Die Analyse der Marketingmenschen könnte nicht eindeutiger sein: Zu den größten Kaufhemmnissen des Toyota Prius gehört bei uns sein eigenwilliges Design. Vorn eine beleidigte Schnauze ziehen, hinten verglasten Krummbuckel zeigen und den mit riesigen Rückleuchten auch noch betonen – nein, das geht gar nicht. So ein Styling trifft nicht den Massengeschmack. Schon gar nicht in der überfüllten Golf-Klasse. Also wurde Toyotas Edeltochter Lexus beauftragt: Ein Nobel-Prius wäre schön. Einer, der weniger aneckt, mehr Rundungen und harmonischere Proportionen zeigt, der auch verwöhnte Audi-A3-Käufer überzeugt.
Lexus CT 200h
Mit 28.900 Euro ist der CT 200h das günstigste Lexus-Modell, liegt aber deutlich über A3-Niveau.
 
Der Lexus CT 200h präsentiert sich mit gefälligen Formen, ausgewogener Frontpartie und zweigeteilten quer liegenden Rückleuchten – ganz ähnlich, wie der VW Golf sie trägt. Im Gegensatz zu diesem gibt es den Lexus ausschließlich mit Vierzylinder-Benziner plus E-Motor, was den CT 200h zum ersten Nur-Hybridmodell der Toyota-Tochter macht. Und zum günstigsten: 28.900 Euro Einstiegspreis liegen zwar deutlich über A3-Niveau, dafür gibt es aber eine umfangreiche Verwöhnausstattung mit Hi-Fi-Anlage mit Lenkradfernbedienung, Klimaautomatik und Velours-Sportsitzen. Auch zu seinem Prius-Bruder setzt sich der CT 200h mit fast 3000 Euro ab. Da kommt natürlich Spannung auf: Ist er das wirklich wert? Schließlich sind sie unterm Blech baugleich.
Toyota Prius
Eindeutig praktischer: Der Prius bietet bei umgelegten Sitzlehnen mit 1545 Litern fast 60 Prozent mehr Stauvolumen als der Lexus.
Doch wie das so ist mit teuren Designerstücken, sie sind auf Taille geschnitten. Hinten hat der Lexus weniger Platz für Knie und Kopf. Noch enger wird's im Kofferraum. Der Prius bietet bei umgelegten Sitzlehnen mit 1545 Litern fast 60 Prozent mehr Stauvolumen. Er ist das eindeutig praktischere Auto. Selbst mit fünf Personen plus Gepäck sind Langstreckenfahrten möglich, während Lexus-Lenker auf diese Tort(o)ur besser verzichten. Darum betont der CT 200h ganz bewusst die feinen Unterschiede: große Rundinstrumente statt Mäusekino, quadratischer Kontrollknopf auf der Mittelkonsole anstelle von Berührbildschirm, weiche Oberflächen ersetzen Hartplastik – überall haben Lexus-Leute die Spuren der Toyota-Techniker verwischt. Man baut schließlich den Mercedes unter den Japanern. Mindestens!
So musste auch die Verbundlenker- Hinterachse einer Multilink-Konstruktion mit doppelten Querlenkern weichen. Ein fragwürdiger Aufwand, denn bis auf einen leicht gesteigerten Federungskomfort erzielt der Edel-Hybrid keine Verbesserung des Fahrgefühls gegenüber dem Prius. Im Gegenteil: Seine Lenkung wirkt träger und bringt bei schneller Kurvenfahrt mehr Unruhe ins Heck. Wird der Sportmodus aktiviert, nimmt der Lexus zwar spontaner Gas an, die versprochene Verschärfung der Lenkung bleibt aber aus. Ruppig und mit lauten Regelgeräuschen erstickt sein ESP jede Instabilität – eine harmonische Abstimmung fühlt sich anders an. Das dynamische Versprechen seiner Karosserie löst der Lexus zu keiner Zeit ein. Beim Spurt von 0 auf 100 km/h hinkt er dem leichteren Prius mehr als eine halbe Sekunde hinterher.
Toyota Prius Lexus CT 200h
Mit voller Batterie schafften beide Autos Tempo 45 und segelten auf ebener Strecke mehr als zwei Kilometer weit.
Hier vollbringt auch der Toyota mit 10,8 Sekunden keine Wunder, doch er tut wenigstens nicht so, als sei er ein Sportwagen. Bei starker Beschleunigung nerven beide: Mit konstanter Drehzahl lärmend, überträgt der quer eingebaute 99-PS-Motor per Stufenlosgetriebe seine Kraft an die Vorderräder und lädt dabei gleichzeitig die Batterie. Wer Turbotriebwerke und Schaltgetriebe schätzt, sollte weder Prius noch CT 200h in Betracht ziehen. Echte Vollhybride haben eben andere Vorteile. Rein elektrisches Fahren zum Beispiel. Es ist immer wieder faszinierend, nur mit E-Motor-Summen und Reifenknirschen fast lautlos durchs Parkhaus oder Wohngebiet zu stromern. Mit voller Batterie schafften beide Autos Tempo 45 und segelten auf ebener Strecke mehr als zwei Kilometer weit.
Auch beim Blick auf das Energiefluss-Schaubild kann so ein Hybridauto Spaß bringen. Dann nämlich, wenn sich der Fahrer bemüht, möglichst viel vom immer teurer werdenden Sprit zu sparen. Und das geht so: vorausschauend fahren, Vollgas vermeiden und beim Heranrollen an Ampeln den Schalthebel von D auf B stellen. So hat der 50-Kilowatt-E-Motor/Generator mehr Bremswirkung und lädt die Batterie stärker. Wer so fährt, drückt den Verbrauch in der Stadt unter fünf Liter. Auf der AUTO BILD-Verbrauchsrunde hatte der Prius die Nase mit 5,4 zu 5,5 Litern leicht vorn. Viel wichtiger: Ein normaler Benziner mit gleicher Leistung schluckt rund zwei Liter mehr. Und das ist ein überzeugendes Argument. Für den Toyota. Und auch für den Lexus.

Fazit

Messtechnisch und gefühlt bleibt der Prius das Maß der Dinge bei den Hybridmodellen. Ein Lexus hat mehr verdient, als die Toyota-Technik aufzutragen. Mehr Motor mit mehr PS zum Beispiel. Oder eine elegantere Kraftübertragung als das nervtötende CVT. Oder einen zweiten E-Motor an der Hinterachse (siehe Lexus RX 450h) und damit einen (Allrad-)Mehrwert. Aber so wird er ein Nischen- Exot für Hybridfans, die keinen Prius oder Auris wollen.