Erster. Als Toyota Ende 1996 den Prius+ auf den Markt brachte, war weit und breit kein Konkurrent für das Hybridauto mit Benzin- und Elektromotor in Sicht. Seitdem haben die Japaner über 2,3 Millionen Prius weltweit verkauft und – was noch wichtiger ist – ein Auto geschaffen, das wie kaum ein zweites Symbol für ökologisch einwandfreie Fortbewegung ist. Dem ganz großen Erfolg stand allerdings im Weg, dass der Toyota wegen seiner komplizierten Technik zu wenig Platz im Innenraum bietet. Das soll sich mit dem Prius+ ändern. Er ist 15,5 Zentimeter länger und 8,5 höher als die Basis – das soll reichen, um bis zu sieben Personen plus Gepäck bequem unterzubringen. Damit wagt sich Toyota in eine Klasse, die vor 15 Jahren von Renault erfunden wurde – und die sich in Deutschland großer Beliebtheit erfreut. In den ersten acht Monaten des Jahres hatten die Minivans einen Zulassungsanteil von immerhin 12,2 Prozent.
Toyota Prius+
In der zweiten Reihe ist der Toyota wegen der größeren Innenbreite bequemer als der Renault.
Um bei dem wichtigsten Kriterium für ein Familienauto, dem Platzangebot, gegenüber dem Renault nicht ins Hintertreffen zu geraten, überarbeitete Toyota den Hybridantrieb des Prius. Erstmals kommt eine moderne Lithium-Ionen-Batterie zum Einsatz, die nicht platzraubend im Heck untergebracht werden muss, sondern sich unter der Mittelkonsole zwischen Fahrer und Beifahrer klein macht. So bietet der Prius+ auch groß gewachsenen Passagieren ein ähnlich gutes Raumgefühl wie der Renault – obwohl er eine Handbreit flacher ist. Das erstaunt vor allem, weil der Prius+ serienmäßig mit einem Panoramadach ausgestattet ist, das normalerweise Kopffreiheit kostet. In der zweiten Reihe ist der Toyota wegen der größeren Innenbreite indes sogar bequemer. Nur sein flacher Kofferraum steckt längst nicht das weg, was in das 2063 Liter große Gepäckabteil des siebensitzigen Grand Scénic passt.
Bei der Gestaltung des Cockpits waren sich die Innenraumdesigner einig: Beide Kontrahenten erinnern mit ihren digitalen Zentralinstrumenten an die Kommandobrücke des Raumschiffs Enterprise. Die Bedienung leidet unter der futuristischen Gestaltung, die Ergonomie ist mit verschachtelter Menüführung und verstreuten Schaltern hier wie dort nicht der Weisheit letzter Schluss. Immerhin reagierte Toyota auf die Kritik beim Prius und wertete das harte, oft knisternde Kunststoffcockpit mit weichen Flächen auf. Das wirkt schon jetzt ordentlich – auch wenn der Testwagen noch aus der japanischen Vorserie stammt und deswegen als Rechtslenker auf den Fotos zu sehen ist.
Trotzdem wirkt der Renault mit den genarbten Kunststoffen, Schaltern mit Metallrahmen sowie Klavierlack-Einlagen deutlich hochwertiger. Während der Grand Scénic mit jeweils drei Benzin- und Dieselmotoren angeboten wird, ist der Toyota nur mit dem aus dem Prius übernommenen Hybridantrieb mit 136 PS Systemleistung erhältlich, der serienmäßig an eine stufenlose Automatik gekoppelt ist. Toyota verspricht, dass der Prius Plus die 100 Gramm CO2 pro Kilometer unterbietet – macht 4,3 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Hier kann der Renault mit seinem konventionellen 140-PS-Benziner und ebenfalls stufenloser Automatik nicht mithalten: Der Zweiliter verbraucht trotz ähnlicher Fahrleistungen mit 8,1 Litern fast doppelt so viel.
Renault Grand Scénic Dynamique 2.0 16V 140 CVT Toyota Prius+
Nach AUTO BILD-Schätzung wird der Prius+ rund 29.500 Euro kosten. Den Grand Scénic gibt's ab 24.500 Euro.
Auch wenn die Erfahrung mit dem normalen Prius zeigt, dass es einen ultraleichten Gasfuß braucht, um in die Nähe der versprochenen Werte zu kommen: Der Verbrauch des Prius Plus ist in der Klasse der kompakten Vans eine kleine Revolution. Selbst ein VW Touran mit sparsamem 140-PS-TDI braucht knapp eineinhalb Liter mehr als der Toyota. Im Alltag, wo die Vans häufig im Stop-and-go- Verkehr Richtung Kindergarten eingesetzt werden, dürfte die Differenz zugunsten des Prius eher größer ausfallen, denn hier kann er öfter im rein elektrischen EV-Modus fahren. Vor das Knausern setzt Toyota allerdings den Kassenwart. Und der wird nach AUTO BILD-Schätzung rund 29.500 Euro aufrufen, wenn der Prius Plus Mitte 2012 zu den deutschen Händlern rollt. Damit wäre der Japaner etwa so teuer wie ein vergleichbarer VW Touran. Der Unterschied zum Grand Scénic ist happig: Der Renault kostet 5000 Euro weniger.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Nach dem ersten Treffen mit dem Prius+ steht für mich fest: Der Hybrid ist eine gut gemachte Alternative in der Klasse der Kompaktvans. Ich stelle mir allerdings die Frage: Warum nicht gleich so? Als Van bietet der Prius endlich genug Platz für die ganze Familie, wirkt solide verarbeitet und soll weiterhin so sparsam sein wie kaum ein zweites Fahrzeug seiner Klasse. Renault hat dem Prius+ mit dem Grand Scénic nicht nur das hochwertigere Cockpit, sondern von allem den deutlich günstigeren Preis entgegenzusetzen.

Von

Stefan Voswinkel