Kleinserien für den besonderen Geschmack

Kaum war die Sendung "50 Jahre Rock" mit Thomas Gottschalk im ZDF gelaufen, klingelte das Telefon Sturm bei der Volkswagen Individual GmbH: Hunderte von Zuschauern wollten so einen Golf V besitzen, wie er als Unikat in der Sendung verlost worden war. Mit roter Bicolor-Lederausstattung, CD-Radio, 17-Zoll-Alurädern und lackierten Stoßfängern.

"Wenn der Bedarf da ist, bauen wir eine Kleinserie", entschieden die beiden Individual-Geschäftsführer Reiner Mangold und Carsten Kröger kurzfristig. Der VW Golf "Individual featuring 50 Jahre Rock" war geboren. Und – obwohl nur per Fax bestellbar – innerhalb von wenigen Tagen nahezu ausverkauft. Von der Vision zum fertigen Auto in zwölf Wochen – für einen großen Autohersteller eigentlich undenkbar.

Bei der Volkswagen Individual GmbH funktioniert so was. Erst seit knapp zwei Jahren gibt es die hundertprozentige Tochter der Volkswagen-eigenen Entwicklungsfirma AutoVision. Sie wuchs blitzschnell auf 93 Mitarbeiter an. Reiner Mangold: "Wir haben jeden Mitarbeiter persönlich ausgesucht. Wir wollten ganz bewußt Menschen mit Auto-Tick. Solche, die den bestimmten Glanz in den Augen bekommen, wenn sie über die Leichtmetallräder an ihrem Auto erzählen."

Vier Geschäftsbereiche und zehn Baureihen

Daß auch das Arbeiten bei Individual Spaß machen kann, glauben wir gern, wenn wir die aktuelle Autoflotte auf dem Firmenparkplatz sehen: ein Touareg V10 TDI mit W12-Aerodynamikpaket, ein T4 TDI mit kompletter Projektzwo-Optik, ein Polo mit Turbomotor. Und ein Versuchsträger namens Touareg W12 Sport, der derzeit als Werkstattwagen eingesetzt wird. Da kommt Neid auf. Oder besser: Bewunderung.

Gleich vier unterschiedliche Geschäftsbereiche für insgesamt zehn Baureihen haben die Individualisten mit Hang zum Workoholismus aus dem Boden gestampft. Im Segment "Unikate" werden Autos gebaut, die es eigentlich gar nicht gibt. Das reicht vom Phaeton in Langversion bis zur ganz individuellen Motorisierung. Der zweite Bereich ist "Individualität aus dem Katalog". Hier können Kunden zum Beispiel ihren Touareg mit exklusiven Hölzern und Ledern veredeln.

Dazu zählt auch das "Rearseat-Entertainment- System" (1960 Euro), das es nur über Individual gibt. Dazu gehört ein spezieller DVD-Player mit ausklappbarem Monitor für die Fondpassagiere. Mittlerweile sind auch eigene Leichtmetallräder und das Aerodynamik-Paket für den Touareg Teil des Programms – Tuning ab Werk. Mit der "R-Linie" vermarktet Individual Zubehör, das nachträglich beim Händler geordert werden kann. Also zum Beispiel sportliche Aluminium-Pedale für den Fahrer.

Das Erfolgs-Konzept: Einbau direkt am Band

Der vierte Bereich gehört den "Sonderserien". Auch da war Individual schon fleißig: Den Polo Fun kann sich die neue Marke ebenso auf die Fahnen schreiben wie den Golf Rock, den Polo Club Sport und den Touareg W12 Sport. Jüngster Sproß ist der Sharan Special TDI mit 150 PS. Auch ein Auto, das Fans unbedingt wollten, das sich aber für die Großserie nicht eignet: ein Van mit 150 PS starkem Diesel, 17-Zoll-Alurädern, Lederlenkrad, Alu-Einstiegsleisten, Sportsitzen und MP3-Radio.

Volkswagen Individual ist ein Kleinsthersteller mit Großserien-Qualität. Das Erfolgsrezept haben die Wolfsburger von erfolgreichen Luxus-Schmieden wie Alpina abgekupfert: Entwickelt wird mit einem hochmotivierten Team, eingekauft wird von Zulieferern, und eingebaut wird direkt am Band. Im Fall vom Golf in Wolfsburg, beim Phaeton natürlich in der gläsernen Manufaktur in Dresden.

Nur bei Spezialaufträgen wird das Individual-Auto in den eigenen Hallen im Wolfsburger Stadtteil Warmenau von Hand montiert. Und Individual ist weiter auf Expansionskurs: Gleich nebenan sollen noch einmal 5000 Quadratmeter Hallenfläche entstehen – der Individual-Boom ist auch bei Volkswagen nicht zu stoppen.