Keine Umstrukturierung, sondern Wachstum

Renault will in den kommenden Jahren zum profitabelsten Autobauer Europas aufsteigen, ohne Stellen abzubauen. Firmenchef Carlos Ghosn legte mit seiner Jahresbilanz 2005 einen Plan vor, um Gewinne und Produktivität bis 2009 zu steigern. "Was Renault heute braucht, ist nicht eine Umstrukturierung, sondern Wachstum", sagte Ghosn, der seit neun Monaten an der Spitze des Unternehmens steht. Er kündigte 26 neue Modelle und eine Absatz-Steigerung von zuletzt gut 2,5 Millionen auf 3,3 Millionen verkaufte Fahrzeuge jährlich an.

Renaults Betriebsergebnis schrumpfte wegen sinkender Verkaufszahlen in Europa und hoher Rohstoffpreise im vergangenen Jahr um 37,4 Prozent auf 1,323 Mrd. Euro. Dank der Überschüsse bei den Beteiligungen Volvo und Nissan erwirtschaftete Renault unter dem Strich mit 3,367 Mrd. Euro dennoch einen Rekord-Nettogewinn. Die Gewinnmarge von Renault lag im vergangenen Jahr bei 3,2 Prozent und dürfte 2006 auf 2,5 Prozent sinken; bis 2009 soll sie aber auf sechs Prozent steigen. Mit einem Erfolg seines Plans könne eine Umstrukturierung abgewandt werden, sagte Ghosn. Ein Abbau von Arbeitsplätzen sei derzeit nicht geplant.

Die großen deutschen Autobauer litten in der Vergangenheit unter schwachem Absatz und mußten deshalb Tausende Stellen streichen. Zuletzt hatte der US-deutsche Konzern DaimlerChrysler den Abbau von 8500 Stellen bei Mercedes verkündet. Der weltweite Renault-Umsatz stieg um 1,9 Prozent auf 41,3 Mrd. Euro, der Absatz legte um 1,7 Prozent auf 2,53 Mio. Fahrzeuge zu. Knapp die Hälfte der geplanten Absatzsteigerung um 800 000 Wagen bis 2009 soll nach Angaben von Ghosns Mitarbeitern das Billigauto Logan beisteuern. In der Formel Eins bleibt der Hersteller dagegen bis mindestens 2007 vertreten; über den weiteren Verbleib in der "Königsklasse" des Automobilrennsports soll von Jahr zu Jahr entschieden werden.

Acht neue Modelle pro Jahr

Analysten begrüßten Ghosns Plan. Belegschaftsvertreter reagierten gespalten: Die Gewerkschaft CFE-CGC sah das Vorhaben als "motivierend" an und sagte, damit würden die Beschäftigten beruhigt. Die Gewerkschaft CGT warnte, die Produktivitätsziele brächten den Mitarbeitern "starken Druck". Wie sein französischer Konkurrent PSA Peugeot Citroen setzt der Konzernchef auf eine Produktoffensive. 26 neue Modelle will er bis 2009 auf den Markt bringen und das Durchschnittsalter der Modellpalette so von 3,8 auf 2,2 Jahre senken. Nach zwei für 2006 geplanten Neuheiten sind das pro Jahr acht neue Modelle. Dabei müsse sich Renault mehr als bisher nach den Bedürfnissen der Kunden richten, sagte Ghosn. Da deutsche Kunden als sehr anspruchsvoll gelten, entscheidet mit Rainer Zirpel künftig ein Deutscher mit über das Design.

Die Hälfte der geplanten Markteinführungen sollen Weiterentwicklungen bestehender Modelle wie dem Billigauto Logan sein. Gleichzeitig will der Konzern Bereiche in Angriff nehmen, die er bisher vernachlässigte: Sportwagen, Crossover-Modelle und die Oberklasse. Renault will jedoch nicht deutsche Modelle wie die Mercedes-E-Klasse attackieren, sondern Kunden ansprechen, die mehr als 27 000 Euro pro Wagen ausgeben. Insgesamt 800 000 Fahrzeuge will Renault bis 2009 mehr verkaufen und den Absatz so auf 3,33 Mio. steigern. Das ist weniger als das von Vorgänger Louis Schweitzer genannte Ziel für 2010 von vier Mio. Fahrzeugen.

Von

Bernhard Weinbacher