Im Gegensatz zur Pkw-Sparte spülen die Nutzfahrzeuge bei Fiat traditionell Geld in die Kassen. Vor allem der Transporter Ducato ist bei Gewerbetreibenden sehr beliebt. Damit das so bleibt, setzt der italienische Autobauer bei seinem Lastesel jetzt auf zukunftsträchtiges Elektrifizieren. Der E-Ducato soll Konkurrenten wie dem Mercedes eSprinter und dem im nächsten Jahr erscheinenden Ford Transit Electric den Wind aus den Segeln nehmen.Die Pfunde, mit denen Fiat beim Ducato wuchern kann, sind Ladevolumina von zehn bis 17 Kubikmeter und die Nutzlast von bis zu 1950 Kilogramm – nach Hersteller-Aussagen Top-Werte im Segment. Diese Vorteile sowie das umfangreiche Angebot von Karosserie- und Aufbauvarianten bleiben auch beim E-Ducato erhalten. Sein Elektromotor schickt 122 PS (90 kW) und 280 Nm in den Antriebsstrang, in Sachen Stromversorgung stehen verschiedene Akkugrößen zur Verfügung, die für Reichweiten zwischen 220 und 360 Kilometer sorgen sollen. Zum Vergleich: Beim Mercedes eSprinter sind es 115 oder 168 Kilometer, wie weit die Akkus den Ford Transit EV bringen werden, ist noch nicht bekannt. Allerdings dürften es sicher nicht weniger als bei der Konkurrenz sein. Damit ordnet sich Fiat zumindest oberhalb des Sprinters ein, allerdings beschränken die Italiener die Höchstgeschwindigkeit ihres Lademeisters auf 100 km/h.

Mercedes hat den eSprinter nah am Kunden entwickelt

Mercedes eSprinter
Praxisnah: Mercedes sieht den Reichweitenbedarf für den eSprinter bei täglich 60 bis 80 Kilometern.
Klar ist, dass die Anforderungen bei den elektrischen Nutzfahrzeugen, die hauptsächlich im urbanen Betrieb eingesetzt werden, andere sind als bei Pkw, bei denen die Reichweite eine größere Bedeutung hat. "Wir haben quasi auf dem Beifahrersitz Platz genommen und geschaut, welche Strecken gewerbliche Nutzer zurücklegen", erklärt Steffen Class, bei Mercedes verantwortlich für die Entwicklung des eSprinter. 60 bis 80 Kilometer wurden dabei als durchschnittliche tägliche Kilometerleistung ermittelt. Für Gewerbetreibende ist es wichtig, dass der Antrieb robust ist und die Akkus bei allen Temperaturen zuverlässig ihre Leistung abgeben. Zudem sollte für die sinnvolle Nutzung elektrisch angetriebener Sprinter eine gut ausgebaute Ladestruktur vorhanden sein und die Logistik intelligent gesteuert werden. So ist es sinnvoll, dass die Transporter, die am längsten am Strom hängen, die Basis als Erstes verlassen.
Der französische PSA-Konzern stellt seine Transporter auf die Elektroalleskönner-Plattform EMP2 und will mit dem technisch identischen Stromer-Trio Citroën e-Jumpy, Opel Vivaro-e und Peugeot e-Expert ein möglichst großes Stück des zunehmend lukrativen Kuchens abbekommen.

Auf eine VW-Eigenentwicklung wird man noch warten müssen

Abt VW eCaddy
Abt hat in der Formel E viel Erfahrungen gesammelt und für VW den Caddy und den T6 elektrifiziert.
VW hält mit dem eCaddy und dem eTransporter, die vom Tuningspezialisten Abt entwickelt wurden, dagegen, da es noch rund zwei Jahre dauern wird, ehe der elektrische Bulli zu den Händlern rollt – beim ID.Cargo wird sogar noch mehr Zeit vergehen. Die Antriebsstränge sind mit einer Leistung von 112 PS (83 kW) und einem Drehmoment von 200 Nm bei beiden VW-Derivaten identisch und werden in die vorhandene Plattform implantiert. Damit wird auch schon eine Schwäche der umgerüsteten Wolfsburger Stromer deutlich: Denn für viel mehr als die Fahrt in der City ist der elektrifizierte VW-Transporter nur schwer zu gebrauchen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 120 km/h, und viele der VW eT6 dürften gar nur 90 km/h schnell fahren, um die maximale Reichweite von überschaubaren 135 Kilometern zu erreichen. Ist die Höchstgeschwindigkeit freigeschaltet, sind es 109 Kilometer. Allerdings sollte man bei diesen Angaben immer im Kopf behalten, dass die Reichweiten im Alltag eher geringer ausfallen – vor allem bei tiefen Temperaturen.
Im Herbst 2020 wird der VW Abt eT6 Konkurrenz aus Schwaben bekommen: Der Mercedes EQV basiert auf der V-Klasse, wird von einem Elektromotor mit 204 PS (150 kW) angetrieben, ist maximal 160 km/h schnell und hat eine Batteriekapazität von 90 Kilowattstunden, die Strom für eine Norm-Reichweite von bis zu 418 Kilometern bereitstellen soll. Die sind auch nötig, da der Großraumvan auch als Personentransporter für weitere Strecken eingesetzt werden soll. Übrigens hatte der ehemalige Mercedes-Nutzfahrzeugchef Volker Morhinweg der Plug-in-Hybridversion aufgrund des zu hohen finanziellen Aufwands einst den Stecker gezogen.

Bildergalerie

Fiat E-Ducato
Fiat E-Ducato
Fiat E-Ducato
Kamera
Transporter mit E-Antrieb

Von

Wolfgang Gomoll