Der Vorhang zur WM-Saison 2017 wurde zumindest ein wenig angehoben. Beim Shakedown vor der Rallye Monte Carlo, dem freien Training, rückten alle  Werksteams zum ersten Mal mit den komplett neuen World Rally Cars (WRC) der 2017er Generation aus. Rund 80 PS mehr als die Vorgänger (380 statt 320), gewaltige Spoiler beinahe wie zu Zeiten der Gruppe B in den 1980er Jahren, eine 55 Millimeter breitere Spur und das elektronisch gesteuerte Mitteldifferenzial sollen die Topklasse des internationalen Rallyesports schneller, vor allem aber für Fernsehen und Fans spektakulärer machen.
Diesen ersten Schlagabtausch hat Weltmeister Sébastien Ogier (33) für sich entschieden. Der Neuling im Ford-Team fuhr im Shakedown die schnellste Zeit.  Zweiter wurde überraschend Andreas Mikkelsen (27), Ogiers ehemaliger Kollege aus dem Volkswagen-Werksteam. Der Norweger startet im rund 285 PS starken Skoda Fabia in der Kategorie WRC2, der zweiten Liga der Rallye-WM. Ogiers Teamkollege Ott Tänak (29) war Drittschnellster.
Ogier
Im WRC2-Boliden fährt Mikkelsen im Shakedown auf Platz zwei
Allerdings sind die Zeiten vom Shakedown nur begrenzt aussagekräftig. Die 3,35 Kilometer lange Strecke war jeweils zur Hälfte trocken beziehungsweise schneebedeckt und vereist. Das in diesem Punkt nicht wirklich durchdachte Reglement schreibt gleichzeitig vor, dass die im Shakedown verwendeten Reifen aus dem Kontingent für die gesamte Rallye genommen werden müssen. Die Werksfahrer dürfen bis zum Ziel maximal 43 Reifen einsetzen.
Viele Fahrer, darunter mit Toyota-Neuzugang Jari-Matti Latvala (31) ein weiterer Ex-Volkswagen-Pilot, verzichteten deswegen darauf, sich schon vor dem Start einen Satz der wertvollen Winterreifen zu ruinieren.- Sie rollten stattdessen mit voraussichtlich weniger benötigten Slicks im Schongang über die Prüfung. Von den Topfahrern rückte nur Sébastien Ogier mit Winterreifen aus. Andreas Mikkelsen wählte sogar die noch griffigere Variante mit Spikes.
Nach dem Shakedown machten sich die meisten Fahrer und Copiloten auf den rund 300 Kilometer langen Weg nach Monte Carlo. Dort stehen am Donnerstag die offiziellen Teampräsentationen und der Showstart vor dem Kasino (ab 18:11 Uhr) auf dem Programm. Nach zwei Prüfungen im Dunkeln übernachtet der Tross wieder in Gap, bevor am Samstag erneut nach Monte Carlo umgezogen wird. Bis zur Zielankunft am Sonntag (13:53 Uhr) werden insgesamt 17 Wertungsprüfungen mit einer Gesamtlänge von 380 Kilometer gefahren.
Viele der Prüfungen sehen derzeit aus wie der Shakedown: Trockener Asphalt wechselt sich mit verschneiten oder sogar vereisten Passagen ab. „Für diese Verhältnisse gibt es keine optimale Reifenwahl. Es gibt nur gute oder schlechte Kompromisse“, sagt Weltmeister Ogier. In dieser Disziplin ist der mit TV-Moderatorin Andrea Kaiser (34) verheiratete Franzose praktisch unschlagbar. In den vergangenen drei Jahren gewann er die Rallye Monte Carlo. Mit einem vierten Sieg in Folge würde er den bestehenden Rekord einstellen. Den hält seit dem Beginn der 2000er Jahre Tommi Mäkinen (52), heute Teamchef bei Toyota.
WRC-Ausstieg von Volkswagen: Die Details

Von

Christian Schön