Ein neues 3er-Coupé ist immer ein Erlebnis. Besonders spannend wird es, wenn zwei Turbos drinstecken. Ein Vergleich mit dem CLK.
Technische Daten, Garantien, Vmax
"Mercedes zieht an BMW vorbei", jubelte vergangene Woche das "Handelsblatt". Bravo. Die Stuttgarter verkauften im Juli 6000 Autos mehr als der Münchner Erzrivale. Es sieht also gut aus für Mercedes. Unter Konzernchef Dieter Zetsche scheint die Trendwende näher zu rücken. Doch der Stern sollte sich nicht zu früh freuen. Denn BMW holt jetzt einen spitzen Pfeil aus dem Köcher, der voll in die imageprägende Coupé-Nische zielt. Mit dem neuen 335i nehmen die Bayern den edlen CLK 350 ins Visier. Beides elegante Zweitürer. Beide mit starken Sechszylindern. Beide sauteuer. Ein Schlagabtausch auf hohem Niveau. Wer siegt im ewigen Prestigeduell?
BMWs Taktik ist eine Zwei-Fronten-Offensive. Zum einen präsentieren die Bayern mit dem 335i die neue Coupéform des 3ers. Andererseits bietet er einen frischen Reihensechszylinder mit Bi-Turbo. Und der macht mächtig Dampf. Knapp über Leerlaufdrehzahl packt der Dreiliter kräftig zu und schiebt und schiebt und schiebt ... Wahnsinn, der Vortrieb endet nicht turbotypisch bei 5000 Touren, dieser Motor orgelt munter weiter. Selbst bis zur Drehzahlgrenze von 7000/min legt er immer weiter zu. Ein absolutes Sahne-Triebwerk. Mit seiner ungehemmten Leistungsentfaltung ist er dem M3 näher als dem 330i. 306 PS und ein von 1300 bis 5000/min gespreiztes Drehmomenthoch von 400 Newtonmetern schaffen ein Fahrerlebnis, das sonst Achtzylinder bieten.
Selbst bei Tempo 220 legt er noch kräftig zu. Da wirkt die etwas hochgegriffene Bezeichnung 335i (er hat ja nur drei Liter Hubraum) sogar noch untertrieben. 340i wäre durchaus angemessen. Mit einem V8 kann er sogar beim Sound mithalten. Der doppelt aufgeladene Reihenmotor verbreitet ein Gänsehaut-Geräusch: kernig, rauchig, giftig. Lob auch für die Verpackung. Geduckt liegt das Coupé auf der Straße. Da erinnert nichts an die Hängebauch-Optik des 1er oder Z4. Besonders die Heckpartie unterscheidet sich wohltuend vom viertürigen 3er. Die feinen Leuchten strahlen mehr Ruhe aus. Seine Rückfahrscheinwerfer sind besser integriert als bei der Limousine und ziehen den optischen Schwerpunkt tiefer.
Vorn sind es die mit Tagfahrlicht beleuchteten Corona-Ringe, die dem 335i die BMW-eigene Aggressivität ins Gesicht zaubern. Xenon-Scheinwerfer gibt es ohne Aufpreis. Mit einem Stauvolumen von 430 Litern sowie erstaunlich gutem Platzangebot auf den Rücksitzen ist das Coupé voll reisetauglich – auch für vier Personen. Allerdings müssen die sich mit dem straffen Abrollkomfort abfinden. Selbst auf guter Oberfläche reagiert das serienmäßige Sportfahrwerk – speziell bei langsamer Fahrt – nervös auf Unebenheiten. Eine Unart, die bei steigendem Tempo zum Glück abnimmt. Dass der BMW zum Schnellfahren gebaut wird, beweist auch die exzellente Sechsstufen-Automatik.
Das überarbeitete Getriebe wechselt jetzt die Stufen in nur 0,1 Sekunden und ab 80 km/h sogar völlig ohne Wandlerschlupf. So direkt, willig und blitzschnell schaffen das sonst nur die Direktschaltgetriebe (DSG) von VW/Audi oder aber die erheblich unkomfortableren SMG-Versionen der BMW M-Modelle. Zwar gibt es für Handarbeiter ein Sechsgangschaltgetriebe, aber außer 2100 Euro Ersparnis bietet es keine Vorzüge. Beim Stadtverbrauch soll der Handschalter laut BMW sogar 0,5 Liter durstiger sein als das Automatik-Modell.
Fahrleistungen, Fazit und Ihre Meinung
Mit derartigen Fragen braucht sich der Interessent eines Mercedes CLK nicht zu quälen. Den 350er gibt es ausschließlich mit Siebenstufen-Automat. Der wirkt drehzahl- und damit verbrauchssenkend, doch die Schaltvorgänge sind träger als im BMW. Zudem beeinträchtigt die zusätzliche Fahrstufe die Dynamik. Komfort hat beim Mercedes Vorfahrt. Und der Stil. Anders als BMW verzichtet Mercedes auf die B-Säule. Auch die hinteren Seitenscheiben sind versenkbar. Das kann der BMW nicht. Der Mercedes richtet sich eher an den Genießer, der die Laufruhe des Sechszylinders schätzt. Sich mit dem 335i auf Spurt-Rennen einzulassen, wäre auch sinnlos.
Erst bei 4000/min kommt der V-Motor zur Sache, klingt beim Ausdrehen der Gänge arg angestrengt und von null auf 200 km/h verliert er fast sechs Sekunden auf den BMW – eine Welt. Der CLK vertritt eben eine andere Philosophie. Die Sitze sind breit und gemütlich, bieten bei schneller Kurvenfahrt aber wenig Seitenhalt. Sein großes Lenkrad arbeitet indirekter und macht ihn nicht so zappelig wie den BMW. Die Geräuschkulisse ist vornehm, der Reisekomfort hoch. Stimmig sind deshalb auch Extras wie die automatisch öffnende Heckklappe (534 Euro). Für den BMW ist so etwas überhaupt nicht erhältlich. Dort, wo sich der 335i per Gasstoß zum Übersteuern animieren lässt, schiebt der CLK über die Vorderräder. Er ist weicher, Unebenheiten bringen ihn weniger aus der Ruhe. Stets wirkt sein Fahrverhalten gelassener.
Der Philosophie-Unterschied reicht bis zum Druckpunkt der Bremse. Er ist weniger klar definiert. Im Mercedes setzt die Verzögerung darum nicht so heftig ein wie im BMW. Gewiss: Der CLK 350 ist ein kräftiges Coupé. Doch im Vergleich mit dem 335i verblasst sein Antrieb. Obwohl er mehr Hubraum hat, kann er nie mithalten. Das gilt auch für den Verbrauch und erst recht beim Preis. Wenn es also um Fahrspaß geht, ist in diesem Vergleich das Ergebnis sehr eindeutig: BMW zieht an Mercedes vorbei. Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan: 1997 hat Mercedes seinen Reihensechszylinder-Benziner durch V-Motoren ersetzt. Ein Fehler? Dieser Schluss drängt sich auf, wenn man das neue BMW Coupé fährt. Ein wundervolles Triebwerk. Für mich ist es die Motor-Neuerscheinung des Jahres. So kultiviert, kraftvoll und mit kernigem Sound dreht sonst nur das M3-Aggregat oder ein Porsche-Boxer. Da kann Mercedes nicht mithalten. Wollen sie wohl auch nicht. Denn der CLK ist konsequent als komfortabler Gleiter angelegt.