Kosten und Ausstattungen

Hier bleiben Kinder gern sitzen, ganz anders als in der Schule. Um eine Ehrenrunde zu drehen, und noch eine. Hier, das ist auf den Sitzen der vier Kompaktvans VW Touran, Citroën C4 Picasso, $(LA57713:Seat Altea XL)$ und Opel Zafira. Die bieten außer Schülern auch Eltern neue Perspektiven: Sitzen bleiben tut nicht weh, es erweitert sogar den Horizont. Vor allem im Citroën C4 Picasso, der durch seine Panoramascheibe ungewöhnliche Aussichten verspricht. Von der Motorhaube bis ins Dach hinein reicht die Windschutzscheibe. Der Innenspiegel markiert nicht mehr die Grenze. Hinter dem Lenkrad des Citroën erscheint die Welt wie durch ein Fischauge betrachtet: um ein vielfaches weiter.

Weite Welt: Der C4 Picasso bietet ein tolles Panorama(dach).
Tatsächlich gewachsen ist aber nur die Welt der Kompaktvans. Aus einer ehemaligen Marktlücke ist ein breites Segment geworden und aus unförmigen Pampersbombern ansehnliche Familienautos mit viel Platz und Variabilität. Der C4 Picasso gehört zu einem noch jungen Typus, den Siebensitzern. Sein Name ist Programm. Picasso! Eben nicht Touran, Altea XL oder Zafira. Ein Künstler, der alles Herkömmliche verwirft und sich dem Neuen widmet. Das fängt schon bei der Betriebsanleitung an. Die steckt nicht mehr im Handschuhfach, sondern unter dem Beifahrersitz, eingepackt in ein Leinentäschchen. Wer den Wagen verstehen will, muss also erst einmal suchen. Auch nach dem Drehzahlmesser, den Sitzheizungsknöpfen und der Verbrauchsanzeige.

Der Großteil der Bedientasten versammelt sich ums Lenkrad wie die Radiofunktion oder die Raute-Taste fürs Ein- und Ausblenden von Tankuhr und Drehzahlmesser. Der Knopf für die Hupe legt sich wie ein breites Grinsen unter den fest stehenden Pralltopf. Insgesamt erinnert die Bedienung des C4 an die Menüführung eines Mobilfunktelefons, bunte Symbole auf dem zentralen Bildschirm inklusive. Nur, dass ein Handy während der Fahrt keine Stellplätze vermessen kann. Der Einparkassistent (850 Euro) zeigt während der Vorbeifahrt an, ob die Lücke ausreicht, um den Wagen einzuparken.

Der C4-Motor gibt sich zurückhaltend

Mit 136 PS holt der HDi am wenigsten aus zwei Liter Hubraum. Dafür flüstert der Vierzylinder auch nur leise – als wolle er heimlich Vokabeln vorsagen. Beim Fahren erzieht der Franzose zur Faulheit. Kuppeln? Nicht nötig! Denn das Besondere ist sein automatisiertes Getriebe. Beim Starten muss der Wählhebel überm Lenkrad in Position N(eutral) gebracht werden. Dann auf M(anuell), und der C4 rollt gelassen los, als bestünde das Leben nur aus den großen Ferien.

Geschaltet wird jetzt über die Paddel hinter dem Lenkrad. Das klappt bestens, ruckfrei wechselt der Picasso die Gänge. Und wer sich lieber ganz auf die Kinder
Gut, dass das ESP den kippligen Citroën wieder einfängt!
konzentriert, statt aufs Schalten, für den gibt es auch einen Automatikmodus. Seine Nutzung wird im Alltag der Normalfall sein, auch wenn dieser Modus nicht ganz so überzeugend funktioniert. Die Schaltpausen verlangen Geduld und Nachsicht – wie von einem Lehrer bei begriffsstutzigen Schülern.

Nicht so gut kommt auch das Fahrwerk-Poltern an. Mancher Ingenieur müsste dafür eigentlich nachsitzen. Eben haben die Kleinen über die sanfte Federung geschwärmt, jetzt schimpfen sie über das Rumpeln aus dem Untergrund. Und in engen Kurven droht Seekrankheit, weil sich die Karosserie stark zur Seite neigt. Gut, dass der Schleuderschutz (ESP) an Bord ist. Denn die Elektronik hat in Extremsituationen viel zu tun, um kritische Fahrmanöver zu entschärfen. Die Elektronik bringt den Franzosen zur Räson, fängt das Heck rechtzeitig wieder ein.

Technische Daten und Messwerte

Entspannung bietet die zweite Reihe. Drei Einzelsitze lassen sich verschieben, klappen oder versenken. Wer noch mehr Platz braucht, findet wie im Opel Zafira ganz hinten zwei weitere Notstühle im Boden versenkt, die mit einem Handgriff hervorgezaubert werden können. Jetzt allerdings schrumpft der verbleibende Kofferraum auf Kleinwagen-Niveau (208 Liter). Das ist ein generelles Siebensitzer-Problem, das auch die deutschen Musterschüler VW Touran und Opel Zafira bislang nicht lösen konnten. Im Volkswagen-Van kosten zwei zusätzliche Sitze 660 Euro Aufpreis, kommen aber bei den Kunden super an. Etwa 40 Prozent aller Touran fahren mit voller Bestuhlung. Auch, wenn der Kofferraum dann nur noch 121 Liter fasst – im Zafira sind es immerhin noch 19 Liter mehr.

Beste Noten bekommt der Touran für seinen Feinschliff. Volkswagen gönnte dem Familienwagen nicht nur hübschere Leuchten, Klimaanlage Serie, Tempomat und einen chromglänzenden Kühlergrill, sondern seinen Kunden auch ein komfortableres Fahrwerk. Nachdem sich bei VW Beschwerden über die rüde Federung häuften, besserten die Ingenieure nach. Ergebnis: Der Touran rollt sanfter ab, ohne seine dynamischen Qualitäten einzubüßen. Der 140 PS starke Turbodiesel beschleunigt von der Ampel weg am schnellsten, verliert bis Tempo 100 aber gegen die sportliche Konzernschwester Seat.

Ein dickes Plus verdient der Touran für seine unzähligen Fächer wie im Lehrerzimmer. Unter den Sitzen, im Kofferraum – überall tun sich praktische Klappen auf. Ähnlich viele öffnen sich im Altea XL, der seinen Zusatz völlig zu Recht trägt.
Der heißt nicht nur XL, sondern ist es: bis 1604 Liter Kofferraumvolumen.
XL steht für 19 Zentimeter mehr Außenlänge, 532 statt 409 Liter Kofferraum. Darüber hinaus besitzt der XL im Vergleich zum Basismodell ein weniger straffes Fahrwerk. Schließlich fährt hier eher Papi als ein Formel-1-Pilot.

Ein Fond wie ein Ballsaal

Obwohl Seat dem Altea in der verlängerten Version mehr Platz gibt, hält die spanische VW-Tochter am Fünfsitzer-Konzept fest. Im Fond kann die Sitzbank um 16 Zentimeter verschoben werden. Die zweigeteilte Bank klappt nach vorn, lässt sich aber nicht wie im Touran ausbauen. Im Fond fühlen sich Passagiere wie in einer Aula, sogar Erwachsene können ihre Beine lässig übereinanderschlagen. Vorn geht es deutlich enger zu. Langgezogene A-Säulen schränken die Sicht zur Seite ein, das Dach zielt Richtung Scheitel. Dadurch gewinnt der Altea das typische Pkw-Gefühl, welches anderen Vans fehlt. Dazu passt der kurze Schaltknauf, der tief unten auf dem Wagenboden sitzt.

Das Seat-Cockpit ist auch nach dem Facelift das alte geblieben.
Schalten lässt sich der Altea XL tadellos. Vom Mutterkonzern aus Wolfsburg kommen ein vorbildliches Getriebe und ein durchzugsstarker 2.0-TDI-Motor (140 PS). Gute Ideen dürfen gern nachgeahmt werden, schlechte gehören dagegen verbannt. Wie der raue Pumpe-Düse-TDI, der im Seat lauter nageln darf. Die Motorabdeckung gibt es nur noch beim stärksten Diesel (170 PS) und beim FSI-Benziner. Ein Beispiel dafür, wie Rotstifte Schaden anrichten, statt gutmütig zu korrigieren: Scharfe Kanten im Cockpit, dünnhäutiges Plastik am Armaturenbrett und fingerdicke Spaltmaße – da passt kaum was zusammen. Die Seat-Stärke ist also nicht die Qualität, sondern der sportliche Auftritt. So platzieren die Spanier den Drehzahlmesser in den Mittelpunkt, rücken Tacho und Bordcomputer an den Rand.

Die Bremsen des Altea XL sind zu schlapp

Runde Sache: Kurven fährt der sportliche Altea gern und gut.
Dabei verlieren sie aber leider aus dem Blick, dass zum Sprinten natürlich auch das Stoppen gehört. Erst nach 40,4 Metern steht der spanische Familienvan aus Tempo 100 – eine Vier minus. Besser schneidet er beim Kurvenfahren ab. Die Lenkung bewegt ihn zielgenau und gutmütig zugleich, der Spaß hinter dem Lenkrad verdient in der Tat das Kürzel XL. Auch Opels Zafira versucht, Freude beim Fahren zu vermitteln. Die Lenkung arbeitet präzise. Kräftig zieht der 150 PS starke Diesel an, verbraucht im Schnitt mit exakt sieben Litern gut einen halben Liter mehr als der Picasso (6,4 Liter).

Fazit, Wertung, Ihre Meinung

Wirklich störend im Opel Zafira sind die für einen Familien-Van sehr straffe Federung und die hakelige Schaltung. Wer den Hebel blind bedient, landet womöglich in der falschen Getriebegasse. Verlässlicher ist da die Opel-Qualität bei der Verarbeitung. Sie überzeugt mit guter Materialanmutung, gleichmäßigen Spaltmaßen und bequemen Sitzen, die sportlich auf Taille geschnitten sind. Kein Wunder, dass Kinder lieber im Familienvan statt in der Schule sitzen bleiben. Vor allem im Touran. Dem stellten am Ende nicht nur wir, sondern auch unsere Schüler von einer Ganztagsschule aus Hamburg das beste Zeugnis aus.

Fazit von AUTO BILD-Testredakteurin Margret Hucko

Es gibt ein Sprichwort, das lautet: Kindermund tut Wahrheit kund. Wie wahr, wie wahr. Denn die Kinder bei unserem Vergleich favorisieren den Touran, weil er so schön glänzt, geile Räder und tolle Ledersitze hat. Auch den AUTO BILD-Vergleich hat der Touran gewonnen – aus anderen Gründen. Ich persönlich mag den Picasso lieber. Er beweist Mut, Dinge anders zu tun. Davon brauchen wir mehr.

Von

Margret Hucko