Es klingt paradox. Aber ausgerechnet die Rallye Schweden gehört zu den schnellsten aller WM-Läufe – trotz durchgehend von Schnee und Eis bedeckter Piste. Dafür ist einerseits die Streckenführung verantwortlich, die erneut Wertungsprüfungen auch in Norwegen enthält. In den Wäldern rings um Karlstad, Torsby und finnskog sind scharfe Kurven Mangelware, wird hauptsächlich im sechsten Gang gefahren. Andererseits bauen die nur in Schweden erlaubten Spikereifen mit fast 400 Nägeln pro Rad eine für den Beobachter unglaubliche Traktion auf. „Besser als auf Schotter, fast so gut wie auf Asphalt“, beschreibt Sébastien Ogier (33).
Der Weltmeister ist mit drei Siegen der erfolgreichste Nicht-Skandinavier bei der einzigen Schnee-Rallye im WM-Kalender. Nach dem überraschenden Sieg bei der Rallye Monte Carlo ist der ehemalige Volkswagen-Werkspilot auch dieses Mal Favorit. „Ich habe vier Tage getestet, bin also deutlich besser vorbereitet als auf die Rallye Monte Carlo“, verrät der Franzose, der nach dem Ausstieg von VW kurzfristig beim Ford-Privatteam M-Sport angedockt hat.
Ogier
Ogier kann auch mit Ford siegen
Eine möglicherweise entscheidende Rolle spielt das Wetter. Schneit es kurz vor oder sogar während der Rallye, sind die vorderen Starpositionen im Nachteil. Mit zunehmend frei gefahrener Spur wird die Traktion für die nachfolgenden Fahrer immer besser. „Dann spiele ich den Straßenfeger für die Konkurrenten“, beschreibt Ogier, der als Tabellenführer zumindest während der ersten Schweden-Etappe die zweifelhafte Ehre der Startposition eins hat.
Ist es dagegen klirrend kalt und bedeckt festgefahrener Altschnee die Piste, sind die vorne Startenden im Vorteil. „Dann wird die Spur mit jedem Auto weicher und weniger griffiger“, erläutert Kris Meeke (37). Der Citroën-Pilot schied beim Saisonauftakt aus und geht in Schweden als am Ende der Riege der Topfahrer in die Spur.
Zwischen Ogier und Meeke sortieren sich die anderen Werkspiloten ein. Jari-Matti Latvala (31) geht nach dem ebenfalls unerwarteten Rang zwei von Monte Carlo sogar mit der Hoffnung auf den ersten Sieg für WM-Einsteiger Toyota ins Rennen. Wie Ex-Teamkollege Ogier gewann der Finne bereits drei Mal bei den Nachbarn. „Wir haben sehr ausgiebig auf Schnee getestet, einige Tage schon 2016. Wir sind optimal vorbereitet“, sagt Latvala.
Auch Hyundai hat den Sieg im Visier. Thierry Neuville (28) war schon bei der Rallye Monte Carlo bis zu einem Ausrutscher Spitzenreiter. Und Teamkollege Hayden Paddon  (29), bei der Rallye Monte Carlo in den tödlichen Unfall eines Zuschauers verwickelt, ließ im vergangenen Jahr mit Rang zwei hinter Sieger Ogier aufhorchen.
Deutsche Fahrer sind nicht am Start, wenn die Rallye Schweden am Donnerstagabend (ab 20:08 Uhr) auf der Trabrennbahn von Karlstad mit der Wertungsprüfung 1 beginnt. Bis Sonntag (13:00 Uhr) stehen 18 Wertungsprüfungen mit einer Gesamtlänge von 332 Kilometer auf dem Programm.

Von

Christian Schön