In Sachen Elektromobilität macht Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn keine Gefangenen. Der Leaf kommt im April 2012 nach Deutschland, für verhältnismäßig günstige 36.990 Euro. Parallel basteln die Nissan-Elektriker an passenden Konzepten rund ums E-Auto. Kabelloses Aufladen, Brennstoffzellen als Energielieferanten, Häuser, die den Strom ihrer Solarzellen auf dem Dach im Leaf zwischenparken und natürlich weitere Elektroautos. Ein winziges Elektro-Stadtwägelchen, zum Beispiel, das sich auf der Tokio Motor Show 2011 als Studie Pivo3 vorstellt. Der Name ist nicht neu, das Design schon.
Nissan Pivo3
Nissan erlöst den Pivo3 vom Osterei-Look seiner Vorgänger. Nun ist "erwachsenes Design statt Kindchenschema-Charme" angesagt.
Die ersten beiden Pivo-Generationen waren abgedrehte Design-Spielzeuge. Hochkant-Ostereier auf Rädern, mit drehbarem Cockpit und ohne Blick auf die Realität. Damit ist jetzt Schluss. "Erwachsenes Design statt Kindchenschema-Charme" schreibt Nissan selbst über den Pivo3 und degradiert damit die knubbelrunden Vorgänger zu eher peinlichen Randnotizen der jüngeren Nissan-Geschichte. Schwamm drüber. Und zur Ehrenrettung von Pivo1 und Pivo2 sei gesagt: Auch der Dreier hat noch einen langen Weg vor sich. "Wir zeigen einen vagen Ausblick auf einen Stadtwagen der Zukunft", erklärt ein Nissan-Sprecher, der sich aber nicht zu Konkreterem hinreißen lassen will. Natürlich nicht. Und doch bleibt ein Hauch von Hoffnung, dass da ab 2015 tatsächlich was kommen könnte.
Gefühlt stimmt beim Nissan Pivo3 schon jetzt einiges. Die Sitzkonfiguration, zum Beispiel. 1+2, sprich: Der Fahrer sitzt in der Mitte, das schafft ein tolles Raumgefühl – trotz weniger als drei Meter Länge. Knapp versetzt hinterm Piloten "klemmen" die beiden Passagiere. Recht bequem, aber definitiv nicht langstreckentauglich. Ziemlich durchdacht ist auch die Idee, den Pivo3 an der Hinterachse schmaler zu bauen, als vorne. In Kombination mit den Radnaben-Elektromotoren und gegenläufig lenkenden Hinterrädern kann der E-Zwerg praktisch auf der Stelle drehen und sich so in winzigste Parklücken zwängen.
Finden würde er den chronisch knappen Parkraum übrigens selbst. Mit dem Pivo3 in die Megacity schnurren, vor dem Geschäft seiner Wahl aussteigen und den Kleinen zum Parkplatz schicken, wo sich dieser kabellos auflädt oder vielleicht sogar was für den Kontostand seines Besitzer tut, in dem er nicht benötigten Strom ans öffentliche Netz "verkauft". Per Anruf vom Smartphone lässt sich der Nissan dann zurück zu einem Treffpunkt in der Nähe beordern. So einfach ist das – im Kopf der Nissan-Visionäre. Cloud Computing, vernetzte Verkehrssysteme und ein automatische Einparksystems AVP ("Automated Valet Parking") machen es möglich. Zumindest theoretisch. Nette Ideen, aber ganz sicher noch nichts, was man in den nächsten fünf Jahren auf die Straße lassen wird. Muss ja vielleicht auch gar nicht sein. Denn auch der Pivo wird erwachsener werden. Und realitätsnäher. Mit klassischer Lenkung, hinten schmaler als vorne, dem 1+2-Sitzsystem, einem leistungsstarken Elektroantrieb und optisch noch weniger Firlefanz könnte das 2015 tatsächlich ein Winz-Wägelchen fürs urbane Volk werden. Und wenn Carlos Ghosn bis dahin seine Industrie-Kollegen zu einem gemeinsamen technischen Standard in Sachen "Laden per Induktion" überreden kann, wäre schon viel geschafft in Sachen Elektromobilität.

Von

Jochen Knecht