Obwohl diese Testkonstellation nach einem klassischen Dreiervergleich aussieht, sind es eigentlich zwei Doppeltests. Die Fragen: Wie schlägt sich der um 54 auf 360 PS leistungsgesteigerte BMW-Biturbo-Reihensechszylinder gegen den V8-Saugmotor des BMW M3? Und wie nah kommt der betont sportlich auftretende, brandneue Mercedes C 63 AMG dem M3? Zunächst der erste Augenschein, der Erstaunliches vermeldet: verkehrte Welt. Denn egal aus welcher Perspektive man die drei betrachtet: Während der Alpina bis auf den markanten Heckspoiler recht dezent auftritt, lassen es M3 und C63 richtig krachen. Der BMW gibt mit seiner fast furchteinflößenden Motorhaube samt mächtig angeschwollenem Powerdome und den beiden großen Lufteinlässen, den drei schlundartigen Öffnungen unterhalb des Kühlergrills, den markant ausgestellten Radhäusern und der kräftigen Heckpartie den bajuwarischen Kraftmeier.

Beim Alpina B3  ist optisches Understatement Trumpf

Alpina B3
Eher dezent: Optisch übt sich der Alpina B3 in Understatement.
Nicht minder eindrucksvoll setzt sich der C 63 in Szene: Mit seinen beiden Powerdomes, die links und rechts die Motorhaube leicht wölben, den auffällig ausgestellten Radhäusern, der athletisch geformten Frontschürze und dem schwarz abgesetzten Heckdiffusor bekennt auch der Schwabe klar Farbe. Die beiden lassen keinen Zweifel aufkommen: Man zeigt gern her, was man unter der Haube hat. Der Alpina B3, hier in Form der neuen Limousine am Start, ist da aus etwas anderem Holz geschnitzt. Abgesehen von der sportiven Gitteroptik der Frontschürze mit silbernen Zierstreifen und Alpina-Schriftzug sowie der spoilerbewehrten Heckpartie tritt der B3 mit Alpina-typischem Understatement auf. Eine angenehme Erscheinung. Bevor wir dem natürlichen Bewegungsdrang der drei Boliden freien Lauf lassen, ein Blick in die Innenräume. Die bequemen, am wenigsten zupackenden Ledersitze des Alpina B3 versprechen hohen Langstreckenkomfort. Mit der Verwendung edlen, eleganten Holzes unterstreicht Alpina, dass man sich auch hier mit auffälligen sportlichen Attributen eher zurückhält. Eine Zurückhaltung, die man auch dem Innenraum des BMW M3 attestieren kann, doch wünscht man sich hier etwas mehr sportliches Charisma.

Im Innenraum zeigt sich der M3 etwas zu nüchtern

BMW M3
Außen hui, innen eher nüchtern – aber die Performance des BMW M3 überzeugt auf ganzer Linie.
Allzu nüchtern wirken die Armaturen; ergonomisch ist das Cockpit zwar ohne Tadel, aber eben ein klein wenig langweilig. Daran ändert auch das Leder in Karbonoptik an der Unterseite des Armaturenträgers nicht viel. Mit den sehr guten BMW-Sitzen kann man auf der Langstrecke prima leben, auf dem Rundkurs bieten sie besseren Seitenhalt als die Alpina-Polster. Wer sich in die Mercedes-Sitze einfädelt, wird staunen: perfekter Seitenhalt, der sich per aufblasbarer Wangen noch individuell regulieren lässt, eine nicht zu harte Sitzauflage für angenehmen Sitzkomfort auf der Langstrecke – ein besserer Sportsitz mit vernünftigen Komforteigenschaften ist bei Mercedes AMG derzeit nicht zu finden, und auch im Vergleich mit den beiden Kontrahenten kommt das Gestühl des C63 am besten weg. Mit der Verwendung von Aluteilen, dem AMG-Kombiinstrument, das Tachometer, Drehzahlmesser sowie Wassertemperatur und Tankanzeige in hübsche Tuben steckt, zeigt der AMG mehr sportive Optik als die Konkurrenz. Das effektvoll unten abgeflachte Lederlenkrad sieht sportlich aus. Ob es in einem Straßensportwagen sinnvoll ist, mit dem man beim Rangieren oder auch Driften mal schnell umgreifen muss – Geschmacksache. Puristen finden möglicherweise die geniale Haptik der schlichten runden Form nicht verbesserbar.
Starten wir die Motoren. Das klappt im Mercedes mit einem Dreh des Zündschlüssels. Alpina und M3 verfügen über modische Start-/Stopp-Tasten, die nur dann ohne zusätzliches Einstecken des Schlüssels betätigt werden können, wenn man für 600 Euro den "Komfortzugang" geordert hat. Schon clever. Der Sechszylinder des Alpina, der durch den Einsatz von Mahle-Kolben, einer Steigerung des Ladedrucks auf 1,1 Bar und Modifikationen am Kennfeld auf 360 PS erstarkt ist, erwacht mit dunklem Grollen. Die Drehfreude des Dreiliter-Basismotors aus dem 335i kommt hier noch bissiger rüber, minimal größer ist die turbobedingte Verzögerung bis zum Aufbau des höheren Ladedrucks – von einem Loch zu reden, wäre vermessen. Souverän und gelassen schiebt der Biturbo unermüdlich an, die auch manuell per Gumminippel schaltbare Switchtronic arbeitet sehr schnell und ohne Rucke, die Laufruhe des Motors ist exzellent. Dass er gegen den M3 bei den Fahrleistungen das Nachsehen hat, ist bei einem Leistungsunterschied von 60 PS klar. Dass sich die Unterschiede bis 160 km/h im Bereich von ein paar Zehnteln bewegen, erstaunt dagegen. Wie sich auch der Fahrer eines bei 250 abgeregelten M3 darüber ärgern dürfte, dass der Alpina bei diesem Tempo vorbeizieht und noch Luft hat bis 285 km/h. Die Mühelosigkeit des 420-PS-V8 im M3 und das vor allem im scharfen M-Modus blitzartige Ansprechverhalten machen dennoch mehr an. Dieser reinrassige Sportmotor will immer nur mehr, der Fahrer kann sich dem Sog nicht entziehen. Untermalt wird die sämige Kraftentfaltung von einem sauberen Akkord, der mit steigender Drehzahl immer frecher wird – ein Genuss.

Der C 63 AMG reißt mit 457 Pferdchen brachial an

Mercedes-Benz C 63 AMG
Wirbelwind: Die Fahrleistungen des C 63 AMG sind furios.
Im C 63 sorgt AMGs Allzweckwaffe mit 6,2 Liter Hubraum und 457 PS für furiose Fahrleistungen, mit denen er den M3 umso mehr in die Schranken weist, je höher das Tempo wird. In Verbindung mit der auf höchstem Niveau agierenden Siebenstufenautomatik reißt der Wonneproppen derart brachial an, dass das ESP aus dem Regeln nicht mehr herauskommt. Untermalt wird diese eindrucksvolle Vorstellung von einem bassig-donnernden Klangteppich, der im oberen Drehzahlbereich in ein aggressiv-metallisches Hämmern übergeht. Unter dem Strich bleibt dennoch das zwiespältige Bild eines mit Steroiden bis Oberkante Unterlippe vollgepumpten Zuchtbullen, der vor Kraft kaum laufen kann. Und auch bei den Trinksitten wenig Zurückhaltung übt: 16,5 Liter Super Plus im Schnitt sind happig, die Konkurrenz geht etwas sparsamer mit dem Sprit um. Dass Mercedes AMG aber nicht nur kraftstrotzende Motoren bauen kann, sondern seit einiger Zeit auch in Sachen Kurvendynamik viel tut, zeigt einmal mehr der C63 AMG. Das überraschend straffe Fahrwerk ist nicht vorwiegend für schnelle Autobahnpassagen abgeschmeckt, sondern erstaunlich kompromisslos und rundstreckentauglich. Dazu passt die sehr präzise und direkte, allerdings etwas gefühllose Lenkung. Hier gebührt dem M3 die Krone, der dem Fahrer mehr Gefühl vermittelt, leichtfüßiger ums Eck wedelt und sogar etwas geschmeidiger auf Querfugen anspricht, die der Benz vor allem bei langsamer Fahrt recht ungerührt nach innen durchstellt.
Ein weiterer Malus des bulligen Benz ist seine Bremse, die ihrer Aufgabe zwar kräftig zupackend nachkommt, aber kaum vernünftig zu dosieren ist. Im Alltag weniger von Bedeutung, aber auf der Rennstrecke extrem wichtig. Der Alpina zieht sich bei derartigen Betrachtungen aus der Schusslinie, weil er gar nicht vorgibt, eine kompromisslose Rennschüssel zu sein. Obwohl auch sehr straff ausgelegt, lässt er mehr Karosseriebewegungen zu, schwingt bei Querfugen etwas nach, bietet eine zwar ebenfalls präzise, aber indirektere Lenkung und gibt in diesem Trio eher den Gentleman-Driver im Trainingsanzug als den Racer im Renndress. Überzeugen kann der schnelle B3 vor allem auf Autobahn und kurvenreicher Landstraße, lässt sich aber auch mit Freuden über die Nordschleife prügeln.