Rotlichtverstoß: So darf die Polizei messen
Rotlichtverstoß mit dem Handy stoppen?

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Rotlichtverstöße können teuer werden. Gemessen wird nicht nur mit Blitzern, sondern auch per Stoppuhr. Aber dürfen Polizisten dafür das Smartphone nutzen?
Zwei Punkte in Flensburg, 200 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Diese saftige Strafe zieht für Autofahrer ein sogenannter qualifizierter Rotlichtverstoß nach sich. Bei einer Gefährdung oder einem Sachschaden können es auch 320 oder 360 Euro werden (so können Sie sich gegen einen Bußgeldbescheid wehren). "Qualifizierter Rotlichtverstoß" heißt im Klartext: Dem Fahrer wird nachgewiesen, dass die Ampel mehr als eine Sekunde Rot zeigte, ehe die Vorderräder seines Wagens die Haltelinie überquerten. Andernfalls handelt es sich um einen einfachen Rotlichtverstoß (ein Punkt, mindestens 90 Euro).
Einspruch gegen Bußgeldbescheid - FAQ
Wie lege ich Einspruch ein?
Der Einspruch selbst muss schriftlich erfolgen, am besten per Brief oder Fax. Manche Behörden erkennen inzwischen auch Anfechtungen per E-Mail an. Wichtig ist es, in dem Schreiben deutlich zu machen, dass es sich um einen Einspruch handelt. Außerdem müssen das Aktenzeichen und natürlich eine Begründung für den Einspruch angegeben werden. Wichtig: Das Einspruchsschreiben sollte auf jeden Fall unterschrieben werden!
Welche Frist habe ich, um Einspruch einzulegen?
In der Regel muss der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Bußgeldbescheids eingelegt werden. Ist diese Zeit verstrichen, gibt es kaum eine Chance, noch gegen den Bescheid vorzugehen. Selbst ein Anwalt kann dann meistens nicht mehr weiterhelfen.
Welche Kosten kommen auf mich zu?
Einspruch einzulegen ist natürlich erst einmal kostenlos. Allerdings sollte man sich vorher Gedanken über die Konsequenzen machen. Geht es darum, Akteneinsicht zu erhalten, ist zwingend ein Anwalt nötig, dessen Honorar in den meisten Fällen weit über dem Bußgeld liegen wird. Das muss auch dann bezahlt werden, wenn das Verfahren nach dem Einspruch eingestellt wird. Unter Umständen übernimmt die Rechtsschutzversicherung diese Kosten ganz oder zum Teil.
Außerdem können Kosten für Gutachter oder Sachverständige hinzukommen, beispielsweise um ein Messgerät auf seine Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Die Kosten hierfür belaufen sich schnell auf 1000 Euro oder mehr. Wird der Einspruch abgelehnt, müssen diese Kosten vom Beschuldigten übernommen werden, wird das Verfahren eingestellt, übernimmt die Staatskasse diesen Anteil.
"Gezielte Beobachtungsmaßnahme" der Polizei
Festgestellt wird der Verstoß an der Lichtzeichenanlage (LZA; Behördendeutsch für Ampel) nicht nur mit stationären Überwachungsanlagen (Blitzern). Sie stehen meist einige Meter hinter der Kreuzung und nutzen Induktionsschleifen in der Fahrbahn. Doch Ampelsünder können auch anders überführt werden:
• per "zufälliger Beobachtung" von Polizeibeamten (rechtlich oft umstritten)
• durch Videokameraüberwachung oder
• mit einer "gezielten Beobachtungsmaßnahme" der Polizei. Wichtig dabei: die Länge der Gelbphase, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs und seine Entfernung zur Ampel beim Wechsel auf Rot.
• durch Videokameraüberwachung oder
• mit einer "gezielten Beobachtungsmaßnahme" der Polizei. Wichtig dabei: die Länge der Gelbphase, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs und seine Entfernung zur Ampel beim Wechsel auf Rot.
Messen mit Handy – Gericht: "Ja, aber ..."
Bei der gezielten Beobachtung misst ein Polizeibeamter mit einer Stoppuhr die Überschreitungszeit. Doch dürfen Polizisten dabei auch ihr Handy benutzen? "Ja", sagte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einem jetzt veröffentlichten Urteil (Az.: 201 ObOWi 238/19). Ein Autofahrer hatte Einspruch gegen ein vorangegangenes Amtsgerichtsurteil eingelegt. Begründung: Eine Messung mit einer nicht geeichten Stoppuhr sei nicht verwertbar. Das sah das BayObLG anders: Eine Messung per Smartphone sei grundsätzlich nicht rechtswidrig. Aber: Wegen der fehlenden Eichung müsse der Toleranzabzug höher als die üblichen 0,3 Sekunden ausfallen. Wie hoch der Abzug sein dürfe, ließ das Oberste Landesgericht offen – und verwies die Sache zurück an das Amtsgericht.
Entscheidend ist der Gefahrenbereich
Übrigens: Nicht jedes zu späte Überfahren der Haltelinie an einer Ampel ist ein Rotlichtverstoß. Wer nicht in die Kreuzung oder eine mitgesicherte Fußgängerfurt (also in den Gefahrenbereich) einfährt, sondern noch vorher anhält, begeht lediglich eine Ordnungswidrigkeit (§ 49 Abs. 3 Ziff. 4 StVO). Und: Natürlich können auch Radfahrer bei einem Rotlichtvergehen belangt werden.
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