Der Motor stammt aus dem Audi TT

Eines vorab: Es gibt Autos, die in fast jedem korrekten Gesetzeshüter das unbändige Bedürfnis wecken, ein bisschen nachzuhaken. Der Riechert-Octavia gehört dazu. Tatsächlich wurden wir oft unter die Lupe genommen – mit immer den gleichen Fragen: "Illegale Straßenrennen?" Aber nein, damit haben wir garantiert nichts zu tun. "Führerschein und Fahrzeugpapiere?" Hier, bitte, kein Problem. "Ist alles eingetragen?" Selbstverständlich.

Wirklich verwunderlich ist die Fragerei nicht: Beim Anblick des RRS fällt uns nur ein Wort ein – overtuned. Was aber nicht als Kritik zu verstehen ist. Mit Leidenschaft und Akribie hat Riechert den Über-Skoda erschaffen. Eine gewaltige Frontschürze trägt dem erhöhten Frischluftbedarf des hochgezüchteten Aggregats Rechnung. Bestückt mit gewaltigen 19-Zöllern, scheinen die Radhäuser aus allen Nähten platzen zu wollen. Und der ausladende Heckflügel macht den letzten Rest Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen Skoda zunichte.

Stellt sich die Frage: Warum hat der Tuner eigentlich zur biedersten Marke des Volkswagen-Konzerns gegriffen? Mike Riechert, Chef des Magdeburger Veredlers, erklärt seine Wahl: "Hier im Osten ist der Octavia wegen seines günstigen Preises sehr gefragt. Wir wollten zeigen, was auf dieser Basis herauszuholen ist."

Jede Ausfahrt ein Erlebnis

Ursprünglich hat Riechert den Octavia für Rallyes aufgebaut – seine Leidenschaft. Mit den 180 Basis-PS des Octavia RS wollte sich Riechert aber nicht abgeben. Das konstruktiv ähnliche Aggregat aus dem TT sagte ihm eher zu – ebenfalls ein 1,8-Liter-Turbomotor, allerdings mit 225 PS ab Werk. Dieses Aggregat verfügt über einen steiferen Block als die kleine Ausführung – wichtig für die Standfestigkeit.

341 PS leistet der Motor nach dem Eingriff. Riechert zieht alle Register: Größerer Lader, Abgaskrümmer, überarbeitetes Ansaugsystem, riesiger Ladeluftkühler und eine Auspuffanlage mit Metallkats sind die Zutaten für 116 Extra-PS. Jede Ausfahrt mit dem Skoda gerät zum Erlebnis. Alles scheppert, kracht und schleift – dieser Skoda tobt, bebt und lebt. Beim Anfahren klackert die Sperre, im Fahrbetrieb geben die harten Uniball-Lager Laut. Sobald der Fuß vom Gas geht, pfeift das Wastegate-Ventil. Freaks fahren auf solche Lebenszeichen der Mechanik voll ab, zartbesaitete Gemüter werden wahnsinnig.

Wir wagen die Probe aufs Exempel, sind überzeugt: Was für Rallyes gut ist, kann für die Rundstrecke nicht schlecht sein. Damit liegen wir richtig. Das Drehmoment entfaltet sich mit bestechender Gleichmäßigkeit, begeistert dreht der Motor bis in den Begrenzer. Von einem wütenden Knurren untermalt, genügt die Wucht des Vortriebs höchsten Ansprüchen. Lammfromm untersteuernd, aber trotzdem blitzschnell absolviert das Auto den Parcours. Die knüppelharte Abstimmung des Gewindefahrwerks, die den Alltagsnutzen einschränkt, zahlt sich jetzt aus. Sperre hin oder her – bei so viel Kraft kämpft jeder Vorderradantrieb mit Traktionsproblemen. Die können das Auto auf seinem Weg nach ganz oben jedoch keineswegs stoppen.

Technische Daten und Fazit

Hut ab: Der Riechert-Skoda ist der schnellste je von uns gemessene Fronttriebler. Dem bisherigen Spitzenreiter, dem Ford Focus RS, nimmt er pro Runde mehr als 2,5 Sekunden ab. Auch die weiteren Messwerte sprechen eine deutliche Sprache. Null bis 100 km/h in 6,7 Sekunden sind noch nicht allzu aufregend. Erst beim 200-km/h-Sprint offenbart sich das wahre Potenzial der gelben Gefahr. 21,2 Sekunden – ein BMW M3 schüttelt diesen Octavia nur mühsam ab. Und muss ab 250 km/h sogar kapitulieren – der Tscheche schafft Tempo 273. Wir blieben trotzdem anständig: Dem Drang, den Männern in Grün einfach davonzufahren, gaben wir kein einziges Mal nach.

Fazit von Ben Arnold, Redakteur AUTO BILD test & tuning Aus Aufschwung Ost wird Vortrieb Ost: Mit seinem Skoda mischt der Magdeburger Tuner die Szene auf. Brandgefährliche Optik und hitziges Gemüt – dieser Octavia spielt in einer Liga mit den ganz Schnellen. Und das trotz Frontantrieb-Handicaps.