Angenehm stilvoll – unterkühlt zweckmäßig

Setzt man sich nacheinander in beide Autos, begreift man sofort, warum der Range Rover ausstattungsbereinigt rund 16.000 Euro mehr kostet als der neue Discovery. Der kostspielige Range versteht es nach wie vor gekonnt, ein überaus stilvolles Wohlfühl-Ambiente im Innenraum zu zaubern. Ein fahrender Salon mit fürstlichem Raumangebot auf allen Plätzen. Hier herrscht die angenehme Atmosphäre eines englischen Kaminzimmers.

Es fehlt lediglich das dezent knisternde Feuer. Ganz anders der neue Land . Mit geometrischer Strenge präsentiert sich sein Innenraum. Effekthascherei ist ihm völlig fremd. Fast schon unterkühlt wirken die großen Kunststoff-Oberflächen, sehr sachlich geht es hier zu. Alles ist recht zweckmäßig plaziert, nichts bemüht sich künstlich um ein heimeliges Empfinden der Insassen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wirklich billig wirkt der Discovery keineswegs. Aber die kühle Sachlichkeit läßt den Innenraum eben weit weniger wertvoll erscheinen als den des teuren Bruders.

Dreht man den Zündschlüssel herum, sieht die Welt allerdings genau umgekehrt aus. Der Turbodieselmotor des preisgünstigen Discovery wirkt mindestens eine Klasse nobler. Der neu konstruierte Common-Rail-V6 läuft mit einer fast Benziner-artigen Sanftheit. Warm sowieso, aber auch im Kaltlauf überzeugt seine Laufruhe.

Range Rover mit dominanter Geräuschquelle

Ganz anders der Reihensechszylinder im Range Rover. Der aus einer vergangenen BMW-Diesel-Generation stammende Common-Rail-Motor startet rauh und ist auch warm gefahren stets die dominante Geräuschquelle im Auto. Bei praktisch jedem Beschleunigungsvorgang macht er mit aufdringlichen Prasselgeräuschen darauf aufmerksam, wie schwer er schuften muß. Im vornehmen Innenraum des Range Rover empfindet man einen derart vernehmlichen Diesel einfach als unpassend.

Kein Wunder, daß trotz des Verbrauchsvorteils immer noch zahlreiche Range-Rover-Interessenten lieber zum seidigen V8-Benziner greifen. Der neue V6-Diesel des Discovery würde viel besser in den Diesel-Range passen. Doch, einen Vorteil hat der BMW-Diesel im Range Rover: Dank des größeren Hubraums hat er ein deutlich kleineres Turboloch als der Discovery-Motor, tritt spontaner an. Das merkt man bei jedem Anfahren, aber auch beim Beschleunigen im Innerortsverkehr.

Beim Discovery ist man dagegen erstaunt, daß der relativ kleine Motor dieses großformatige Auto doch mit Anstand bewegt. Der leise Motorlauf mit dem sonoren Unterton verschleiert dabei gekonnt, wie schwer dieser Turbodiesel in Wahrheit bei jedem Beschleunigungsvorgang und erst recht bei schneller Autobahnfahrt schuften muß. Das Zusammenspiel mit dem aufpreispflichtigen Sechsgang-Automatikgetriebe beherrscht dieser in England gebaute V6-Turbodiesel ebenfalls vorzüglich.

Große Unterschiede bei Fahrwerksauslegung

Obwohl sich beide Land Rover in der Konstruktion der Fahrwerke ähneln, stellt man beim Fahren schnell Unterschiede fest. Dem höheren und schmaleren Discovery gaben seine englischen Entwickler einen wiegenden Federungskomfort mit, der Lust auf lange Reisen mit schlechten Wegen macht. Die Kehrseite sind die beträchtliche Seitenneigung in schnell gefahrenen Kurven und das eher träge Handling. Der Range Rover federt überraschenderweise eine Nuance straffer, besonders auf kurzen Unebenheiten, wirkt dafür aber handlicher. Sicher sind sie beide – auch dank ESP.

Beide betreiben großen Aufwand in Sachen Allradantrieb und Geländetauglichkeit. Allerdings gibt sich der Range Rover hier vergleichsweise konventionell. Mit einem automatisch sperrenden Torsen-Zentraldifferential und als Achssperrenersatz arbeitender Schlupfregelung durch Bremseneingriff arbeitet er sich gekonnt durch Wald und Winter. Die sehr ordentliche Verschränkungsfähigkeit der Achsen sorgt dafür, daß die Räder auch in kniffeligen Passagen meist am Boden bleiben und der Vortrieb dadurch gewährleistet ist.

Bislang beispiellos ist der Aufwand, den der Discovery hier betreibt. Zwar hat auch er eine Schlupfregelung, doch das unschöne Gerucke durch den Bremseneingriff hat er so gut wie nie nötig. Denn für sanften, aber unerbittlichen Vortrieb sorgt zusätzlich eine elektronisch gesteuerte Hinterachssperre, die automatisch bis hin zur Vollsperrung eingreift.

Verschenktes Potential bei Bodenfreiheit

Den Vogel schießt jedoch das einmalige Terrain Response System des Discovery ab. Per Rechner sind hier Differentialsperren, Schlupfregelung, Luftfederung, Motor und Getriebe miteinander verknüpft. Der Fahrer bedient einen Drehschalter und stellt den Discovery damit auf den Untergrund ein, den er vor sich sieht: Straßenfahrt, Sand, Schlamm, Gras/Schnee sowie Felsen.

Innerhalb dieser fünf Programme variiert das System. Sand beispielsweise heißt hohe Motordrehzahl, wenig Schlupfregelung und spontane Gasannahme. Klettern über Felsen: maximale Sperrwirkung, sanfte Gasannahme und viel Bodenfreiheit. Das funktioniert in der Praxis verblüffend gut. Schade nur, daß die Luftfederung des Discovery in der Geländestellung zwar ausreichend Bodenfreiheit zur Verfügung stellt, aber an das Niveau des Range Rover nicht herankommt – und erst recht nicht an den VW Touareg. Hier haben die Briten Potential verschenkt.

Auf ausgefahrenen Waldwegen setzt der Discovery deshalb früher mit der Unterseite auf. Unter dem Vorderwagen ist noch etwas Luft, aber der hintere Teil der Auspuffanlage schrappt mit seinen Schutzteilen bereits über den Untergrund, wo der Range Rover noch ohne Grundberührung darüberschwebt. Für beide Schwergewichte ist allerdings das Ende erreicht, wenn der Boden sehr weich wird. Ihr extrem hohes Gewicht zieht sie beide unerbittlich nach unten.

Technische Daten und Meßwerte

Beide Testkandidaten setzen auf Common-Rail-Technik. Im Range Rover arbeitet ein 177 PS starker Reihensechszylinder von BMW, der Discovery greift auf einen V6 mit 190 PS von Jaguar/Ford/Peugeot zurück.

Kosten und Ausstattungen

Satte 16.000 Euro beträgt der Preisunterschied zwischen Land Rover Discovery und Range Rover – ausstattungsbereinigt. Zwar liegen die Grundpreise 21.900 Euro auseinander, aber der Range Rover bietet serienmäßig viel von dem, was man beim Discovery teuer dazukaufen müßte: Automatikgetriebe, Luftfederung, Tempomat, elektrische Sitze, 18-Zoll-Räder, die automatische Klimaregelung und weitere Annehmlichkeiten. Teuer ist der Range Rover vor allem wegen der wesentlich ungünstigeren Vollkasko-Einstufung, die mehr Unterhaltskosten verursacht.

Fazit und Wertung

Fazit Daß der Range Rover diesen Vergleichstest verliert, ist vor allem die Schuld seines Motors. Der angejahrte BMW-Diesel ist nicht nur zu schwach für die Ansprüche der Preisklasse, sondern vor allem unangemessen laut. Auto und Motor passen nicht zusammen, jedenfalls nicht zu diesem Preis. Der neue Discovery zeigt, wie man es besser macht. Er wirkt harmonisch, ist komfortabler und wesentlich günstiger im Unterhalt.

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