Eis und Schnee haben Deutschland fest im Griff. Wer jetzt zarte Pflänzchen wachsen sehen will, muss ins Gewächshaus gehen oder weit wegreisen. Oder Honda Insight fahren. Betont sparsame Fahrweise belohnt das japanische Hybrid-Ökomobil nämlich mit sprießenden Blümchen in seinem Zentraldisplay. Darauf wartet man im VW Golf 1.2 TSI BlueMotion Technology vergebens. Das Einzige, was hier wächst, ist der Respekt vor dem aufgeladenen 1200er, der erstaunlich erwachsen wirkt und laut Werk trotzdem mit nur 5,2 Liter Super auskommt. Honda verspricht Blumenkindern sogar nur 4,4 Liter Normverbrauch. Elektro-Unterstützung gegen Turbo – wer hat in diesem Wettstreit um den geringsten Durst am Ende die Nase vorn?

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Honda Insight
Beide knausern auf sehr unterschiedliche Weise: VW setzt auch beim 105 PS starken 1.2 TSI auf kleinen Hubraum ("Downsizing") mit Turboaufladung, Honda dagegen auf Hybridantrieb. Den 88 PS starken 1,3-Liter des Insight unterstützt beim Gasgeben ein Elektromotor mit 14 PS, der beim Rollen und Bremsen zudem die Akkus lädt. Die 92 Newtonmeter des E-Motors geben spürbaren Rückenwind beim Beschleunigen, rein elektrisch aber fährt der sogenannte Mildhybrid nicht. Die Zusammenarbeit der beiden Antriebe klappt einwandfrei. Ebenso die Erziehung zum Öko-Fahrstil durch das Farbenspiel der Tachoanzeige. Gaspedalstreichler blicken auf freundliches Grün, das sich unter einem Bleifuß in kaltes Blau verwandelt. Gleichzeitig sterben die Blümchen im Zentraldisplay den virtuellen CO2-Tod. Auch akustisch lässt der schwach gedämmte Insight nichts unversucht, seinen Piloten zu einer zurückhaltenden Fahrweise zu erziehen: Bei hohen Drehzahlen krakeelt der 1300er so unangenehm laut, dass man freiwillig den Gasfuß lupft.

Sein Gesamtpaket macht den Golf zum Maßstab der Kompaktklasse

VW Golf 1.2 TSI BlueMotion Technology
Der 1.2 TSI des Golf ist beim Ausdrehen auch kein Leisetreter, trotzdem fährt er sich angenehmer. Der Turbolader macht schon früh genug Druck, um entspannt auf der Drehmomentwelle zu surfen. Außerdem knausern beim BlueMotion-Technology-Paket Bremsenergie-Rückgewinnung, Schaltanzeige, Leichtlaufreifen und eine Start-Stopp-Automatik. Aber die macht in der aktuellen Winterkälte Pause, Golf und Insight laufen auch im Stand weiter, um zu heizen. Unsere Spartests zeigen, dass der Honda unter allen Bedingungen weniger verbraucht als der Golf. Mehr Spaß macht freilich der VW. Auch mit dem kleinsten TSI huscht der Golf flink um die Ecken, vermittelt mit präziser Lenkung viel Gefühl für die Straße und federt harmonisch. Genügend Platz, perfekte Ergonomie und gute Verarbeitung sind für umweltbewusste Sparfüchse vielleicht nicht kaufentscheidend, aber das Gesamtpaket macht den VW zum Maßstab der Kompaktklasse. Bemerkenswert, wie der 1,2-Liter ohne Anfahrschwäche anschiebt, munter wie ein hubraumstärkerer Sauger. Mehr Motor braucht der Golf nicht.
Im Insight dagegen bedeuten Kurven keine lustvolle Abwechslung, sondern notwendiges Übel. Der gefühllosen Lenkung fehlen Rückstellkräfte und Präzision. Das träge Handling sowie starke Karosseriebewegungen wecken ebenso wenig sportliche Ambitionen wie die stufenlose CVT-Automatik. Beim Tritt aufs Gas rast zwar die Drehzahl hoch, die Beschleunigung hinkt aber deutlich hinterher, wie bei einem startenden Jet. Gewöhnungsbedürftig, diese Automatik. Doch bei der stößigen Federung hilft auch keine Gewöhnung mehr. Im Alltag nerven die miserable Übersicht nach hinten durch die geknickte Heckscheibe und die geringe Höhe im Fond, die Große zur Büßerhaltung zwingt.
Der Insight ist der günstigste Hybrid auf dem Markt: Die mittlere Comfort-Ausstattung mit Klimaautomatik, ESP und Alurädern kostet 20.950 Euro. Ein Golf 1.2 TSI BlueMotion Technology kommt als Trendline (Basis) 410 Euro günstiger, inklusive 16-Zoll-Alurädern und vier Türen. Im Vergleich zum Honda fehlen dem VW jedoch die automatische Regelung der Klimaanlage und ein CD-Radio. Dafür lässt sich der Wolfsburger beliebig mit Extras aufpeppen, der Insight nur mit Metalliclack und den empfehlenswerten Parkpiepern (380 Euro). Tempomat oder Sitzheizung gibt es erst ab "Elegance" (ab 22.600 Euro) – Blütenträume wachsen bei Honda eben nur im Cockpit.
Weitere Details zu den beiden kompakten Sparern gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen finden Sie als Download im Heftarchiv.

Fazit

von

Uli Holzwarth
Geht es ausschließlich ums Sparen, steht der Insight mit seinem sparsameren Hybridantrieb besser da als der ebenfalls recht genügsame Golf. In allen anderen Disziplinen erweist sich der VW im Alltag indes als das in jeder Hinsicht harmonischere Auto. Er bietet mehr Platz, federt deutlich komfortabler, fährt leiser und viel agiler. Überzeugend auch die Leistungsentfaltung des 1.2 TSI. So gewinnt der Golf letztlich mit einem deutlichen Vorsprung.

Von

Uli Holzwarth