Da spricht jemand Klartext: Nach einem schweren Lkw-Unfall auf der A6 bei Roth in Bayern platzt einem Polizisten angesichts dreister Gaffer der Kragen. Einsatzleiter Stefan Pfeiffer knöpft sich die Schaulustigen auf der Gegenfahrbahn vor, die einen Stau von bis zu acht Kilometern Länge verursacht haben: "Legst Du Dein Handy weg? Sonst komme ich rüber und hol Dich raus!", ruft er einem Trucker mit Handykamera im Anschlag zu. Den Fahrer eines Fiat Panda, der ebenfalls gaffend vorbeischleicht, herrscht er an: "Sie können gerne aussteigen und sich die Leiche anschauen!" Ähnliches bietet, oder besser: droht er auf Englisch mehreren Lkw-Fahrern an, die er aus ihrem Führerhaus herausgeholt hat. Alle lehnen dankend ab und werden plötzlich ganz kleinlaut. Pfeiffers Rat: "Sie sollten sich schämen!"

"Erschreckend, wie wenig Empfinden es gibt"

Das Gaffer-Phänomen scheint zunehmend zum Problem zu werden. "Es ist frustrierend, das immer wieder zu erleben", erklärt der 54-Jährige. "Die Leute fahren an uns vorbei und haben die Kamera in beiden Händen, um die Unfallstelle zu filmen." Es sei erschreckend, mit wie wenig Empfinden die Leute mit der Lage umgingen. Einigen Schaulustigen teilt er sofort die zu erwartende Strafe von 128,50 Euro mit. Aber: "Der Lerneffekt ist leider gering. Besser ist es, die Leute mit ihrem Verhalten zu konfrontieren", so der wütende Polizist.

Polizei filmt zurück, Feuerwehrmann spritzt

Bei dem Auffahrunfall zwischen der Anschlussstelle Roth und dem Kreuz Nürnberg-Süd war am 21. Mai 2019 ein Sattelzug aus noch ungeklärter Ursache auf einen stehenden Lkw geprallt. Der 47 Jahre alte Fahrer verstarb trotz eines Hubschraubereinsatzes und Notfallmaßnahmen noch an der Unfallstelle. Bereits im November 2017 hatte die Polizei in Ratingen bei Düsseldorf bei einer unkonventionellen Maßnahme Gaffer selbst gefilmt. Kurz zuvor hatte ein Feuerwehrmann für Aufsehen gesorgt, der auf der A3 bei Weibersbrunn (Landkreis Aschaffenburg) mit einem Wasserstrahl gegen Gaffer vorging. Erst im Mai 2019 forderte der Bundesrat in einer Sitzung strengere Gesetze gegen Schaulustige an Unfallorten.