Eigentlich passen Daniel Niedermayer und sein VW T3 California gar nicht so recht zusammen. Der eine mag es möglichst schnell, der andere langsam und gemütlich. Und doch sind Mensch und Maschine seit sieben Jahren unzertrennlich. Warum es trotzdem funktioniert? Weil PS-Fan Daniel manchmal auch den Ausgleich braucht von seinen rasanten Sportwagen Subaru Impreza STI mit 325 PS und Toyota Aristo (400 PS). Und dafür ist sein California genau richtig. Stressgeplagte Großstädter müssten den Wagen eigentlich auf Rezept bekommen. Die PS-Dosierung des Baldrian-Bulli ist so gering, dass böse Nebenwirkungen wie Stress nahezu ausgeschlossen sind: Maximal 120 km/h sind drin, das Turbodiesel-Triebwerk arbeitet ganz hinten, entkoppelt vom Fahrer. Es dauert mehr als eine halbe Minute, bis das rollende Heim auf 100 km/h gekrochen ist.

Das Schlüsselerlebnis im Wald

VW California
Entschleunigend: Das Reisen im T3 entspannt.
Ganz nebenbei entschlackt das Reisemobil auch: Im Urlaub passt nur das Nötigste an Bord, Überflüssiges muss zu Hause bleiben. Dass innen kaum Platz ist, fällt bei – oder besser – gerade wegen der Schiebetür kaum auf. California-Fahrer verbringen ihren halben Urlaub auf der Schwelle zwischen drinnen und draußen, beide Welten verschwimmen. "Ich träume davon, darin bei Dauerregen oder Nebel mitten im Wald zu übernachten", sagt Niedermayer. Im Wald hatte der 24-Jährige auch sein Bulli-Schlüsselerlebnis. In Österreich sieht der Landsberger als Achtjähriger auf einem verlassenen Bauernhof einen von Bäumen umschlungenen T1. Dieses wildromantische Bulli-Bild brennt sich ein ins Gedächtnis des Jungen. Ein Traum, sein Autotraum, ist geboren! Jahre
später sucht der Bayer im Internet nach dem ersten VW-Bus – und erschrickt beim Anblick der entfesselt hohen Preise. "Von da an war klar, dass es kein T1, sondern eher der Nachfolger T3 wird", sagt der Mechatroniker für Kühltechnik. Sein Traumauto findet er vor sieben Jahren mitten im Winter beim Gebrauchtwagenhändler. Auf dem Dach eine Mütze Schnee, der Unterboden löchrig wie ein Schweizer Käse. "Aber ansonsten ganz gut", sagt Niedermayer.

"Der California ist mehr als nur ein Auto"

VW California
Mobiler Altbau: Der VW California ist Baujahr 1989, es gab ihn auch mit Klappdach – und ausschließlich in Marsalrot und Pastellweiß.
Er schlägt zu, noch bevor er den Führerschein macht. Und das, obwohl er sich damals noch gar nicht so sehr für Autos interessiert. "Der California aber ist mehr als nur ein Auto. Ich kann darin schlafen, sogar wohnen", sagt er über sein rollendes Multitalent, das schon so ziemlich alles mitgemacht hat. Das Wohnmobil war Ausnüchterungszelle nach einem Brauereifest, Shuttle für acht Personen auf einem privaten Festival-Gelände, Umzugswagen, Disco. Niedermayer war mit dem Bulli in Südspanien, auch Pisa hat der VW schon gesehen. 308.000 Kilometer stehen auf dem Tacho, beim Kauf 2012 waren es 50000 weniger. Auch wenn Daniel Niedermayer die beruhigende PS-Dosierung seines California durchaus zu schätzen weiß – manchmal gehen die Pferdestärken doch mit dem jungen Mann durch und er träumt davon, seinem Bulli einen starken TDI-Motor ins Heck zu pflanzen. Oder einen Subaru-Boxermotor. "Der würde sogar ganz gut passen", sagt er. Dann wäre es vorbei mit der Ruhe auf Rädern.

Von

Claudius Maintz