Reifen für Elektroautos: Rollwiderstand, Grip, Tragfähigkeit, Abrollgeräusch
Welche besonderen Eigenschaften muss ein Reifen fürs E-Auto haben?

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Geringer Rollwiderstand, hohe Tragfähigkeit, wenig Geräusch – Reifen für E-Autos benötigen besondere Talente. AUTO BILD erklärt die wichtigsten Punkte!
Bild: BMW Group
Immer mehr Hersteller bringen Reifen auf den Markt, die speziell für Elektroautos entwickelt wurden. Grundsätzlich benötigen E-Autos keine speziellen Reifen, sie können auch mit konventionellen Rädern ausgerüstet werden. Warum dann spezielle Reifenlinien? Ein geringerer Stromverbrauch steht hier im Vordergrund. AUTO BILD erklärt die wichtigsten Punkte!
Reifen fürs E-Auto: Geringerer Rollwiderstand bringt Reichweite
Elektroautos sollen eine möglichst hohe Reichweite erzielen. Ein geringer Rollwiderstand hilft dabei. Die optimierten Reifen haben daher oft große Durchmesser mit schmalen Laufflächen.
Der Rollwiderstand kann aber auch über die Gummimischung oder den Unterbau reduziert werden. Ein konventioneller Sommerreifen hat einen Rollwiderstand zwischen 7 und 9 kg/t. Eco- bzw. Leichtlaufreifen kommen auf Werte von 6,5 kg/t und weniger.
Welcher Reichweiten-Gewinn ist damit möglich? "Bei einer Reduzierung des Rollwiderstandswerts um 1 kg/t rechnen wir mit einem Reichweiten-Gewinn von drei bis vier Prozent", sagt Burkhard Wies, Entwicklungschef bei Continental.
Bei einem Renault Zoe mit einer Reichweite von etwa 240 Kilometern wären das rund zehn Kilometer zusätzlich, ein Tesla Model S mit ca. 500 Kilometer Reichweite würde rund 20 Kilometer mehr schaffen.
Robuste Laufflächen gegen vorzeitigen Reifenverschleiß am E-Auto
Elektroautos bringen ordentlich Gewicht auf die Waage und besitzen vom Start weg ein hohes Drehmoment. Beides kann dazu führen, dass Reifen am E-Auto schneller verschleißen als beim Benziner oder Diesel – schlecht für die Umwelt und für den Geldbeutel des Fahrers.
Dabei muss man jedoch differenzieren: "Der schnellere Reifenverschleiß spielt bei einem Auto mit mehr als zwei Tonnen Gewicht und hoher Motorleistung eine größere Rolle als etwa bei einem Renault Zoe", erklärt Stefan Küster vom Reifenhersteller Kumho. "Hinzu kommt, dass auch der Fahrstil des Fahrers ein wesentlicher Faktor beim Verschleiß ist." Wie widerstandsfähig ein Reifen gegen Abrieb ist, hängt hochgradig von der verwendeten Gummimischung ab.
Elektroauto-Gewicht erfordert hohe Tragfähigkeit der Reifen
Elektroautos bringen rund 200 bis 300 Kilogramm mehr auf die Waage als vergleichbare Verbrenner. Ihre Reifen benötigen deshalb eine höhere Tragfähigkeit. Beim Reifenkauf daher unbedingt auf den richtigen Last-Index achten: Er steht in der Zulassungsbescheinigung Teil I oder kann beim Fahrzeughändler erfragt werden.
Auch der vorgegebene Reifendruck muss eingehalten und regelmäßig kontrolliert werden, da er die Tragfähigkeit des Reifens beeinflusst. Ein nur geringfügig zu niedriger Druck erhöht zudem den Rollwiderstand und den Verschleiß!
Geringes Reifen-Abrollgeräusch für mehr Fahrkomfort im E-Auto
Weil der Elektromotor leiser als ein Verbrenner ist, werden Reifengeräusche im Fahrzeuginneren beim E-Auto stärker wahrgenommen. Geräuscharme Laufflächen sind daher ein wichtiger Faktor für den Fahrkomfort.
Bei der Geräuschentwicklung spielen vor allem Schwingungen im Hohlraum des Reifens eine Rolle, die sich in den Fahrzeuginnenraum übertragen.

EU-Reifenlabel: links die Infos zur Kraftstoffeffizienz, rechts zur Nasshaftung. Aussagekräftiger als das Label sind jedoch echte Testergebnisse.
Bild: Toni Bader
Schaumstoffeinlagen auf der Innenseite der Reifenlauffläche können diese Schwingungen absorbieren. Solche Polyurethanschwämme werden inzwischen von manchen Reifenherstellern verwendet. Pirelli nennt diese Lösung zum Beispiel "Noise Cancelling System", bei Continental heißt sie "ContiSilent".
Sicherheit trotz geringen Rollwiderstands beim E-Auto-Reifen
Kann ein auf Rollwiderstand optimierter Reifen gleichzeitig top bei der Sicherheit sein? "Aus technischer Sicht besteht zwischen einem geringen Rollwiderstand und optimalem Grip ein Zielkonflikt", erklärt Burkhard Wies. "Bei der Reifenentwicklung muss zwischen beiden Eigenschaften ein guter Kompromiss erzielt werden, was dank Fortschritten bei den Gummimischungen sehr gut gelingt."
Das sieht auch Stefan Küster so: "In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich bei den Gummimischungen enorm viel getan. Dadurch ist es heute möglich, einen energieeffizienten Reifen herzustellen, der gleichzeitig sehr guten Grip gewährleistet."
Fazit
Beim Elektroauto steht für viele der Umweltfaktor im Fokus. Ein geringer Rollwiderstand ist daher ein wichtiger Punkt. Gleichzeitig müssen Reifen aber guten Grip und kurze Bremswege sicherstellen – auch beim E-Auto! Diesen Spagat bekommen allerdings nicht alle Reifenhersteller gleich gut hin. Einen Hinweis liefert das EU-Reifenlabel. Aussagekräftiger sind aber die Ergebnisse unabhängiger Reifentests: Vergleichen Sie, wie die Reifen dort in den unterschiedlichen Kategorien abschneiden.
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