Kombis können beide. Die Schweden bauen schon seit 1928 – da kam der PV4 Special als Kombi – höchst erfolgreich praktische Fünftürer. Die Schwaben waren später dran, schufen aber beginnend mit dem 123er-T-Modell ab 1977 auch jede Menge großartige Raumfahrzeuge. Mit dem nagelneuen Volvo V90 und dem E-Klasse T-Modell geht das Duell jetzt in eine neue Runde.

Rein optisch überzeugt der V90 auf ganzer Linie

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Video: E-Klasse T-Modell vs Volvo V90 (2016)

Mercedes vs Volvo im Kombikampf

Und jetzt mal ehrlich – hat es seit Längerem einen schöneren Kombi gegeben als den V90? Wir sagen: Nein! Angedeutete Coupé-Form, ausgewogene Proportionen, liebevolle Details – hier stimmt einfach alles. Genau das gilt auch für die Inneneinrichtung. Und nein, Ikea ist das ganz bestimmt nicht, sondern skandinavische Klarheit kombiniert mit feinen Materialien, stilsicher arrangiert. Wohlfühlatmosphäre. Das Cockpit wird natürlich dominiert vom riesigen 9-Zoll-Touchscreen (Serie bei Inscription) in der Mitte. Den haben wir bisher durchaus kritisiert – wegen der manchmal versteckten Funktionen –, müssen hier aber unser Urteil revidieren und machen das gern: Gerade im Vergleich mit dem verschachtelten Comand-System im Benz zeigt sich, dass mit nur wenig Gewöhnung jeder, der  schon mal ein halbwegs modernes Smartphone in der Hand hatte, damit klarkommt. Und Gefallen an der schönen Grafik findet.
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Der Innenraum der E-Klasse pflegt den Hochglanz-Stil

Mercedes E 200 T-Modell
Üppig und opulent: Chrom und Zierelemente dominieren das Cockpit der Mercedes E-Klasse.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Die E-Klasse, geformt im derzeitigen Mercedes-Stil, schwungvoll barock, ist ganz anders eingerichtet, üppig und opulent. Es gibt hier jede Menge Chrom und Zierelemente und Lüftungsdüsen und Hochglanz und und und – nur nicht sparen! Auffällig sind auch hier die beiden Riesen-Bildschirme von je 12,3 Zoll Größe (Widescreen Cockpit für die Instrumente 1012 Euro, großes Navi 3273 Euro) mit vorzüglicher grafischer Darstellung. Aber, wir erwähnten es, die Bedienung mit dem Controller einschließlich Touchpad (226 Euro) ist durch die Vielzahl der Funktionen und die gewöhnungsbedürftige Menüführung nicht immer ganz einfach. Der Benz hat vorn etwas mehr Platz als der Volvo, es gibt einen Hauch mehr Luft über dem Scheitel, der Verstellbereich der Sitze ist (Mercedes-typisch) größer – wichtig für große Leute. Im Fond kehrt sich das um, hier ist der V90 noch eine Spur großzügiger geschnitten als die E-Klasse, bietet mehr Platz für lange Beine.
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Größer sind die Unterschiede beim Gepäckraum, 670 Liter schluckt der Benz, wenn auch nur mit einem Trick: Mit einem kleinen Bügel lässt sich die Rücklehne für den Güter-Transport nach vorn verstellen, in Normalstellung sind es 640 Liter. Die Rücklehnen sind dreigeteilt (40:20:40), klappen auf Tastendruck, und dann passen 1820 Liter Gepäck in das Abteil, die Zuladung liegt bei maximal 529 Kilogramm.

Bei Fassungsvermögen und Zuladung ist der Volvo Mittelklasse

Volvo V90 D4
Tribut an seine Form: Mit seinem 560 bis 1526 Liter großen Kofferraum fällt der Volvo eher klein aus.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Beim Volvo sind es 450 Kilo – nicht viel für einen Oberklasse-Kombi. In sein Lastenabteil passen mit 560 bis 1526 Liter deutlich weniger als in den Mercedes, der Volvo zahlt hier den Tribut an seine schnittige Coupé-Form. Die Rücklehne lässt sich zweigeteilt umlegen (elektrisch für 600 Euro extra), dazu gibt es noch eine Durchreiche in der Mitte. Angetrieben wird der Volvo von einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Biturbo-Diesel mit 190 PS, die Kraftübertragung übernimmt eine Achtstufen-Automatik, angetrieben werden die Vorderräder. Beim Benz sind es traditionell die Hinterräder, hier steckt ein 2,0-Liter-Vierzylinder mit 194 PS unter der Haube, gekoppelt an eine Neunstufen-Automatik. Und die ist so gut in Form wie lange nicht, sortiert die Gänge schnell, aufmerksam und ohne jede Hektik. Der Diesel ist ja neu, kann aber irgendwie seine Taxi-Vergangenheit nicht verleugnen und nagelt zum Start friedlich-freundlich. Er ist aber, keine Sorge, sorgfältig gedämmt, später hört man nicht mehr viel von ihm.

Das Fahrwerk der E-Klasse ist ausgewogen abgestimmt

Mercedes E 200 T-Modell
Harmonisch und entspannt: Dank seiner Luftfederung liegt der E-Klasse-Kombi satt auf der Straße.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Und er hat richtig Dampf, zieht betont kräftig durch und beschleunigt den Zwei-Tonnen-Brocken durchaus standesgemäß. Der Volvo kann zwar nicht ganz folgen, aber auch sein Diesel ist ein lebhafter Geselle, besitzt eine angenehme Laufkultur und harmoniert bestens mit der zügig schaltenden, aufmerksamen Automatik. Allerdings ist das Triebwerksgeräusch etwas präsenter, auch die Windgeräusche sind vernehmlicher als beim Benz. Der Mercedes stand auf 18-Zoll-Rädern (1309 Euro), war ausgestattet mit der Luftfederung (Air Body Control 1785 Euro), liegt damit satt und wuchtig auf der Straße und fährt sich harmonisch und entspannt. Sehr gefallen hat uns die schön direkt ansprechende, gefühlvolle Lenkung. Er federt souverän, Wunderdinge sollte man von der Luftfederung aber auch nicht erwarten – gerade auf kleine Unebenheiten reagiert sie unruhig.
Der V90 fuhr sogar mit 20-Zöllern vor (1790 Euro), besaß die Luftfederung an der Hinterachse (1970 Euro). Er fühlt sich leichter und lebendiger an als der Benz, fährt sich angenehm handlich, liegt allerdings auch eine Spur unruhiger, die Federung reagiert etwas strammer – die 20-Zöller müssen vielleicht nicht unbedingt sein. Und wie sieht es bei den Preisen aus? Ab 45.800 Euro steht der V90 in der Liste, als Inscription mit Test-Ausstattung kommt er auf 62.350 Euro. Viel? Kommt darauf an, den E 220 d T gibt es ab 50.486 Euro, für den Test-Avantgarde stehen 66.020 Euro unter dem Strich. War ja klar, für ihre Wertarbeit wollen Schwaben und Schweden Geld sehen. Aber Kombis können sie beide.

Fazit

Wer hier die Wahl hat, ist zu beneiden – beide sind wunderbare Kombis. Der Mercedes ist die Empfehlung für Leute, die wirklich viel Ladekapazität brauchen. Und der etwas kleinere Volvo die unübertroffen stilvolle Alternative dazu.