Die Marke TVR ist ein Stehaufmännchen! Nach mehreren Insolvenzen präsentierte der britische Sportwagenbauer 2017 den brandneuen TVR Griffith, der eigentlich schon längst auf dem Markt sein sollte. Doch die Auslieferung verschiebt sich immer wieder. In der Zwischenzeit hat ein britischer Schrauber sich seinen eigenen TVR Sagaris gebaut und will ihm jetzt einen legendären BMW-Motor einpflanzen!
Zum 1947 gegründeten Unternehmen TVR ließe sich ein ganzes Buch schreiben. Trotz mehrerer Insolvenzen und immer wieder neuen Eigentümern hat die Traditionsmarke bis ins 21. Jahrhundert überlebt. Bekannt ist TVR vor allem für kompromisslose Sportwagen. Fahrhilfen wie Traktionskontrolle, ESP oder ABS? Gibt es bei TVR genauso wenig wie Airbags. Die berühmten Modelle Tuscan, Griffith oder Chimaera sind wegen ihres unberechenbaren Fahrverhaltens berüchtigt. Gleichzeitig hatte der kleine Sportwagenbauer immer und immer wieder mit teils massiven Qualitätsproblemen zu kämpfen.

Wann kommt der neue TVR Griffith?

Ende 2006 verließen die letzten TVR-Modelle die Hallen in Blackpool. Anschließend folgte ein jahrelanges Eigentümer-Geschacher. 2017 dann das Comeback mit dem neu entwickelten Griffith. Unter Führung von Les Edgar sollte TVR ein ernst zu nehmender Sportwagenhersteller werden. Doch in typischer TVR-Manier wurde der Marktstart des neuen Griffith aufgrund von Problemen immer wieder verschoben. Aktuell ist die Auslieferung der ersten Kundenfahrzeuge für 2021 geplant.
Warum wir soweit ausholen? Ganz einfach, als die Fabrik in Blackpool geschlossen wurde, waren noch einige Rohkarossen nicht fertiggestellter Modelle übrig. Eine davon sicherte sich Ashley Sutherland, ein talentierter Schrauber, der zuvor vor allem durch BMW-Umbauten auf sich aufmerksam machte. Sutherland baute mehrere BMW 1er Coupé (E82) auf V8 um. Dazu verwendete er den S65 genannten Vierliter-V8-Sauger aus dem BMW M3 E9x und passte in diesem Zug auch gleich originale 1M Bodykits an.

Von BMW zu TVR

TVR Sagaris mit BMW S85 V10
Der Sagaris war schon fertig und auf der Straße unterwegs, als sich Ashley für einen neuen Motor entschied.
Bild: Instagram/©tvrsagaris_build
2018 suchte er eine neue Herausforderung. Also widmete er sich dem TVR Sagaris. Über einen Zeitraum von rund zwei Jahren wurde der seltene Sportwagen mit viel Liebe zum Detail von der Rohkarosserie neu aufgebaut. Dabei nahm Sutherland auch gleich einige Verbesserungen vor: Beispielsweise wurden die ab Werk geschlossenen Lufteinlässe in der Karosserie geöffnet und eine eigens angefertigte schwarze Lederausstattung mit blauen Ziernähten angefertigt. Außerdem bediente sich der BMW-Fan einiger Teile aus München: So stammen Schaltknauf, Getränkehalter und die an das Sportlenkrad angepasste LED-Schaltpunktanzeige von BMW. Im Mai 2020 war der Neuaufbau endlich fertig und dürfte in einem besseren Zustand gewesen sein als die meisten TVR, die das Werk verlassen haben. Doch kaum war das Projekt fertig, entschied sich Sutherland von vorne anzufangen!

Ein TVR mit 5,0-Liter-V10 von BMW

Angetrieben wird der TVR Sagaris von einem Vierliter-Reihensechszylinder mit mehr als 400 PS und 450 Nm. Der mit Fiberglas-Karosserie und ohne Schnickschnack ausgestattete TVR wiegt weniger als 1100 Kilo, die offiziell angegebene Höchstgeschwindigkeit liegt bei 298 km/h. Trotzdem war Sutherland mit dem Reihensechszylinder nicht zufrieden. Ein neuer Motor musste her! Als BMW-Experte und -Fan dachte er sofort an den Vierliter-V8 aus dem M3 E9x, mit dem er ja bereits einige Erfahrungen aufgrund seiner 1M-Umbauten sammeln konnte. Doch letztendlich fiel die Wahl auf den legendären V10 (S85) von BMW. Der Motor, der offiziell nur im M5 (E60/E61) und M6 (E63/E63) eingesetzt wurde.
Der Fünfliter-V10 mit 507 PS ist ein Hochdrehzahlmotor, der nicht unbedingt für seine Langlebigkeit, dafür umso mehr für seinen unvergleichlichen Sound, bekannt ist. Dieser Trumm von Motor in den nur 4,06 Meter kurzen Sagaris zu verpflanzen, ist eine echte Herausforderung. Glücklicherweise konnte er die Platzverhältnisse erst mal an einer Ersatzfront des Sagaris testen. Als er zufrieden war, ging es los. Gegenüber den Kollegen von carbuzz erklärte er, dass es kein einfacher Schritt gewesen sei, den über einen Zeitraum von zwei Jahren liebevoll aufgebauten Sagaris wieder zu demontieren. Verständlich.

Auch ein neues Getriebe ist geplant

TVR Sagaris mit BMW S85 V10
Passt besser als gedacht: Nach mehrmaligen Ein-/Ausbau sitzt der V10 perfekt.
Bild: Instagram/©tvrsagaris_build
Wer denkt, dass der Motortausch schon alles sei, der liegt falsch. Denn statt der serienmäßigen Sechsgang-Handschaltung des Sagaris wird auch ein neues Getriebe eingesetzt. Am einfachsten wäre es natürlich gewesen, das teilautomatisierte SMG-III-Getriebe aus BMW M5/M6 zu übernehmen, doch einfach ist nicht Ashleys Ding. Er setzt stattdessen lieber auf ein moderneres Doppelkupplungsgetriebe von BMW. Den S85 V10 mit einem modernen DKG zu kombinieren, ist schon an sich eine Mammut-Aufgabe. In der BMW-V10-Szene ist bis heute noch kein Umbau bekannt, der wirklich perfekt funktioniert.
Inzwischen hat Sutherland den V10 bereits sechs Mal ein- und wieder ausgebaut, um die tiefstmögliche Position zu finden. Wenn alles glattläuft will er den gesamten Umbau über den Winter 2020/2021 realisieren. Interessierte können das ambitionierte Projekt auf seinem Instagram-Kanal "tvrsagaris_build" verfolgen. Auf das Endergebnis sind wir extrem gespannt, schließlich war der Sagaris mit seinen 400 PS auf nur 1100 Kilo nur schwer zu beherrschen. Mit einem Fünfliter-V10 und 507 PS dürfte dieser TVR ein echtes Biest werden!