Test BMW 530d GT
GT – der fette Fünfer

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Es gibt Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat – jetzt sogar auf vier Rädern. Ein Auto das Zweifel an Sinn und Zweck weckt, ist der BMW 5er GT. AUTO BILD hat den gattungslosen Bayern als 530d unter die Lupe genommen.
Für Biologen ist die Entdeckung einer neuen Spezies eine Sensation. Wer ein unbekanntes Lebewesen aufspürt, wird gefeiert. Auch bei BMW grassiert das Forschungsfieber. Gäbe es einen Nobelpreis für ungewöhnliche Modellkreationen, die Münchner hätten ihn verdient: erst der X1 als Vorreiter der "Fast-SUV-Halb-Kombi-Wesen", nun ein auffälliges Blechgeschöpf mit Geltungsdrang. Name: 5er GT. Gattung: Limousinen. Unterart: Mutant aus 5er Touring, 7er und X6. Da wundert es nicht, dass die BMW-Werbung den Neuen mit einem Buckelwal vergleicht. Auf der Straße – zwischen Polo, Astra und Co. – wirkt er tatsächlich wie ein Wal im Forellenteich. Die sind zwar sympathisch, aber fahren würde man lieber einen Delfin, oder? Optisch verliert der GT die BMW-typische Kompaktheit, wandelt zwischen Autorität und Protz wie der wuchtige X6. Innen fühlt er sich an wie ein zu großer Anzug.
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Prägend für seinen Auftritt ist vor allem der imposante Po mit zweiteiliger Heckklappe: große Luke für Kinderkarre, kleiner Deckel fürs Handgepäck. Klingt gut, ist aber nicht neu. Der Skoda Superb hat die "Twindoor" schon seit mehr als einem Jahr. Und mal ehrlich: Brauchen tut sie keiner. Hat man erst verinnerlicht, welcher Knopf am Heck und der Fernbedienung welche Klappe öffnet, wird die große Lösung Routine. Es ist einfacher, Ladegut von oben zu verstauen, als durch den schmalen Schacht zu fädeln. Zumal die große Haube elektrisch öffnet und schließt (690 Euro). Die Kofferraumgröße des Gran Turismo enttäuscht. Mit minimal 440 Litern schluckt er einen Koffer weniger als die Limousine (520 Liter). Die Fondsitze lassen sich zehn Zentimeter nach vorn schieben, die Lehnen mehrstufig justieren und die Kofferraum-Trennwand entriegeln. Nur: Passagiere sitzen nun vorwärtsgebeugt wie bei einer Flugzeug-Notlandung, ohne dass der gewonnene Platz sinnvoll nutzbar wird. Was soll das also? Erst mit umgelegten Lehnen schafft der GT 1700 Liter – nur unwesentlich mehr, als der 5er Touring an Bord nimmt (1650 Liter). Heißt: Für seinen Kofferraum wird der GT nicht gekauft werden, BMW hat die Variabilität nicht neu erfunden.
Dank Wankausgleich liegt das Dickschiff wie ein Brett auf der Straße

Denn selbst im Sport-Modus rollt der GT noch angenehm ab. Die luftgefederte Hinterachse gehört zur Serie. Wer 19- oder gar 21-Zoll-Optionsräder bestellt, muss bei langsamer Fahrt dennoch mit Karosseriezittern leben. Okay, darüber kann man hinwegsehen. Weniger allerdings über den mäßigen Geradeauslauf. Der 5er GT mit Aktivlenkung und Runflat-Reifen fordert auf der Autobahn ständige Kurskorrekturen – für ein mindestens 55.200 Euro teures Auto eine fragwürdige Eigenheit. Am Ende bleibt Skepsis. Technisch ein Traumschiff. Fast alles, was geht, hat BMW hier reingepackt. Trotzdem könnte der GT auf der roten Liste bedrohter Arten landen, noch bevor er sich richtig ausgebreitet hat.
Mehr Details zum neuen BMW 5er GT gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen finden Sie als Download im Heftarchiv.
Mehr Details zum neuen BMW 5er GT gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen finden Sie als Download im Heftarchiv.
Fazit
BMW erfindet gerade neue Wagenklassen, will dabei seinen Markenwert Sportlichkeit aber nicht verlieren. Beim GT klappt dieser Spagat nur bedingt. Für den typischen Fahrfreude-Fanatiker ist er zu groß und schwer, für Limousinen-Käufer optisch zu ausgefallen. Trotzdem überzeugt der BMW-Brocken mit unerwarteter, großartiger Dynamik, doch erwartet die wirklich jemand? Für ein teures Luxus-Schiff ist derart hochgezüchtete Agilität so fehl am Platz wie ein Trainingsanzug in der Oper. Die Stärken des 5er GT sind Reisekomfort, repräsentativer Auftritt und faszinierende Technik. Bleibt die Frage, was dieser GT eigentlich ist: genialer Mix oder großes Missverständnis?
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