Kennen Sie Stefani Joanne Angelina Germanotta? Wohl kaum, bekannter ist die Dame als Lady Gaga. Sie hat sich einfach einen klingenden Künstlernamen zugelegt, der Karriere wegen. So ist das auch mit den Herren Sportwagon, Avant oder Touring. Alles tolle, stylishe Namen für eine bürgerlich brave Herkunft: den Kombi. So will heute kein Auto mehr heißen – und erst recht nicht so aussehen. Schick müssen sie sein, die Lademeister, verwegen und flach. Was tut man nicht alles im Kampf gegen die angesagten SUVs.

Beim Insignia findet man noch klassische Kombi-Tugenden

Opel Insignia
Zwei Meter Ladetiefe, 601 Kilo Zuladung und dabei topfeben – der Kofferraum des Insignia überzeugt.
Auch Peugeot hat seinen Kombi umgestrickt: Der neue 508 SW duckt sich tief wie ein Coupé, rahmenlose Fenster rutschen beim Türschließen in die Gummis, sst. Du schreitest staunend ums Heck, alles hübsch gemacht von den prallen Radhäusern bis zum gierigen Kühlergrill mit dem Flaggenmuster. Den trägt nur der GT, das sportliche Topmodell für 47.100 Euro, das Peugeot vorfährt zum ersten Vergleich mit Renault Talisman Grandtour und dem Opel Insignia. Beim Opel Insignia heißt der Kombi "Sports Tourer", sein Ladetalent hat er sich zum Glück erhalten. Das ist mal ein amtlicher Kofferraum! Mehr als zwei Meter Ladetiefe, 601 Kilo Zuladung und ein topfebener Boden – wer je Omas Waschmaschine hineinwuchten musste, weiß so was zu schätzen. Auf der Rückbank wächst der Insignia endgültig zum Familientraum. Selbst Große steigen bequem ein und lümmeln sich herum, während der Fahrer das Fünfmeterschiff beim Einparken nach hinten gut übersehen kann. Die Parkpiepser, im "Innovation" serienmäßig, bräuchte er nicht. Dieser Kombi-König zeigt, was den anderen am Ende fehlt.

Der 508 erfüllt nicht alle Anforderungen eines Lademeisters

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Video: Peugeot 508 SW (2018)

508-Kombi mit mutigem Design

Der Renault Talisman hat zwar seitliche Staufächer für Kleinkram, trickst aber im Boden, um eine störende Stufe zu vermeiden. Im Peugeot hakt's an vielen Ecken. Die Edelstahl-Ladekante bildet einen erhabenen Wulst im Boden, und auf die enge Rückbank muss man sich regelrecht einfädeln – das niedrige Dach verlangt beim Einstieg jedes Mal einen tiefen Diener. Sagen wir so: eine Verbeugung vorm Design. Moment mal, sollte so ein Auto nicht uns dienen? Der enge Fond und das unübersichtliche Heck schrumpfen den 508 SW zum Kombi-Coupé. Da wird das Heck zum Heckmeck. In einem Coupé geht bekanntlich vorn die Post ab. Tatsächlich hat Peugeot das Cockpit auf den Kopf gestellt: unten das kleine Lenkrad (das langen Fahrern auf den Knien hängt), darüber das hochauflösende Tacho-Display. Gestatten, das nennt sich „i-Cockpit“! Wieder so ein Künstlername. Diese Kopfüber-Ordnung im Sichtfeld ist nur anders, nicht besser. Lieber loben wir die breiten Festtasten, die auf der Mittelkonsole das Bedienen des Infotainmentsystems erleichtern.
Diese Festtasten, um beim Fahren zielsicher zwischen Einzelmenüs zu wechseln, fehlen im Renault Talisman. Der hat einen puren Touchscreen ohne Knöpfe. Sauberes Design, sagen manche. Mist, meinen andere. Man tippt oft daneben – und überall die Fingerabdrücke! Ansichtssache. Den Startknopf treffen wir sicher. Und sind gespannt.

Die Abstimmung des Renault ist gänzlich unfranzösisch

Renault Talisman
Mit dem größten Motor liegt der Talisman bei den Fahrleistungen vorne, federt aber viel zu hart.
Denn weil Peugeot für den ersten Vergleich einen 225 PS starken GT bereitstellt, wählen wir auch bei Opel und Renault die Top-Benziner – und das ergibt kleine, aber wichtige Unterschiede im Antrieb. So hat der Talisman zwar den größten Vierzylinder-Turbomotor, der auch dem Sportcoupé Alpine Beine macht. Doch der kleine Hubraumvorsprung (1,8 statt 1,6 Liter) bringt kaum Vorteile. Bis Tempo 100 nimmt er der Konkurrenz ein paar Zehntel ab, wen schert das im Kombi? Nein, den größten Unterschied macht das Getriebe: Die Doppelkupplung schaltet im Testwagen meist sanft, aber immer wieder mal zögernd – und nie so unauffällig wie die Wandlerautomatik im 508. Auch im Fahrwerk wirkt der Renault nicht ausgewogen. Die Lenkung gibt mit großen Einschlägen einen sanften Kurs vor, doch die Federung knüppelt trotz der adaptiven Dämpfer, die nur eine Wahl lassen: hart oder sehr hart. Der arme Talisman leidet unter großen 19-Zoll-Rädern, einem Designer-Diktat. Noch so ein Heckmeck.

Mit dem besten Paket fährt der Opel den Sieg ein

Opel Insignia Peugeot 508 Renault Talisman
Ausgewogen: Der Insigina entpuppt sich als das beste Fahrerauto im Test – das am Ende auch vorne liegt.
Da tendiert der 508 SW GT – trotz seines sportlichen Auftritts – viel mehr in Richtung Komfort. Zwar wirkt seine Dämpferverstellung nur an der Hinterachse, leistet dort aber ganze Arbeit. Wer "Sport" oder "Komfort" am Schalter auf der Mittelkonsole vorwählt, erlebt zwei ganz eigene Charaktere: "kurzhubig bis chilischarf" oder "Kuschelrock im Kombiheck". Fachleute nennen das "gespreizte Kennlinien", und tatsächlich hat Peugeot hier einen schönen Spagat hinbekommen. Den macht die Achtstufenautomatik bereitwillig mit und hält für die sportlichen Momente noch die beiden Schaltpaddles hinterm Lenkrad bereit. Die bietet nur der Peugeot. Damit zum größten Unterschied im Opel: Den Insignia gibt es auch mit Handschaltung, wie im Testwagen. Die ist günstiger, leichter, weniger komfortabel – und doch kein Nachteil, weil die sechs Gänge so fluffig zum Wesen des Sports Tourer passen. Der Rüsselsheimer entpuppt sich schnell als das handfeste Fahrerauto im Feld: ohne Automatik, ohne Adaptivfahrwerk, gesegnet mit einem Stahlfahrwerk in der goldenen Mitte zwischen "Chili" und "Kuschel". Zugegeben, nach deutschem Geschmack, aber der steckt auch in der gleichmäßigen Lenkung und den vielseitig verstellbaren Sitzen. Die empfiehlt der Orthopäde Ihrer Bandscheibe!
Zumal sie serienmäßig sind in der Version "Business Innovation", die die Kosten halbwegs im Zaum hält. Aber mal ehrlich: Starke Top-Benziner mit Testverbräuchen um die acht Liter (auf der Autobahn werden es schnell über zehn) wählen nur eingefleischte Dieselhasser und Freunde der sportlichen Fortbewegung. Gekauft werden Diesel mit Automatik, Peugeot erwartet meist Flottenkunden, die den 160 HDi Allure für 39.950 Euro nehmen. Also Vielfahrer, die Platz und klare Worte schätzen. Machen wir's kurz: Der 508 ist der schönere Kombi, der Insignia der bessere. Und der Renault der besondere.

Fazit

von

Joachim Staat
Alle besser als ein SUV! Wie sonst kann man für Kombis werben? Sie sind leichter, geräumiger und sparsamer. Peugeot und Renault peppen ihre Lademeister optisch auf, verlieren dabei Alltagstalent. Der Insignia ist schlicht der letzte echte Opel. Es gibt ihn also doch noch!

Von

Joachim Staat