Rückkehr der 70er-Sportwagen-Ikonen

Es musste ja so weit kommen. Dass die siebziger Jahre wieder in Mode kommen, bemerkten wir zuerst an Schlaghosen, schrecklich grünen Nylon-Hemden und der ABBA-Party bei den Nachbarn. Doch nun kehren auch die Sportcoupés der Siebziger zurück. Aus Japan.

Der Mazda RX-8 ist wieder so körpernah schlank geschnitten wie der erste RX-7 von 1978, und Nissan spielt beim neuen 350Z unverhohlen seinen Publikumsliebling aus den frühen Siebzigern nach: den 240 Z. Zufall oder Masche? Da haben sich zwei Japaner gleichzeitig entschlossen, als größten Paukenschlag nach einer schweren Krise ihre Sportwagen-Ikonen der Siebziger wieder herauszuholen. Fast möchte man vor lauter Begeisterung rufen: "Licht aus, Spot an!"

Zuerst einmal auf den Mazda RX-8, den fahrenden Gegenbeweis für die Behauptung, Japan kopiere nur Massenware. Denn dieser Sportler strotzt vor Exotik und Extravaganz. Wo gibt es das sonst: ein Coupé mit Wankel-Motor, vier Türen, vier Sitzen und echtem Kofferraum für 26.300 Euro? Mal abgesehen vom Mut, das Auto zu bringen – was sollen wir nun am meisten bestaunen?

Kundenlock-Maschine Mazda RX-8

Aus technischer Sicht, dass Mazda unbeirrt am Kreiskolbenmotor festhält, dieser Erfindung des Deutschen Felix Wankel, der im RX-8 wieder seidenweich läuft und blitzschnell hochdreht. Selbst die größten Entwickler, DaimlerChrysler und Toyota, haben dieses exotische Arbeitsprinzip längst verworfen, weil der Wankel – schlicht gesagt – säuft und stinkt (was auch der letzte RX-7 kaum widerlegen konnte).

Doch eine kleine, gerade 30 Mann große Ingenieur-Mannschaft entwickelte unbeirrt weiter, sogar als die neuen Eigentümer von Ford ins Labor marschierten und als Erstes fragten: "Wie viel Profit macht hier jeder Ingenieur?" So erzählt es jedenfalls Noboru Katabuchi, der Projektleiter des neuen Coupés. Offensichtlich stimmten die Zahlen. Der damalige Mazda-Boss Martin Leach genehmigte den RX-8. Heute ist Leach verantwortlich für das gesamte Ford-Europa-Geschäft.

Sicher, der RX-8 ist ein Image-Produkt, das der Marke den begehrten Sport-Touch gibt und Kunden in die Schauräume lockt. Aber dort wartet auch ein Coupé, das mehr darstellt als die engen Rennsärge von früher und die Wünsche moderner Kunden erfüllen will: umweltschonend, geräumiger und komfortabler. Zunächst sollen neu gestaltete Einlasskanäle das Abgas bis auf Euro-4-Niveau entgiften und Alltags-Verbräuche um elf Liter möglich machen (na ja, die Skepsis bleibt). Hinten angeschlagene Fondtüren, der neueste Modegag der Autodesigner, eröffnen den Blick auf eine Rückbank, die wirklich Platz bietet. Jedenfalls haben meine 1,87 Meter auf einer Fahrt um den Block keinen Blutstau bekommen.

Das Rezept: leichtfüßig und preisgünstig

Und schließlich haben Mazdas Ingenieure ein Ideal der Siebziger wiederbelebt. Damals, bevor die große Fettsucht begann, waren Sportler noch leicht und handlich – wie heute der RX-8, der mit 1330 Kilo unter konsequenter Gewichts-Diät konstruiert wurde. Ergebnis: Er liegt in der Hand wie eine Feder.

Alles ist so leicht – so easy, sagte man in den Siebzigern. Leichtfüßig setzt der perfekt ausbalancierte Mazda jeden Lenkimpuls um, ein leichtes Klack aus dem Handgelenk schaltet den kurzen Hebel auf der Mittelkonsole. Scheinbar mühelos dreht der Wankel hoch bis in den roten Bereich ab 8500 Touren. Nur manchmal scheint der Mazda die Leichtigkeit zu übertreiben: Auf der (zugegeben nassen) Rennstrecke von Laguna Seca, die Mazda für die Präsentation ausgewählt hatte, verlor der kleine Floh erstaunlich schnell den Grip, worauf die serienmäßige Stabilitätskontrolle (ESP) das Heck wieder einfing – nicht ohne schnell noch einen adrenalinfördernden Driftwinkel zu erlauben.

Und besonders leicht will Mazda es den Kunden machen, denn der RX-8 kostet ab 26.300 Euro in der 192-PS-Version, die sogar mehr Drehmoment (220 statt 211 Newtonmeter) verspricht als die 231 PS starke Top-Version (ab 31.600 Euro). Bleibt eigentlich nur die Frage: Gibt es genug Käufer, die nach Jahren der "Roadster-Manie" wieder begeistert unters geschlossene Coupé-Dach schlüpfen? Der RX-8 ist attraktiv, preisgünstig, individuell und sportlich, ein Coupé in der Spur des Erfolgs-Roadsters. Einfach gesagt: ein MX-fünfeinhalb.

Nissan setzt auf sportliche Härte

Ob Coupés wieder in Mode kommen? Im Sog der aktuellen Sport-Welle? Der Nissan 350Z hätte daran sicher seinen Anteil, wenn er ab September 2003 bei den deutschen Händlern stehen wird. Ein bulliger, kräftiger Zweisitzer, der je nach Blickwinkel an den Carrera 911er erinnert oder an ein entlaufenes Showcar.

In den USA, wo der neue Z schon verkauft wird, ist seine Boulevard-Wirkung schlicht umwerfend: Die Köpfe der Fußgänger fliegen herum, der Nissan ist für sechs Monate ausverkauft. "Der Kunde soll das Auto wegen seiner Optik wollen", erklärt Produktplaner John Yukawa, "dann erst fängt er an, ihn wegen seiner Leistung zu mögen." Davon hat der 3,5-Liter-V6 reichlich, denn seine 287 PS schießen den Sportler in weniger als sechs Sekunden auf Tempo 100. Die Elektronik muss diesen Kraftbolzen künstlich bei 250 km/h einbremsen.

Wo der Mazda mit spielerischer Leichtigkeit glänzt, wirkt der Nissan massiv und wuchtig. Von vorn dröhnt und röhrt und brüllt der Sechszylinder (das ist der Bass, der dem RX-8 immer fehlen wird), die Lenkung verlangt einen festen Griff. Die Federung betont gern die sportliche Härte, die Brembo-Anlage bremst wie eine Wand.

Der 350Z hat den Boxster im Visier

Die Bremsen gehören (zusammen mit 18-Zöllern und Sportsitzen) zur so genannten Track-Version, die nach Europa kommen soll und den ernsthaften Anspruch des Nissan unterstreicht. In Leistung und Preis (voraussichtlich um 32.000 Euro) rangiert der 350Z eine halbe Liga über dem Mazda und peilt als direkten Gegner den Boxster an. Wenn das schwarze Interieur bis dahin die letzten Lieblosigkeiten verliert und die Klasse des äußeren Auftritts erreicht, dann wildert das Coupé sicher erfolgreich im Porsche-Revier.

Und nicht nur dort – wo sind sie denn geblieben, die knappen, sportlichen Coupés? Verschwunden, abgesehen vom nicht mehr taufrischen Audi TT. Mit dem Nissan und dem Mazda dröhnt plötzlich wieder der Beat der Siebziger durch das verwaiste Segment der Sport-Coupés.

Probeweise gelangt der Beat auch an die frische Luft: Im April 2003 will Nissan die Studie eines 350-Z-Cabrios vorstellen. Erstaunlich, denn in der langen Geschichte der Z-Coupés gab es (ab Werk) niemals eine offene Version. Im Gegensatz zum einzigen RX-7-Cabrio, das von 1989 bis 1992 neu zu bekommen war. Angesprochen auf einen offenen RX-8, gibt sich Projektleiter Katabuchi noch verschlossen: "Die ganze Konstruktion dieses Modells erlaubt das nicht. Ein Cabrio ist wirklich nicht geplant." Wirklich nicht?

Technische Daten im Überblick

Unterschiedliche Antriebskonzepte: Während Nissan beim 350Z auf einen 3,5-Liter-V6 (287 PS) setzt, werkelt unter der Haube des Mazda RX-8 ein Zweischeiben-Wankelmotor mit 192 bzw. 240 PS.

Technische Daten Mazda RX-8 (231 PS) Zweischeiben-Wankelmotor, vorn längs • Hubraum 2 x 654 cm3 • Leistung 177 kW (240 PS) bei 8200/min • maximales Drehmoment 211 Nm bei 5500/min • Hinterradantrieb • Sechsganggetriebe • rundum Einzelradaufhängung • rundum Scheibenbremsen, vorn innenbelüftet • Reifen 225/45 R 18 • Länge/Breite/Höhe 4435/1770/1340 mm • Radstand 2700 mm • Leergewicht 1330 kg • Kofferraumvolumen 290 l • Tankinhalt 61 l • Beschleunigung 0–100 km/h in 6,5 s • Höchstgeschwindigkeit 240 km/h • Verbrauch 11,4 l Super • Preis 31.600 Euro

Technische Daten Nissan 350Z V-Sechszylinder, vorn längs • vier Ventile je Zylinder • Hubraum 3498 cm3 • Leistung 211 kW (287 PS) bei 6200/min • maximales Drehmoment 371 Nm bei 4800/min • Hinterradantrieb • Sechsganggetriebe • rundum Einzelradaufhängung • rundum Scheibenbremsen • Reifen 225/45 ZR 18 vorn, 245/45 ZR 18 hinten • Länge/Breite/Höhe 4308/1816/1318 mm • Radstand 2649 mm • Leergewicht 1447 kg • Kofferraumvolumen 235 l • Tankinhalt 76 l • Zuladung 268 kg • 0–100 km/h in 5,8 s • Höchstgeschwindigkeit 250 km/h • Verbrauch 12,7 l Super • Preis ca. 32.000 Euro

Von

Joachim Staat