Mal ganz theoretisch: ein Kompaktwagen mit mehr als 300 PS, Turbo-Sechszylinder und Hinterradantrieb. Das verspricht doch bestes Sportwagenfeeling, Superzeiten auf der Rundstrecke, Spitzenwerte für den Stammtisch. Ganz konkret klingt das nach waschechter Konkurrenz selbst für die Sportwagen-Ikone Porsche 911. Weiter: Der 135i von BMW ist solch ein Porsche-Jäger. Das neue Kompakt-Coupé mit 306 PS könnte einen 325 PS starken 911 Carrera ordentlich vor sich herjagen. Und statt Erfrischung im Ziel eine bittere Pille nachreichen: Der BMW kostet mit 38.950 Euro noch nicht mal halb so viel wie der kleinste 911er. Jetzt mal praktisch: Wir lassen den 135i gegen einen 911 Carrera antreten. Auf der Rennstrecke, im Landstraßen-Kurvengeschlängel, auf der Autobahn.

Auf der Autobahn muss der 1er den 911er ziehen lassen

Porsche 911
Auf der Autobahn schafft der Porsche locker 30 km/h mehr als der BMW.
Starten wir mit der Autobahn. Dieses Einsatzgebiet liegt dem Porsche naturgemäß besser. Die flache Flunder schafft selbst in der getesteten Version mit Automatik (Tiptronic S, 2945 Euro Aufpreis) Tempo 280 – und das fühlt sich nicht einmal spektakulär an. Der 911 fährt zwar alle Bodenunebenheiten millimetergenau nach, bleibt aber auch beruhigend fest am Asphalt kleben. BMW begrenzt seine Boliden grundsätzlich elektronisch. Im Falle des nachdrücklich vorwärtsstürmenden 135i zieht die virtuelle Bremse die Spritzufuhr bald zu und Stammtisch-Prahlern damit die Trümpfe aus der Hand: Mehr als Tempo 250 ist auch bei Gaspedalstellung Bodenblech nicht drin. Gut so, könnte man meinen – mit zischenden Windwirbeln kündigen die rahmenlosen Seitenscheiben des Coupés ab 240 km/h an, dass sie bei diesem Tempo ohnehin Schwierigkeiten haben, ihre Fassung zu wahren. Dazu sorgt ein unruhiger Geradeauslauf bei Höchsttempo für Nervosität beim Fahrer. Das ist alles andere als souverän.

Der Turbomotor der BMW trumpft beim Durchzug auf

BMW 135i
Überholen mit Leichtigkeit: Der Turbomotor schiebt den 1er auch im höchsten Gang mächtig an.
Was der 1er wirklich kann, zeigen andere Disziplinen. Der Spurt zum Beispiel. Klar, wenn knapp 1600 Kilogramm Leergewicht auf über 300 PS treffen, hilft ein unsichtbares Gummiband beim Beschleunigen. 5,3 Sekunden sind auch unter Sportwagen eine mehr als ordentliche Ansage, in der Kompaktklasse ist der Wert einfach nur sensationell. Aber Porsche kann das trotz Automatikgetriebe genauso gut. Mit mehr Gewicht auf der Hinterachse verbeißen sich die Antriebsräder stärker mit dem Straßenbelag – so bleibt der insgesamt sogar leichtere 911 dem 1er-BMW im Spurt auf Tempo 100 mit ebenfalls 5,3 Sekunden auf den Fersen. Anders beim Durchzug. Hier spielt der BMW die Vorteile des Turbos aus. Die Wucht von 400 Newtonmeter Drehmoment kommt aus dem tiefsten Keller. Überholvorgänge in den letzten Gängen hakt der BMW wie beiläufig ab. Aber Turbomaschinen haben auch Nachteile. Nämlich wenig Klang, nachlassender Dampf oben herum und – selbst beim intelligent aufgeladenen Doppelturbo 135i – eine klitzekleine Reaktionsschwäche. Man spürt das in den mittleren Drehzahlen. Erst wirkt die natürliche Hubraumkraft aus einem Dreiliter-Sauger, kurz danach schlägt der Turbo noch einmal heftig zu. Das geht mächtig voran, wirkt aber auch irgendwie zweistufig, wie synthetischer Mumm.
Der Porsche-Boxer macht das mit mehr Rasse. Spontanes Gasgeben in der dritten Fahrstufe bei 4000 Touren? Der 3,6-Liter dreht verzögerungsfrei hoch, schubst das Auto mit einem Ruck vorwärts. Dazu dreht der Sechszylinder gierig weiter aus, röhrt, hämmert, arbeitet – viel authentischer als die gedopte Maschine des 1ers. Genauso die Bremsen: Im BMW drückt der rechte Fuß erst in die weiche Pedalzone, die eine ausgeprägte Servounterstützung absteckt. Porsche-Fahrer tippen da gegen auf einen harten, in den Zehenspitzen fühlbaren Druckpunkt, spüren die steife Mechanik unter der Sohle. Beiden Autos gemein ist aber das beeindruckende Ergebnis der Beinarbeit: Bremswege um die 36 Meter markieren fast schon – die erwarteten – Bestwerte. Mehr erwartet haben wir vom Handling des BMW. Zwar geht der 135i unbehelligt von Lastwechselreaktionen neutral durch die Kurven, lenkt zackig ein und hält dank der sorgfältigen DSC-Abstimmung sicher ein enorm hohes Tempo-Niveau. Auf welliger Oberfläche jedoch laufen die Vorderreifen gefühlt lieber den Unebenheiten der Fahrbahn nach als den Vorgaben des Fahrers.

An die Fahrmaschine Porsche reicht der BMW nicht ran

BMW 135i vs. Porsche 911
Sieg für Porsche: Der Fahrmaschine 911er kann der BMW nicht ans Blech fahren.
Insgesamt wird schnell spürbar, dass dem BMW dieser mechanische Kitzel fehlt, der das Prinzip Porsche ausmacht. Nämlich die unbeugsame Führung des 911er-Fahrwerks. Die mit zunehmendem Einschlag direkter werdende Lenkung, die nie ungenau wird. Und es ist diese einmalig stramme Federung des Porsche, die sich gegen Roll- und Nickneigungen der Karosserie stemmt. Ein Porsche liebt Kurven, der BMW bewältigt sie. Das ist der Unterschied! Ein Porsche ist mit kaum einer fahrdynamischen Prüfung aus der Ruhe zu bringen, er ist die Fahrmaschine schlechthin. Allein die Tiptronic passt nicht zum puristischen Charakter der Ikone aus Zuffenhausen. Immerhin schaltet sie enorm zügig, setzt Gasbefehle vermeintlich ohne Wandlerschlupf um. Ähnlich sportlich: die straffen, gut konturierten Sitze, die den Fahrer fest in die Zange nehmen, während die Sessel im BMW an einen klassischen GT erinnern. Das registriert aber nur, wer auf der Rennstrecke volle Leistung fordert. Hier, auf dem 1,3 Kilometer langen Testkurs, prescht der Porsche zwei Sekunden vor dem 1er durchs Ziel. Zwei Sekunden Differenz bedeuten eine andere Liga. Eine andere Welt – die Porsche-Welt.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn

Halbes Geld – das kommt ja noch hin. Gleicher Spaß? Hier geht die These des BMW 135i nicht mehr auf. Denn der teure Porsche 911 ist wie gehabt zu allererst Sportwagen mit Leib und Seele. Genauer gesagt: Er liefert das passende Angebot aus beeindruckender Leistung, fördert die Lust an der Technik, die Leidenschaft beim Fahren. Der BMW ist ein tolles Auto und auch noch viel günstiger. Dennoch reicht das alles nicht, dem Porsche ans Blech zu fahren.