Unfallflucht: Ordnungswidrigkeit statt Straftat
Ist manche Fahrerflucht bald keine Fahrerflucht mehr?

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Ordnungswidrigkeit statt Straftat: Bei manchen Unfällen könnte sich der Verursacher bald vom Ort des Geschehens entfernen dürfen, ohne Fahrerflucht zu begehen. Alle Infos zu den Plänen des Bundesjustizministeriums!
Bild: DPA
Das Bundesjustizministerium will offenbar Unfallflucht ohne Personenschaden, also eine bestimmte Form der Fahrerflucht, entkriminalisieren. Das berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am 25. April 2023.
Wer bei einem Autounfall nur Sachschaden anrichte und flüchte, solle nur noch eine Ordnungswidrigkeit statt einer Straftat begehen, heißt es demnach in einem Papier, das das Ministerium von Marco Buschmann (FDP) kurz nach Ostern mit der Bitte um Stellungnahme an Fachverbände verschickt haben soll.
Darin stehe unter anderem: "Durch die Herabstufung der Unfallflucht nach reinen Sachschäden zur Ordnungswidrigkeit würde einer undifferenzierten Kriminalisierung des Unfallverursachers entgegengewirkt." Sobald es körperlich Geschädigte gebe, sei es jedoch stets erforderlich, "am Unfallort zu verbleiben und sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben". Das gelte "trotz der mit der Selbstanzeige des Unfalls verbundenen Selbstbezichtigung einer ggf. mitverwirklichten Begleittat" – etwa einer Trunkenheitsfahrt.
Aktuell werden Unfallbeteiligte, die sich unerlaubt von einem Unfallort entfernen, mit einer Geldstrafe oder mit bis zu drei Jahren Haft bestraft (bei diesen Verkehrsrechtsverstößen droht eine Haftstrafe). So steht es in Paragraf 142 Strafgesetzbuch (StGB).
Bislang gilt, dass Unfallbeteiligte eine "angemessene Zeit" am Unfallort warten müssen. Als Alternative dazu bringt das Bundesjustizministerium laut RND-Bericht die Einrichtung einer Meldepflicht bei einer Meldestelle ins Spiel: "Denkbar wäre etwa eine Meldung über eine standardisierte Online-Maske, gegebenenfalls auch mit hochzuladenden Bildern vom Unfallort und Schaden, oder eine am geschädigten Fahrzeug zu fixierende Schadensmeldung, bei deren ordnungsgemäßer Vornahme keine tatbestandsmäßige Handlung vorläge."
So sieht ein Verkehrsrechtsanwalt die Fahrerflucht-Pläne
Uwe Lenhart, Verkehrsrechtsanwalt aus Frankfurt/Main, sieht den Vorschlag zwiegespalten. Auf der einen Seite würde die Justiz von einer Vielzahl strafrechtlicher Verfahren entlastet, die Fahrerlaubnis bei "bedeutendem Fremdschaden" nicht mehr so schnell entzogen. Die bundesweit uneinheitliche Wertgrenze entspreche nicht mehr den aktuellen Verhältnissen, fast jeder Parkrempler koste heutzutage 2000 bis 3000 Euro.

Rechtsanwalt Uwe Lenhart sieht Argumente für und gegen eine Entkriminalisierung von Fahrerflucht.
Bild: h.neu@grigatundneu.de
Auf der anderen Seite würden Unfallverursacher nur bei Androhung von Geldstrafen und Fahrverboten davon abgehalten, für den verursachten Schaden nicht einzustehen. Geschädigte blieben leichter auf ihrem Schaden sitzen und könnten diesen häufiger über ihre Vollkaskoversicherung abrechnen, was wiederum zur Begründung von Beitragserhöhungen herhalten könnte. (Tipps zur Kfz-Versicherung)
Lenharts Vorschlag: "Zur Abschreckung soll das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ohne Übernahme der Verantwortung für den verursachten Schaden weiterhin strafbar bleiben. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis soll nicht mehr möglich sein, da sich hieraus kein Mangel an Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt", so der renommierte Anwalt. Je nach Höhe des entstandenen finanziellen Schadens oder der Schwere der Körperverletzung von Personen sollten bis zu sechs Monate Fahrverbot drohen.
Mit Material von dpa und AFP
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