nur noch der höhere Schwerpunkt, denn der GLA animiert dazu, mit seiner direkten, leichtgängigen Lenkung die Ecken anzupeilen. Oder (falls vorhanden) nach den Schaltpaddeln der Automatik zu greifen.
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Der Benziner klingt präsenter und näher, auch der Wind pfeift lauter um die Außenspiegel. Sein Komfortfahrwerk findet einen schönen Kompromiss zwischen Verwöhnen und sportlichem Kitzel, dafür scharren gelegentlich die Vorderräder, wenn man in nassen Kurven zu forsch anfährt. Das kennt der C 180 mit seinem Hinterradantrieb nicht, so was regelt die Elektronik unmerklich weg. Überhaupt bleiben der Wind und dieStraße und die ganze Welt irgendwo weit draußen, so exzellent gedämmt fährt die Limousine.

Mehr Auswahl und die höheren Preise bietet die C-Klasse

Mercedes C-Klasse Mercedes GLA
Variabler: Mit seinem Verstellfahrwerk hat die C-Klasse gegenüber dem GLA leichte Vorteile.
Kommt zusätzlich noch die Luftfederung (1416 Euro extra) wie im Testwagen dazu, setzt der Mercedes neue Komfortmaßstäbe in seiner Klasse. Zugleich schlummern in dieser Airmatic anscheinend mehrere C-Klassen, die der Fahrer mit dem Schalter auf der Mittelkonsole je nach Bedarf wecken kann: "Comfort" kehrt die schwebende Sänfte heraus, die sanft und ausgleichend einlenkt und schaltet, ohne je im Schwabbeligen zu versinken. Zweimal drücken, und "Sport+" kürzt Federwege, strafft die Dämpfer, steuert zackiger und schaltet einen Gang herunter, aber niemals mit der harten Schärfe eines AMG. Fünf Stufen hat diese (Achtung, festhalten!) "Agility Control", so ein Verstellfahrwerk kann der GLA nicht bieten. Und wenn, dann wäre es sicher günstiger. Es liegt nämlich auch ein Klassenunterschied in der Preisliste, wie ein paar Beispiele zeigen. Metalliclack kostet beim Kleinen 226 Euro weniger, die 17-Zoll-Aluräder sogar 881 Euro. Allerdings bringt die C-Klasse ab Werk schon die bessere Ausstattung mit. So sind Klima-Automatik und der größere Monitor oder besagte "Agility Control" (ohne Luftfederung) serienmäßig an Bord.
Der GLA liegt preislich nur einmal vorn: Seine 17-Zoll-Räder müssen aus optischen Gründen so groß ausfallen, sind aber nur Stahlräder! Da rüstet doch jeder nach. Ein frecher versteckter Aufpreis, wie die 60 Euro für einen 66-Liter-Tank in der C-Klasse – Serie sind dort 41 Liter. Unterm Strich kostet der C 180 mit dem gleichen Benziner 4587 Euro mehr als der GLA 200. Der spielt die bequemere A-Klasse, während die Limousine sich in der Rolle als kleine S-Klasse sonnt. Da hört es dann auf mit den Gemeinsamkeiten.

Fazit

von

Joachim Staat
Die Mercedes C-Klasse, den neuen Komfort-Maßstab in ihrem Segment, wählen alle, die auf Luxus und Größe der klassischen Limousine nicht verzichten wollen. Das kostet aber. Zum kompakten Semi-SUV GLA greifen Umsteiger, die höheres Sitzen, agiles Fahrerlebnis und modischen Auftritt bevorzugen. Sie zahlen an der Tanke.

Von

Joachim Staat