Eine gute Rettungsgasse auf der Autobahn oder Schnellstraße kann Leben retten – und eine fehlende kann Leben kosten. Doch immer wieder versperren Autofahrer den Rettungskräften den Weg, wenden gar oder nutzen die Gasse selbst, um dem Stau zu entkommen. Gegen derlei Ignoranz und Egoismus beschloss die Politik eine Verschärfung der Straßenverkehrsordnung (StVO). Die StVO-Novelle von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und der Bundesregierung winkte der Bundesrat Mitte Februar 2020 durch. Jetzt steht die Umsetzung an. Ein Überblick über Regeln und mögliche Strafen!

Empfindliche Strafen bei Fehlverhalten

Was tun, wenn nichts mehr geht
Goldene Rettungsgassen-Regel: Die Autos auf der ganz linken Spur fahren nach links, alle anderen nach rechts.

Schon jetzt geht der Gesetzgeber mit empfindlichen Geldbußen gegen Blockierer einer Rettungsgasse vor. Wer nach einem Unfall keine Notgasse bildet, muss mindestens 200 Euro zahlen und zwei Punkte in Flensburg in Kauf nehmen. Es können aber auch bis zu 320 Euro werden, obendrauf weitere Punkte im Fahreignungsregister und ein Fahrverbot auf Zeit. Wie verhalte ich mich als Autofahrer richtig beim Bilden einer Rettungsgasse auf Autobahnen oder Schnellstraßen? Wo muss sie verlaufen, wenn die Straße zwei, drei oder gar vier Spuren hat? Und wann muss überhaupt eine Rettungsgasse gebildet werden? Wo passieren häufig Unfälle, was ist bei Stau zu beachten? Hier kommen die Antworten:

Rettungsgassen: Strafen und richtiges Verhalten

Wann und wie wird eine Rettungsgasse gebildet?

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Eine Rettungsgasse sollte schon bei stockendem Verkehr gebildet werden. Autos auf dem linken Fahrstreifen fahren so weit wie möglich an den linken Fahrbahnrand, alle anderen fahren auf ihrer Spur möglichst weit nach rechts. Die Rettungsgasse wird also immer zwischen der linken Spur und der rechten daneben gebildet, egal, ob die Straße zwei, drei oder sogar vier Spuren hat. Ein unten stehendes ADAC-Video zeigt, wie es geht.

Welche Strafen drohen bei Nichtbeachtung?

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Wer sich nicht an diese Regeln hält und dadurch Rettungseinsätze behindert und verzögert, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Wer bei stockendem Verkehr auf einer Autobahn keine Notgasse bildet, muss 200 Euro berappen. Bei Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung steigert sich der Betrag auf 240, 280 oder gar 320 Euro. Zwei Punkte in Flensburg sind in jedem Fall obligatorisch. Neu in der StVO-Novelle: Auch beim bloßen Nichtbilden der Rettungsgasse droht künftig einen Monat Fahrverbot. Wer Einsatzwagen mit Blaulicht und Einsatzhorn nicht sofort freie Bahn verschafft (auch unabhängig von einer Rettungsgasse) zahlt mindestens 240 Euro, bei Gefährdung und Sachbeschädigung 280 bzw. 320 Euro. Dazu gibt's ebenfalls zwei Punkte und einen Monat Führerscheinentzug.
Die wichtigste Änderung in der StVO betrifft Autofahrer, die eine Rettungsgasse unberechtigt nutzen, zum Beispiel um aus dem bestehenden Stau herauszukommen. Sie werden in Zukunft mit mindestens 240 Euro belangt. Dazu gibt's die bereits erwähnte Staffelung nach oben mit 280, 300 und 320 Euro sowie zwei Punkte im Fahreignungsregister – und das Auto muss ebenfalls einen Monat stehen bleiben.

Wie ist die Unfallgefahr am Stauende?

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Bei Staus gibt es immer wieder tödliche Auffahrunfälle mit Lkw. Erster Impuls vieler Autofahrer, um nicht von einem Brummifahrer übersehen zu werden: von der rechten auf die linke Spur wechseln. Das ist allerdings keine gute Idee, so eine ADAC-Sprecherin: "Das kann schnell zu gefährlichen Manövern führen." Wenn das Navi, automatische Schilder oder das Radio vor Staus warnen, sollten Autofahrer das ernst nehmen und hinter jeder Kurve mit dem Stauende rechnen. Das heißt: Tempo anpassen, auf den Sicherheitsabstand achten – und wenn das Stauende in Sicht ist, den Warnblinker einschalten und möglichst sanft abbremsen. Wer auf einen Stau zufährt, sollte immer genug Platz zum Vordermann lassen. "Dann kann man im Notfall noch reagieren und auf den Standstreifen ausweichen, falls das nachfolgende Fahrzeug nicht bremst", so der ADAC-Sprecher. Deshalb sollten Autofahrer dabei stets den Rückspiegel im Blick behalten.

Was sind Stauursachen?

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Zu viel Verkehr ist der Grund für rund zwei Drittel aller Staus auf Autobahnen. Hinzu kommen Baustellen und Unfälle. Verkehrsforscher gehen davon aus, dass zehn bis 20 Prozent aller Staus durch menschliches Fehlverhalten entstehen. Typisches Beispiel: Jemand weiß an einem Autobahnkreuz nicht so recht, wo er hin muss, verlangsamt die Fahrt schlagartig, nachfolgende Autos bremsen stark ab – und der Verkehr gerät ins Stocken.

Wie verhalte ich mich bei Stop-and-go?

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Solange der Verkehr noch langsam rollt, schwimmt man am besten mit etwa zwei Wagenlängen Abstand locker mit – also nicht abrupt Gas geben oder bremsen. Außerdem sollte man möglichst nicht anhalten oder die Spur wechseln. Beides zwingt wieder andere Autofahrer zu bremsen und verschlimmert den Stau nur.

Was gilt für das Reißverschlussverfahren?

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Endet eine Fahrspur, fädeln sich die Autofahrer per Reißverschlussverfahren in den Verkehr ein. An der Stelle, an der die Spur zu Ende ist, sollte jeder auf der weiterführenden Spur ein Auto vor sich einfädeln lassen. Das funktioniert allerdings nur, wenn Autofahrer, die sich einfädeln wollen, bis zum Ende ihrer Spur fahren.

Stillstand auch für Motorradfahrer?

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Motorradfahrer können zwar problemlos zwischen stehenden Autos langsam weiterfahren, dürfen das aber nicht. Das Durchfahren gilt als unerlaubtes Rechtsüberholen – es droht ein Bußgeld und ein Punkt in Flensburg.

Lohnt sich eine Stauumfahrung?

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Ab einer prognostizierten Staulänge von zwei bis drei Kilometern kann sich der Umweg über eine Umleitungsstrecke neben der Autobahn zeitlich rechnen. Auf die Idee, um Staus einen Bogen zu machen, kommen aber natürlich auch andere Fahrer – oder deren Navigationsgeräte.

Was passiert nach dem Stau?

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Sobald der Stauanfang erreicht und die Bahn wieder frei ist, sollten Autofahrer zügig losfahren. Wenn ein Unfall die Stauursache war, sollte man auf Gaffer vorbereitet sein: Die machen plötzlich unberechenbare Fahrmanöver, um möglichst viel mitzubekommen.

So geht's auch: Video mit vorbildlicher Rettungsgasse

Bei einem Verkehrsunfall auf der A92 nahm das THW Freising ein Video auf, bei dem die Hilfskräfte von einer mustergültigen Rettungsgasse überrascht wurden. Die Helfer posteten das Video zum Dank an die beteiligten Fahrer:
Mit Material von dpa