Mercedes SLK/Porsche Boxster
Stuttgarter Zweikampf

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Mehr Leistung als ein Porsche zum deutlich geringeren Preis. Zehn PS und 7735 Euro trennen den neuen SLK 350 und den Boxster S. Was sonst noch zwischen ihnen liegt, zeigt der erste Test.
Bild: T. Bader
Eng ist es bei den beiden. Allein schon geografisch. Zwölf Kilometer, 21 Minuten mit dem Auto. Gerade ausreichend weit voneinander entfernt, um sich nicht in die Quere zu kommen. Mercedes und Porsche sind mit ihren Zentralen in Stuttgart zu Hause, aber leben in völlig unterschiedlichen Welten. Nadelstreifenschick aus Untertürkheim trifft auf Zuffenhausener High-End-Sport. Bis heute. Denn Mercedes spitzte den SLK so scharf an, dass aus dem Aktenkoffer-Roadster ein echter Porsche-Konkurrent wurde. Der klingt jetzt. Der lenkt jetzt. Und schwenkt uns immer ein festes Dach über den Kopf, wenn es nötig wird, wo Porsche nur Stoff gibt. Kommt der SLK dem Boxster nun in die Quere? Erster Soundcheck. Im SLK erwacht ein hochdrehender V6 unter der Haube, den Mercedes werbewirksam Sportmotor nennt. Der legte im Vergleich zum Vorgänger um 33 PS zu, leistet nun 305 PS aus 3,5 Liter Hubraum und hängt spontan am Gas. Wie sich das anhört? Im Stand bedeckt, beim Gasgeben streift er jedoch jede Spur von Schüchternheit ab. Selbst gute Manieren gehen verloren. Auf Gas wegnehmen folgen rotzfreche Räusperer, auf Gas geben Großdisco-Bässe.
Beim Sound hat der Boxster S eindeutig die Nase vorn
Wer will das noch toppen? Der Boxster-Bariton. Ja, man muss es so sagen: Mit Drehen des Schlüssels im Porsche-Zündschloss klingt der SLK 350 nur noch wie das verhaltene Echo, während der Boxster-Boxer den Fahrer in eine Klangwolke hüllt. Wow, was für ein prickelndes Erlebnis! Aufregend und antörnend wie Champagner. Nur, dass der Sechszylinder (295 PS) nicht auf Leber, sondern auf Herz und Ohren schlägt. Auf Dauer strengt das an. Zu viel Champagner bekommt niemandem gut. Dem SLK geht der Porsche an die Nieren. Beim Beschleunigen fahren die beiden Roadster Nasenspitze an Nasenspitze, in 5,6 Sekunden ist Tempo 100 erreicht. Sobald es in Kurven geht, gewinnt der Boxster an Boden. Das liegt vor allem am geringeren Gewicht (1432 Kilogramm) und der besseren Verteilung. 53 Prozent lasten beim Mittelmotor-Modell auf der Hinterachse, während der Frontmotor im Mercedes mit 53 Prozent auf die Vorderachse drückt. Außerdem ordnet Benz das Blechdachcabrio dank 1506 Kilogramm in die Kategorie Pfunds-Sportler ein. Der feste Hut über dem Kopf hat seinen Preis. Auf Knopfdruck faltet sich das Klappdach nach bewährter Technik in den Kofferraum. Wenn das Heckfenster im Kofferraum verschwindet, die hintere Dachsäule gleich mit – das bleibt großes Kino.
Der SLK ist alles andere als ein Weichspüler

Dieser Superlativ gebührt auch den Bremsen. Die sind beim 350er vergrößert, die Scheiben vorn gelocht. Erwischt es den Fahrer kalt, kommt der SLK nach 35,7 Metern aus Tempo 100 zum Stehen, der Boxster nach 36 Metern. Porsches Keramikbremse mit gelben Bremssätteln müssen erst warm werden, um ihren Preis von 8033 Euro wert zu sein. Andere Menschen kaufen dafür einen brandneuen Fiat Panda. Egal, Panda ist nicht Porsche. Und der Boxster kein SLK. Das hat Vorteile, jawoll! Zum Beispiel, durch den besser nutzbaren Kofferraum. Auch Sportwagenfahrer besitzen einen Alltag. Mit 300 Litern ist das Gepäckabteil des SLK zwar nicht viel größer als die 280 Liter des Boxster. Aufgrund des Mittelmotors teilen sich die aber in zwei Fächer auf, vorn und hinten. Hartschalenkoffer werden so zu echten Härtefällen. Auch die im Mercedes eingebaute, sanft agierende Siebenstufen-Automatik mit Schaltwippen am Lenkrad (2535 Euro) beruhigt im täglichen Leben mehr als die auf Sportlichkeit ausgelegte Tiptronic S mit nur fünf Gängen. Mal ganz abgesehen, vom SLK-Airscarf, einem unsichtbaren Warmluftschal, der neckisch in den Nacken bläst. Bei Porsche wäre so ein Extra undenkbar. Weil im Boxster alles pur sein muss. Auch der Lärm, der ab Tempo 180 das Trommelfell belegt. Porsche Boxster und Mercedes SLK – das bleiben zwei Welten. Der eine kommt im Grenzbereich besser klar, der andere im Alltag. So fahren sie sich wenigstens nicht in die Quere.
Das Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko
Zwei Autos aus Stuttgart, zwei total unterschiedliche Charaktere. Die färben auch auf den Fahrer ab. Das sportliche Wesen des Boxster fordert Eile: "Was, du stellst dich hinten an? Überholen!" Der SLK strahlt trotz seiner Dynamik mehr Ruhe aus. Das liegt an seinem unaufdringlichen Fahrwerk, dem zurückhaltenderen Sound, der komfortableren Lenkung. Damit ist er besser für den Alltag gerüstet. Und gewinnt so verdient das Spitzenduell der Stuttgarter Sportler.
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