Der verdächtige Blick der Radfahrerin entspannt sich. Große SUVs sind offensichtlich ihre Sache nicht. Doch so ganz kann die Dame ihre Bewunderung nicht unterdrücken, als sich der Range Rover Sport vollkommen lautlos in Bewegung setzt. Das kurze Aha-Erlebnis, bei solchen Kolossen mit E-Antrieb funktioniert es also noch. Die Bezeichnung Koloss trifft auch auf den Cayenne zu, beide Plug-in-Hybride messen fast fünf Meter und bringen rund 2,5 Tonnen auf die Waage. Neben ihren Benzinmotoren müssen sie nämlich noch einen E-Motor und gewichtige Akkus mit sich herumschleppen. Wer macht das Beste aus dieser Doppelbelastung?

Beim Antrieb fällt der Range Rover etwas zu mager aus

Range Rover Sport P400e Hybrid
Für den Lord gewiss nicht standesgemäß: Range Rover setzt auf einen Vierzylinder als Verbrenner.
Konzeptionell gibt es ein paar wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Teilzeit-Stromern: Im Cayenne gibt ein V6-Turbo den Ton an – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Motor trägt klanglich durchaus zur Unterhaltung bei. Land Rover setzt hingegen auf einen 2,0 Liter großen Vierzylinder. Ebenfalls mit Turbo, dafür ein akustisch sehr zurückhaltender Charakter von der Sorte "angenehm weggedämmt". Haben die Engländer das Konzept mit dem kleineren Motor damit konsequenter umgesetzt? Ansichtssache. Bei den Messwerten zum Spritverbrauch, wohlgemerkt ohne E-Unterstützung, ist der V6 des Porsche jedenfalls knapp anderthalb Liter sparsamer. Wir hatten schon vor der Verbrauchsfahrt unsere Zweifel, ob ein so kleiner Motor für ein so großes und schweres Auto die optimale Lösung ist. Immerhin verringert sich der Abstand beim Testverbrauch (also mit E-Unterstützung). Dank seines größeren Akkus (14,1 zu 13,0 kWh) fährt der Engländer knapp sieben Kilometer länger rein elektrisch.

Der Cayenne bringt die beiden Motoren besser zusammen

Porsche Cayenne e-Hybrid
E-Booster: Beim Porsche klinkt sich der E-Motor geschmeidiger in den Antrieb als beim Range.
Doch auch die E-Reichweite des Porsche (gemessene 33 Kilometer) dürfte für die meisten Arbeitswege reichen, selbst wenn es über die Autobahn geht. Bei zurückhaltender Fahrweise summen beide bis etwa 130 km/h leise vor sich hin. Das Stromern bei Richtgeschwindigkeit ist vor allem im 1,80 Meter hohen Range Rover ein kleines Spektakel, das gewiss auch unserer Radfahrerin gut gefallen hätte. Doch die Akkus entleeren sich schnell, wenn der im Getriebe sitzende E-Motor so viel Leistung abgeben muss, weshalb die Steuerelektronik bald wieder den Viertakter dazumischt. Wobei der Cayenne das Zusammenspiel der beiden Antriebe besser beherrscht. Beim Bremsen lässt sich der Übergang zwischen Rekuperieren und tatsächlichem Ansetzen der Bremsbeläge kaum feststellen. Dazu besitzt der Cayenne auch als Hybrid den für die Marke so typischen, fest definierten Bremsdruckpunkt. Im Range zuckt und vibriert das Pedal bei jeder Betätigung und lässt sich auch bei voller Verzögerung gefühlt noch eine halbe Elle weiter durchtreten. Dass der Brite bei warmer Bremse aus 100 km/h erst nach über 42 Metern steht, liegt an den serienmäßig verbauten Ganzjahresreifen.
Grund zum Meckern gibt es in beiden Fällen außerdem, sobald der Verbrenner den Antriebsauftrag vom E-Motor übernimmt. Das geht geschmeidiger! Vor allem der Range zeigt Nachholbedarf. Im Porsche boostet die Elektronik den E-Motor bei plötzlicher Volllast blitzschnell zu maximaler Leistung, um das Einsetzen des Verbrenners möglichst ruckfrei über die Bühne zu bringen.

Der Vortrieb ist bei beiden Hybrid-SUVs beeindruckend

Porsche Cayenne e-Hybrid Range Rover Sport P400e Hybrid
Sprintstark: Im Range Rover geht es in 6,3 Sekunden auf Tempo 100 – der Porsche ist noch schneller.
Sowohl im Cayenne als auch im Range Rover sortiert die Achtstufenautomatik bei Kickdown eifrig in ihrem Räderwerk herum. Wobei der gemütlichere Range Rover trotz des "Sport" in seinem Namen beim Durchbeschleunigen eine kleine Gedenksekunde benötigt, bis E-Motor, Vierzylinder-Turbo und Getriebe sich darüber geeinigt haben, was denn nun Phase ist. Setzt der kombinierte Schub dann voll ein, geht es vehement zur Sache. Anerkennend beobachtet der Range-Pilot, wie flott sich die Tachonadel auf die 200er-Marke zubewegt. Der Porsche berauscht mit seinem unbändigen Vortrieb geradezu und legt auch jenseits der 200 Sachen noch gewaltig los. Kaum weniger beeindruckend sein Fahrverhalten: Der stets straffe und agile Cayenne fühlt sich auf der Landstraße locker zwei Klassen kleiner an, manövriert ultrapräzise durch die Kurven. Bei seinem fluffig federnden Kontrahenten lässt sich die gewünschte Richtung weniger fein einstellen. Fahrdynamik war ja auch nie das Ziel.

Die Abstimmung des Range Rover dürfte ruhig straffer sein

Range Rover Sport P400e Hybrid
Sehr ruhig: Bei gemächlicher Fahrt packt der Range die Passagiere in Watte, er neigt aber zum Schaukeln.
Zum hohen Aufbau des Range Rover kommt die hohe Einbaulage der Akkus. Statt wie im Cayenne im Wagenboden zu liegen und den Schwerpunkt zu senken, machen sie sich im Kofferraum breit. Nicht gut für sportliche Ambitionen. Übrigens ist das flauschige Luftfahrwerk des Range Rover nicht zwangsläufig komfortabler. Bei gemächlicher Fahrt stellt sich zwar diese spezielle Gemütlichkeit ein, wenn sich die Karosserie wie in Watte gelagert bei jeder noch so zarten Beschleunigung leicht aufbäumt. Doch bei höheren Tempi werden die Passagiere schnell durchgeschüttelt, weil der Aufbau wie ein Fischkutter bei Wellengang ins Schaukeln gerät. Hier beweist der Cayenne deutlich mehr Gelassenheit. Dank des besseren Geräuscheindrucks, der besser ausgeformten Sitze sowie der smarteren Bedienung gewinnt der Porsche selbst das Komfort-Kapitel, sodass der Brite am Ende das Nachsehen hat.
Zugutehalten müssen wir dem stattlichen Insulaner allerdings, dass er selbst als Plug-in-Hybrid ein vollwertiger Geländewagen bleibt, inklusive Geländeuntersetzung und ohne Scheu vor Wasserdurchfahrten – Sie erinnern sich, die Akkus stecken im Kofferraum, nicht im Boden. Doch diese Kompetenzen bringen ihm hier keine Punkte.

Fazit

von

Stefan Novitski
Sparen im Luxus-SUV? Eher nicht! Zum Schonen der Ressourcen wurden diese beiden nicht gebaut. Immerhin verführt der Porsche mit seinem Fahrtalent. Der Range büßt mit dem Vierzylinder zu viel Prestige ein.

Von

Stefan Novitski