Jahrelang als Froschkönig gehänselt

Neue Autos haben es in diesen Tagen schwer. Ganz besonders wenn sie Opel heißen. Doch wie in allen Kommentaren erwähnt, ist Opel mit seinen Modellen auf dem richtigen Weg. Ein Beweismittel steht hier: Der Opel Meriva ist Klassenbester in der Familie der kleinen Vans. Gerade gewann er gegen Honda Jazz und Mercedes-Benz A-Klasse – und auch in diesem Test ist er sehr gut aufgestellt. Doch davon später.

Anlaß für diesen Vergleich ist ein entfernter Meriva-Vetter: der "entschärfte" Multipla. Denn Opel-Mutter GM hält ein Fünftel der Fiat-Aktien . Wenn das Wort Facelift jemals ins Schwarze getroffen hat, dann hier beim Multipla, der jahrelang als Froschkönig gehänselt wurde. Die markante Nase wurde nun geglättet, was ihn zwar etwas uniformer und zehn Zentimeter länger macht, dafür Vorteile beim Fußgängerschutz bringt. Innen blieb bis auf textile Änderungen alles gleich, am Heck wiederum wuchsen die Rücklichter und das Fiat-Zeichen.

Mit seiner auch für hiesige Verhältnisse XXL-Breite von 1,87 Metern übertrifft der Multipla gar die Mercedes-Benz S-Klasse um 1,5 Zentimeter und bietet auch noch sechs Plätze auf richtigen Einzelsitzen. Darauf sollten aber keine pasta-pummeligen Personen Platz nehmen, denn in jede Reihe passen drei, die schnell zum Schulterschluß kommen. Dann fällt aber auch nicht mehr auf, daß die Lehnen in Kurven jeglichen Seitenhalt vermissen lassen. Die Lehnen-Wangen bieten leider nur luftig-leichte Schalensitz-Optik.

Multipla punktet bei der Variabilität

Der stattliche Kofferraum hinter den zwei Reihen erhält für seine 430 Liter Fassungsvermögen die volle Punktzahl. Da sich die Sitze vielseitig verändern und sogar ausbauen lassen, streicht der Multipla bei der Variabilität die meisten Punkte ein. Als angenehm empfinden die meisten Insassen auch den durchgehend flachen Wagenboden. Langbeinige Hintermänner müssen sich allerdings zusammenfalten, klemmen die Knie Richtung Kinn. Kleinfamilien wird das nicht tangieren, denen sind bequeme Isofix-Systeme an den beiden äußeren Rücksitzen wichtiger.

Familienväter dürften sich mehr für den Antrieb interessieren. Hier enttäuscht Fiat eigentlich nie. Der Motor des Multipla dreht flott bis 7000 Touren (die anderen regeln spätestens bei 6500 Umdrehungen ab) und vermittelt akustisch mehr Temperament, als die Meßwerte vermelden. Allerdings ist er mit 1435 Kilo Leergewicht auch der Schwerste in diesem Vergleich. Auffällig sind beim Multipla die Fahrwerksschwächen. Und zwar beim Thema Komfort.

Die feinnervige Federung ist immer am Arbeiten, alles vibriert, Bodenwellen jedweden Wachstums regen das Fahrwerk an und die Insassen auf. Die Fahrsicherheit leidet nicht darunter. Der Multipla umrundet Kurven zwar mit kräftiger Seitenneigung, aber stets kontrolliert. Das (nicht lieferbare) Stabilitätsprogramm ESP wird nicht wirklich vermißt.

Space Star fährt der Konkurrenz davon

Der vor knapp zwei Jahren geliftete Mitsubishi Space Star ist ebenfalls kein Federbett. Kleinere Unebenheiten verdaut er gut, größere kommen recht anstößig nach innen durch. Leider dämpfen die Sitzflächen nichts mehr weg. Dafür bieten die Stühle prima Seitenhalt, was auch nötig ist. Wer sich in Kurven überschätzt, der muß damit rechnen, daß das Hinterteil herumkommt und die Federn auf die Puffer schlagen. ESP-Hilfe wäre hier willkommen, ist aber nicht lieferbar.

Motorisch gibt sich der Space Star auch sehr italienisch. Dank Leichtgewicht (1265 Kilo), guter Aerodynamik und passender Getriebeabstufung fährt er in allen Dynamik-Wertungen der Konkurrenz knapp, aber meßbar, davon. Wichtig in dieser Familienklasse sind natürlich die Rücksitze. Isofix-Halter sind nicht zu finden, dafür ist die Rückbank asymmetrisch geteilt und sogar um 15 Zentimeter verschiebbar.

Was uns stört, sind die fehlende Steckdose im Laderaum (die anderen drei haben eine), die großen Kopfstützen hinten, die die Rücksicht erschweren, und die etwas billig glänzenden Armaturenbezüge. Bei ungünstiger Sonneneinstrahlung reflektieren sie in Front- und Seitenscheibe. Über die Armlehne rechts am Fahrersitz kann man streiten. Wir klappen so etwas sofort weg, weil eine zu lässige Grundhaltung schnelles Reagieren erschwert.

Spitzenduo Meriva und Matrix

Wenden wir uns jetzt dem Spitzenduo in diesem Vergleich zu: Hyundai Matrix und Opel Meriva. Der eine von Pininfarina in Italien gestylt und in Korea gebaut. Der andere in Deutschland konstruiert und im spanischen Saragossa hergestellt. Beide eint ein in diesem Quartett konkurrenzloser Preis. Weit über 2000 Euro trennen die beiden vom Fiat und dem Mitsubishi, der übrigens niederländische Arbeitsplätze sichert, denn er wird in Born gebaut.

Beim Fahrverhalten zeigen Matrix und Meriva kaum Schwächen. Dank guter Sitze, gefühlvoller Lenkungen und ordentlicher Fahrwerksabstimmungen bereiten extreme Fahrmanöver kaum Probleme. ESP ist für den Koreaner ebenfalls ein Fremdwort, der Deutsche läßt sich den Schleuderschutz extra bezahlen. Leichte Komfortschwächen zeigen beide. Der Meriva stuckert über kleine Wellen, der Matrix nervt mit Poltergeräuschen.

Die Aufpreisliste des Meriva zeigt, wie ernst Opel diese populäre Familienklasse nimmt: Allein die Infotainment-Extras (Radio, GPS, DVD und Telefon), sonst meist Geschäftswagen vorbehalten, füllen fast zwei Seiten. Sogar ein DVD-System für die Rücksitze wird angeboten. Den Meriva kann man für die Kleinen schon ganz groß aufrüsten (1990 Euro).

Kosten und Ausstattungen

An die Kindersitze Haben Hyundai und Opel gedacht, bieten Isofix-Befestigungen auf den äußeren Plätzen. Die Kofferräume sind selbstverständlich variabel. Der Meriva hat das pfiffige Flexspace-Sitzkonzept mit längs und quer verschiebbarem Gestühl. Das macht den Opelaner zur Not sogar zum Chauffeurwagen. Ohne Lesen der Betriebsanleitung erklärt sich das System zwar nicht so leicht, ist dann aber schnell begriffen. Die herausnehmbare Mittelarmlehne "Travel Assistant" kostet 80 Euro.

Der übersichtliche Hyundai hält hinten eine um 19,5 Zentimeter verschiebbare Rückbank bereit, die sich selbstverständlich auch asymmetrisch umklappen läßt. Am meisten erfreute uns sein Äußeres: Die Pininfarina-Schriftzüge veredeln ihn, und das satte Rot des Testwagens wirft einen Farbtupfer in unsere metallic-silbergraue oder schwarze Zeit. Was keine Anspielung auf die derzeitige Stimmungslage sein soll. Denn etwas rosiger sehe ich sie schon, weil die Autobauer mit diesen Familienwagen voll die "normalen" Kunden treffen.

Technische Daten und Testwerte

Die Bremswege sind zum Teil recht lang. Die Testwagen sind allesamt aber sehr frontlastig, da können die Hinterräder beim Bremsen nicht optimal helfen.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Diether Rodatz Eines muß ich wieder mal betonen: Es gibt keine schlechten Autos mehr. Es gibt Nuancen in der Technik und den Philosophien, über die man trefflich streiten kann. Unser Testschema versucht, das alles zu objektivieren. Der gleiche Meriva, der in Heft 38 gewinnt, siegt also auch hier wieder in einem Vergleich. Glückwunsch nach Rüsselsheim, die Opelaner brauchen Gewinner, um (hoffentlich schon bald) wieder auf der Siegerstraße zu fahren. Allerdings ist dem Meriva die koreanische Konkurrenz hart auf den Fersen. Enttäuschend: der Fiat. Ausgerechnet im Kostenkapitel verspielt der Sechssitzer sogar Platz zwei.

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