Zehntausende Dieselfahrer in Deutschland können sich womöglich auf eine happige Entschädigung von Volkswagen freuen. Dafür hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 25. Mai 2020 mit seinem ersten Urteil zum VW-Abgasskandal gesorgt. Er stellte fest: Klagende Käufer dürfen ihr Auto zurückgeben und den vollen Kaufpreis dafür einfordern – abzüglich einer sogenannten Nutzungspauschale für die gefahrenen Kilometer (Az. VI ZR 252/19). Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den laut VW inzwischen rund 240.000 Dieselbesitzer akzeptiert haben, hat das Urteil keine Auswirkungen mehr.Die obersten Zivilrichter bestätigten mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Dort hatte ein Mann aus Rheinland-Pfalz geklagt, der für seinen VW Sharan (mit dem "Schummel-Motor" EA 189) den vollen Kaufpreis von 31.500 Euro zurückerstattet bekommen wollte. Er hatte den Wagen 2014 gebraucht bei einem freien Händler gekauft und fühlte sich wegen der illegalen Abschaltvorrichtung betrogen. Das OLG hatte den VW-Konzern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet, dem Kunden gut 25.600 Euro plus Verzugszinsen zu erstatten. Insgesamt wurden dem Kläger nun 28.257,74 Euro zugestanden. VW wollte an klagende Käufer gar nichts zahlen. Begründung: Die Autos seien jederzeit voll nutzbar gewesen, den Kunden sei also kein Schaden entstanden.

VW will Einmalzahlungen anbieten

Das Revisionsurteil könnte für den von der Corona-Pandemie ohnehin arg gebeutelten Volkswagen-Konzern teuer werden. Denn der BGH gab mit seinem Urteilsspruch die Linie für rund 60.000 noch laufende Gerichtsverfahren vor. Bisher hatten die unteren Instanzen sehr unterschiedlich geurteilt. In einer ersten Stellungnahme kündigte Volkswagen an, diese Verfahren "im Einvernehmen mit den Klägern zeitnah zu beenden". Man werde "mit Einmalzahlungen eine pragmatische und einfache Lösung" anbieten. Trotzdem sind immer noch viele Fragen offen. Bereits im Juli 2020 wollen die Karlsruher Richter Fälle mit anderen Konstellationen verhandeln, beispielsweise wenn das Fahrzeug nach Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 gekauft oder ein Software-Update aufgespielt wurde. Nach Ansicht der Anwaltskanzlei Goldenstein & Partner könnte das Urteil zudem Signalwirkung bei Pkw mit manipulierten Motoren anderer Hersteller haben. Kanzleichef Claus Goldenstein: "Jetzt geht der Dieselskandal erst richtig los."
Mit Material von dpa.