Um den Yeti ranken sich die wildesten Gerüchte. Fabelwesen? Schneemensch? Oder doch nur eine Bärenart? Keiner weiß es. Selbst Ausnahme-Bergsteiger Reinhold Messner, der ihm in der dünnen Luft des Himalaya begegnet sein will, muss misstraut werden – aus Mangel an Sauerstoff. Halten wir uns also lieber an die Fakten. Konkret: Beim einzig real existierenden Yeti handelt es sich um ein talentiertes Kompakt-SUV aus Blech und Öl. Er gehört zur Familie der Skoda, wurde erstmals 2009 in Europa gesichtet und hat es weltweit inzwischen auf eine Population von rund 200.000 Wagen gebracht. Einen dieser kastigen Kletterer nahmen wir am 20. April 2010 im AUTO BILD-Dauertestgehege auf.
Skoda Yeti
Bissiges Turbotierchen: Hinter der Kulleraugenfront verbirgt sich ein 1,8-Liter-Turbo mit 160 PS.
Ganz ohne Pelz, dafür in aquablauem Metalliclack, dank Allradantrieb in rutschiger Umgebung auch auf allen vieren unterwegs (die Kraft wird zwischen Vorder- und Hinterachse von 96:4 bis 10:90 Prozent verteilt) und alles andere als ein scheues Wesen. Was vor allem am heißen Herzen des coolen Crossover liegt. Hinter der sympathischen Kulleraugenfront verbirgt sich nämlich ein 1,8-Liter-Turbo mit 160 PS. Und obwohl der viele Kollegen nach dem Kaltstart eher an einen Diesel erinnerte, ist das grüne Fahrtenbuch doch voll des Lobes. "Ein bissiges Turbotierchen mit homogener Leistungsabgabe über ein breites Drehzahlband", lobte Produktioner Mario Pukšec den Tschechen schon auf der ersten Dienstreise. Auch Yetis direkte Lenkung, bissige Bremsen und leichtgängige Schaltung hatten es Mario angetan. Und der Mann hat in dieser Hinsicht gewisse Ansprüche: Ein Großteil seiner Freizeit gehören einem BMW M3 und der Nordschleife.Doch das ist noch längst nicht die einzige Überraschung, die unser Yeti auf seinem Kasten hatte. Das eher uniforme Drops-Design von Tiguan & Co kontert er mit seiner unpeinlichen und sympathischen Erscheinung, jung gebliebene Eltern ködert er mit einem reizvollen Mix aus fahrdynamischem Talent und familientauglichem Raumkonzept. Oder wie es Kollege Dirk Branke niederschrieb: "Ein wunderbar agiles Auto mit einer schönen Portion Lausbubencharme." Klar, dass so ein Bursche auch mal über die Stränge schlägt. Mit den sehr kleidsamen 17-Zoll-Sommerreifen polterte der Yeti im ersten Jahr von einem Frostaufbruch zum nächsten und informierte seine Besatzung zuverlässig über die Tiefe jedes einzelnen Schlaglochs. Besserung brachte erst der Wechsel auf die weicheren Winterreifen mit 60er statt 50er-Flanke. Und das Alter – mit der Zeit schienen die Stoßdämpfer sich daran zu erinnern, dass ihre eigentliche Aufgabe im Dämpfen und nicht im Stoßen besteht.
Skoda Yeti Innenraum
Großzügiger und variabler Innenraum: Im Heck des Yeti lässt sich zur Not auch campen.
Außerdem trinkt er gern zu viel. "Unter zehn Litern läuft im Alltag wenig", notierte Autor Martin Puthz nach einem ausführlichen Streifzug durchs Hessische. Über die Gesamtdistanz von 100.000 Kilometern genehmigte sich der Yeti im Mittel sogar 11,7 Liter pro 100 Kilometer. Okay, er absolvierte viele brandeilige Dienstfahrten und war wegen seiner abnehmbaren Anhängekupplung als wendiges Zugfahrzeug gefragt, doch Maximalverbräuche über 16 Liter Super ließen auch Yeti-Enthusiasten geschockt schlucken. Auf der Habenseite verbucht Skodas SUV dafür einen großzügigen und variablen Innenraum. Die einzeln verschieb-, klapp- und ausbaubaren Fondsitze würden auch jedem Van zur Ehre gereichen, der maximal verbleibende Stauraum von 1760 Litern sowieso. Hätte der Yeti eine Dusche an Bord, hätte er bei so mancher Messe locker das überteuerte Hotelzimmer ersetzen können. Camping-Fan Axel Sülwald stellte fest: "Sitze raus, Matratze rein und ab zu Rock am Ring – den hätte ich vor 20 Jahren gern gehabt!"Begrenzte Begeisterung löste dagegen die Qualität des Interieurs aus. Herrschte noch Einigkeit darüber, dass die Rücksitze trotz der verletzlich wirkenden Verstellmechanik erfreulich solide und robust gearbeitet waren, gab es über Polster und Teppiche doch einige Klagen. "Der Teppich zieht Schmutz magisch an, gibt ihn aber nur ungern wieder her", beschwerte sich Testredakteur Daniel Gau nach einem Fototermin abseits befestigter Wege. Und auch die Stoffbezüge der Sitze wirkten gegen Testende auf viele Kollegen nicht mehr so recht ansehnlich. Daneben gab es noch ein paar kleinere Unzulänglichkeiten. Und einen echten Aufreger. In die erste Kategorie fallen einige defekte Glühlampen, sich lösende Dichtleisten zwischen Tür und Radlauf hinten sowie das Versagen von Zentralverriegelung und E-Fensterheber hinten links nach Testende im Werk.
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Video: Skoda Yeti

Mit dem Yeti durch Namibia

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Der Aufreger betrifft das in unserem Dauertest-Yeti verbaute Navigationsgerät mit dem eigentlich vielversprechenden Entdecker-Namen Amundsen. Wir können es nicht empfehlen, denn Amundsen entdeckt die Ziele aufreizend langsam, die Darstellung ist grob, der Touchscreen mit den zu kleinen Bedienfeldern reagiert träge, und Baustellen werden automatisch als Verkehrsstörung (fehl-)gedeutet. Das zieht nicht nur überflüssige Umleitungsempfehlungen nach sich, sondern auch böse Kommentare der Testfahrer. Die reichten von "Das Navi treibt einen in den Wahnsinn" bis zu "Ohne Navi ist fast besser". Dass Skodas kleines Werksnavi zudem nicht mal multitaskingfähig ist, also nicht gleichzeitig navigieren und eine CD abspielen kann, setzte der Pfadfinder-Pleite schließlich die Krone auf. Wäre da nicht die wirklich praktische Tankstellen-Funktion gewesen, die bei Erreichen der Benzinreserve automatisch die nächstgelegenen Yeti-Tränken einblendet – Amundsen wäre einfach an der Autobahn ausgesetzt worden. Auch wenn das Festeinbau-Navi mit 690 Euro günstig war, leisten mobile Geräte heute für weniger Geld deutlich mehr.
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Apropos Geld: Als Schnäppchen geht so ein Yeti schon längst nicht mehr durch. Das von uns beherbergte Topmodell 1.8 TSi 4x4 Experience startete Ende 2009 bei 28.450 Euro, mit einigen Extras lagen wir schließlich bei 32.360 Euro. Scheu oder schüchtern wie der Schneemensch ist dieser Yeti ganz sicher nicht. Nach unseren guten Dauertesterfahrungen gibt es dazu aber auch wenig Anlass. Alle Bilder zum Dauertest mit dem Skoda Yeti finden Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv.

Fazit

Zusammen mit seinem Bruder Octavia belegt der Skoda Yeti Platz 15 unserer Hitliste. Respekt! Und es wäre noch mehr drin gewesen. Hätte sich das sympathische SUV den einen oder anderen kleinen Mangel verkniffen, wäre er in die Top Ten gefahren. Wenn die Tschechen ihren Yeti also weiter pflegen und gezielt nachbessern, dürfte sein Erfolg anhalten.