"Batterien, Wasserstoff – alles Quatsch. Den perfekten Energiespeicher hat die Natur selbst entwickelt: Erdöl und Erdgas, also Kohlenwasserstoffe", sagt Lino Guzzella, Professor für Thermotronik an der ETH Zürich, und blickt regelmäßig in überraschte Gesichter. "Kohlenwasserstoffe
sind als Energielieferanten so gut, weil die 50 Kilo Sprit, die im Tank stecken, mit über 700 Kilo Luft verbrennen", so Guzzella. Diese Luft kommt von außen, der in sich geschlossene Akku muss die Luft gewissermaßen mitschleppen. Die Lösung wäre vielleicht eine Lithium-Luft-Batterie, aber die ist noch nicht serienreif. Während viele Experten das Ende des Benzinmotors nahen und Millionen von Elektroautos auf den Straßen der Zukunft sehen, forschen einige Wissenschaftler unverdrossen weiter am Verbrennungsmotor und verfolgen teilweise skurrile Ansätze. Der vielversprechendste von ihnen ist Lino Guzzellas. Guzzella glaubt weiter an den Verbrennungsmotor: "Der Benziner mit Dreiwege-Kat ist simpel aufgebaut und läuft sehr schadstoffarm. Nur sparsamer muss er werden – und dafür liefern wir das Konzept."

Kampf dem Turboloch

Lino Guzzella
"Mit unserem Druckluft-Hybriden wird das Zwei-Liter-Auto möglich", sagt Lino Guzzella, Professor für Thermotronik an der ETH Zürich.
Doch zunächst etwas Motoren-Technik: Der Königsweg zu mehr Sparsamkeit heißt heutzutage "Downsizing", also Hubraumverkleinerung, kombiniert mit Turbo-Aufladung. Dieses Prinzip wenden alle Autohersteller an. Doch es geht nicht beliebig klein, denn je kleiner der Motor, desto größer das "Turboloch", die bekannte Anfahrschwäche vieler moderner Aggregate. Die Ingenieure versuchen, das Turboloch mit aufwendiger, teurer Technik zu stopfen, zum Beispiel mit variabler Ventilsteuerung oder einem zusätzlichen Kompressor. Ein anderer Weg zu weniger Verbrauch ist der Hybridantrieb: Ein Teil der Energie wird im Schubbetrieb und beim Bremsen zurückgewonnen und in einer Batterie gespeichert. Die Batterie treibt einen Elektromotor an, der den Verbrenner unterstützt. Guzzella und sein Team haben beide Konzepte kombiniert und den "pneumatischen Hybridmotor" entwickelt.

50 Prozent weniger Verbrauch im Stadtverkehr

Motoren der Zukunft
OPOC steht für "Opposite Pistons, Opposite Cylinders", auf Deutsch: "gegenüberliegende Kolben, gegenüberliegende Zylinder".
Dieser speichert die Energie in Form von Druckluft und nicht als Strom. Hybridtechnik, einfach und billig: Anstelle von Generator, Batterie, Elektromotor und einem komplizierten Getriebe wie beim Elektrohybriden Toyota Prius benötigt das pneumatische Hybridsystem lediglich zwei Ventile und einen Drucklufttank. Der Prototyp, ein 0,7-Liter-Turbobenziner mit zwei Zylindern und 83 PS, ist an der ETH seit über 2000 Betriebsstunden im Einsatz. Mit einer Emulation auf dem Prüfstand konnte Guzzella nachweisen, dass beispielsweise der Verbrauch eines 2009er VW Polo im Stadtverkehr von acht auf 4,2 Liter sänke, würde man den 1,4-Liter-Motor mit 80 PS durch den halb so großen Hybriden ersetzen. Und das ganz ohne Turboloch, denn Druckluft aus dem Speicher steht ohne Verzögerung zur Verfügung und überbrückt den Luftbedarf, bis der Lader einsetzt.

Noch mehr Potenzial zum sparen

"4,2 Liter sind noch längst nicht das Ende der Fahnenstange", meint Guzzella, der einen schlichten Serienmotor umgebaut hat: "Wenn unser Konzept in der hundertköpfigen Entwicklungsabteilung eines Autokonzerns weiter optimiert wird, dann ist da noch sehr viel Sparpotenzial drin." Schöne Idee, doch was hilft die, wenn das Erdöl alle ist? Die weltweiten Ölvorräte sind voraussichtlich in 80 bis 100 Jahren erschöpft. Brauchen wir nicht spätestens dann das Elektroauto? Mitnichten, meint Guzzella: "Auch in 50 Jahren werden wir noch mit Benzin fahren – allerdings werden unsere Autos nur noch zwei bis drei Liter verbrauchen, und wir stellen unseren Sprit mit Solarenergie selbst her. Aus dem CO2 der Atmosphäre und Wasser. Dann haben wir den CO2-neutralen Benzinmotor – perfekt."

Von

Frank Rosin