Test Mercedes GLK 320 CDI
Ein Typ mit Ecken und Kanten

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Ab Oktober 2008 mischt auch Mercedes bei den beliebten Kompakt-SUV mit. Mit dem rustikalen GLK befahren die Schwaben aber erfreulich eigenständige Wege: Nicht nur optisch scheint sich das SUV jedem Zusatz eines Weichspülers verweigert zu haben.
Wir leben im Zeitalter der Stromlinienform. Wo früher Nikita Chruschtschow mit dem Schuh aufs Rednerpult hämmerte, geben heute blasse Jasager hohle Polit-Phrasen von sich. Wo Männer noch unrasierte Kerle waren, benutzen sie heute einen Kajalstift. Und wo Autos noch was darstellten, verpasst ihnen der Windkanal heute ein glattes Einheitsgesicht. Typen mit Ecken und Kanten? Nein, danke. Doch zumindest auf der Straße könnte sich daran ab Oktober etwas ändern. Dann rollt der neue Mercedes GLK zu den Händlern. Und das kompakte SUV aus Schwaben scheint sich nicht nur optisch jedem Zusatz eines Weichspülers verweigert zu haben. Das ungewöhnlich kantig und selbstbewusst als kleiner Bruder des mächtigen GL-Modells auftretende Kompakt-SUV zeigt sich nämlich auch abseits befestigter Straßen talentiert. Auf Knopfdruck schleicht der GLK mit konstant vier bis 18 km/h auch noch so steile Berge runter, um auf der anderen Seite dank speziellem Geländemodus und schlauer Elektronik ebenso problemlos wieder raufzukraxeln.
Der GLK sieht robust aus – und ist es auch
Innen erfährt der Fahrer davon verhältnismäßig wenig. Das Cockpit sieht aus wie der begradigte Arbeitsplatz einer C-Klasse und bietet den gleichen hohen Bedienkomfort. Die Sitze sind ordentlich, und die in der Mittelklasse-Limousine als zu einfach empfundenen Kunststoffe passen durchaus zum rustikalen Charakter eines SUV. Viel wichtiger indes ist die enorme Steifigkeit der Karosserie. Schon auf der ersten Klettertour zeigt der GLK-Brocken, dass er sich durch nichts aushebeln lässt: keine spürbaren Verwindungen der Karosserie, nicht mal ein Ächzen – Respekt! Und wahrscheinlich eine Erklärung für die doch üppigen 1880 Kilogramm Leergewicht. Zwischen Baumstämmen und Felsbrocken freuen wir uns zudem an der übersichtlichen Karosserie und dem guten Handling – das wird dem GLK später im Stadtgewühl und beim Parken sicher Pluspunkte einbringen. Ebenso das ausgewogene Fahrwerk mit flexibler Dämpferkennung. Obwohl hier eine gewisse Vorsicht gelten muss. Denn wer wie Frau Cattrell alias Samantha von "Sex and the City" womöglich das Sport-Paket wählt, bekommt auch Sport. Im Klartext: Kürzere Federn, straffere Dämpfer und stärkere Stabis machen den Wagen nicht nur 20 Millimeter flacher, sondern sicher auch härter. Hart im Nehmen müssen Käufer vor allem beim Bezahlen sein. Unser kraftvoll-kultivierter 320 CDI kostet ab Oktober dieses Jahres mal eben 46.053 Euro, der 220 CDI Blue Efficiency startet ein halbes Jahr später mit 40.341 Euro. Stolze Preise, auch wenn alle GLK mit Siebenstufen-Automatik und gut ausgestattet vorfahren. Getrennt regelbare Klimaautomatik, Tempomat sowie elektrische Höhen- und Lehnenverstellung für die Vordersitze kosten keinen Cent extra. Zumindest an dieser Stelle fährt der kantige Kraxler dann doch eindeutig Schmusekurs.
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Gerald Czajka
Natürlich kann Mercedes das Kompakt-SUV nicht neu erfinden. Die Stuttgarter bereichern die Szene aber auf ihre Art. Der kleine Bruder des GL setzt schon optisch erfrischende Akzente, bricht mutig und wohltuend fürs Auge mit dem rundgelutschten Einheitsdesign. Dazu kommen noch ein ordentliches Maß an Komfort und beeindruckende Fähigkeiten im Gelände – die die meisten aber sicherlich kaum nutzen werden. Trotzdem: Diesem Charakterkopf werden wir ab Oktober wohl öfter begegnen.
Der GLK im Gelände
Seinen Konkurrenten hat der GLK den echten permanenten Allradantrieb mit Zentraldifferenzial voraus. Viel Arbeit haben die Techniker zudem in die Abstimmung des elektronischen Schlupfregelsystems investiert, das die Kraft bemerkenswert sanft, ruckarm und dabei effektiv den jeweils gut greifenden Rädern zuleitet. So klettert der GLK erstaunlich gut weiter, wenn die kurzen Federwege am Ende sind und der Wagen Beinchen hebt. Hier kann ihm auch der bisherige Offroad-Klassenprimus Land nicht das Wasser reichen. Unterdurchschnittlich ist hingegen die Bodenfreiheit von 187 bis 201 Millimeter.
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