Sportwagen Jungblut: Reportage, Janine Baaima, Menschen
26-jährige Autohändlerin leitet eigenes Luxus-Autohaus

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Schon als Kind schwärmte Janine Baaima von 911ern. Jetzt erfüllt sie anderen den Traum. Anfang 2022 hat sie einen renommierten Sportwagenhändler übernommen!
Bild: Holger Karkheck
Andere Mädchen verbringen ihre Wochenenden auf dem Ponyhof. Janine Baaima fuhr mit ihrem Vater sonntags lieber Pferdestärken angucken – zum Schautag ins Autohaus. Eigentlich ja eher ein Vater-Sohn-Ding. "Aber ich hatte schon immer eine Affinität zu Autos und insbesondere zu Porsche", sagt die 26-Jährige.
Seit ein paar Monaten leitet sie nun ihr eigenes Autohaus. In der Fahrzeughalle im Nordosten von Hamburg ducken sich PS-starke Karossen und warten auf finanzstarke Kunden. Ein Ferrari Portofino M für 348.900 Euro, ein Maserati MC20 für 294.500 Euro – aber vor allem: Porsche. Keine Allerweltsware, sondern außergewöhnliche Modelle, die es nicht an jeder Ecke gibt.

Das 2017 erbaute Gebrauchtwagen-Autohaus in Hamburg.
Bild: Holger Karkheck
Mit Janine Baaima ist es wie mit den Fahrzeugen, die sie verkauft: Von auf 100 ging es im Sauseschritt. Nach dem Abitur begann sie 2016 ihre Ausbildung zur Automobilkauffrau bei einem Hamburger Audi-Händler. "Dass ich beruflich etwas mit Autos machen würde, war schon sehr früh klar." Zwar habe sie auch mit Puppen gespielt, aber lieber mit der Carrera-Bahn ihres Bruders.
Eine Frau in der klassischen Männerwelt
Die Ausbildung als Frau in der klassischen Männerwelt sei nicht immer leicht gewesen, sagt sie, habe manchmal einem Haifischbecken geglichen. "Natürlich gab es da auch mal einen Spruch. Aber ich bin schlagfertig und konnte bereits in den ersten Wochen mit meinem Verkaufstalent überzeugen."
Nach der Ausbildung kam Janine 2019 zu Jungblut Sportwagen. Der Händler hat im Norden einen großen Namen, Willy Jungblut verkauft seit 1985 als freier Händler Porsche und ist auch regelmäßig selbst auf der Rennstrecke unterwegs.

Im Obergeschoss stehen Klassiker wie dieses Porsche 356 Cabrio.
Bild: Holger Karkheck
"Ich habe als Assistentin von Herrn Jungblut angefangen", sagt Janine Baaima. Die beiden kannten sich, schon als Schülerin hatte sie hier einen Mini-Job. Während ihre Mitschüler im Supermarkt Dosensuppen ins Regal packten, kümmerte sie sich lieber ums edlere Blech.
Bislang größter Deal: ein 918 Spyder
Aus dem 450-Euro-Job ist inzwischen ein Millionen-Euro-Job geworden. Zumindest, was die Preise der Autos angeht. Janines bislang größter Deal: ein 918 Spyder für 1,2 Millionen Euro.
Irgendwann war klar, dass ihr Mentor aufhören würde. Er fragte seine talentierte Mitarbeiterin, ob sie sich vorstellen könne, das Geschäft fortzuführen. Ein Jahr lang überlegte Janine, manchmal hatte sie schlaflose Nächte.

Nur einer von vielen Traumwagen im Angebot: der Porsche 911 GT3 Touring, 1500 km, 254.900 Euro.
Bild: Holger Karkheck
Anfang 2022 wagte sie den Schritt. Offizieller Geschäftsführer ist zwar noch ihr Vater, ein Unternehmensberater. Aber der hält sich ansonsten raus, das operative Geschäft führt seine Tochter. Auch die Mutter ist mit an Bord – kurioserweise als Janines Assistentin. Insgesamt gehören fünf Mitarbeiter zum Betrieb. Rund 120 Fahrzeuge verkauft das Team pro Jahr.
Los geht es in der Fahrzeughalle bei etwa 60.000 Euro, aber so was "Niedrigpreisiges" findet sich eher selten. "Der Durchschnitt liegt sicherlich bei 100.000 Euro."
Manche kaufen ihren ersten Porsche mit 70 Jahren
Während das Geschäft heute überwiegend in weiblicher Hand ist, sieht das bei den Kunden ganz anders aus. "Der Frauenanteil ist bei unter einem Prozent", sagt Janine Baaima.

"Der Frauenanteil unter den Kunden liegt bei unter einem Prozent", erklärt Janine Baaima. "Solche Autos gelten immer noch als Männerspielzeug."
Bild: Holger Karkheck
Woran das liege? "Weil solche Autos wohl immer noch eher ein Männerspielzeug sind. Die Frauen kommen meist nur zum Abholen mit." Sie persönlich könne das ja nicht verstehen, sagt sie und schmunzelt.
Ihre Kundschaft? "Ärzte, Anwälte, Fußballer, aber auch ganz normale Kunden." Manche haben geerbt, andere ihr Leben lang auf einen Porsche gespart und kaufen ihren ersten Porsche mit 70 Jahren.
Janine Baaimas erstes Auto war ein Mini
"Ich habe auch schon einen GT3 an einen 25-Jährigen verkauft", sagt Janine Baaima. Bar bezahlt. Klar, so einen Porsche 911 GT3 Touring könnte man auch finanzieren. Aber bei den meisten bleibt nach 2759 Euro Monatsrate dann vielleicht nicht mehr genug für die Miete.

Teuerstes Auto aktuell: ein Ferrari 812 GTS mit 799 PS für 600.000 Euro.
Bild: Holger Karkheck
Janines erstes eigenes Auto war ein Mini Cooper, den gab's zum 18. Geburtstag, den Führerschein hatte sie da schon. Inzwischen fährt sie einen schwarzen Macan.
Natürlich habe sie sich Gedanken gemacht, wie es mit der Autobranche weitergeht. Und ob es eine gute Idee ist, jetzt noch auf das Pferd mit den Pferdestärken zu setzen. "Aber ich bin mir sicher, dass der Porsche-Handel eine gute Zukunft hat, denn Porsche wird immer gute Sportwagen bauen", sagt Janine Baaima.
Vorerst hat sie noch einen Trumpf im Backoffice, wenn man so will. Dort sitzt weiterhin Willy Jungblut, inzwischen 65 Jahre alt. Er ist noch an Bord geblieben, um seiner Nachfolgerin einen soliden Übergang zu ermöglichen.
In einer Hinsicht ist Janine Baaima übrigens dann doch ganz typisch Frau. "Schuhe und Handtaschen finde ich natürlich auch toll", sagt sie und lacht.
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