Glückwunsch, VW, ihr liegt vorn: Der Touareg ist der erste deutsche Vollhybrid, den man bei uns kaufen kann. Anlass zu übertriebener Freude besteht deshalb allerdings nicht, denn die Lexus-Mutter Toyota stromert mit dieser Technik schon seit über einem Jahrzehnt durchs Land. Genug Zeit für VW, sich die japanischen Entwicklungen ganz genau anzusehen – um dann doch zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Der Touareg-Antrieb ist schlanker aufgebaut als das System im Lexus RX 450h. In der Touareg-Familie soll der Hybrid den 4,2-Liter-V8-Benziner mit 310 PS ersetzen. Entsprechend lesen sich die Leistungsangaben: Dreiliter-V6-Kompressor-TSI mit 333 PS, E-Motor mit 46 PS, Systemleistung 380 PS und immerhin 580 Nm Drehmoment.

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VW Touareg Hybrid
Rundum gelungen: Der neue Touareg gefällt technisch und optisch.
Neben der technischen Innovation zeigt das große VW-SUV auch optisch klare Fortschritte. Eleganter und feingliedriger als bisher steht der Touareg auf den Rädern. Und er ist stilvoll eingerichtet – wirklich schick und ausgesprochen hochwertig. Dazu gibt es viel Platz, die Sitzposition passt. Also los. Funkschlüssel ins Zündschloss, System starten und Wählhebel auf D. Zunächst nur ein mildes Summen, und der Touareg rollt los, rein elektrisch. Das allerdings nicht lange – theoretisch sollen zwei Kilometer mit maximal Tempo 50 drin sein. Praktisch springt der V6 schon früher an – was eigentlich nur der Drehzahlmesser zeigt, zu spüren ist es nicht. Überhaupt arbeitet das System absolut reibungslos – gut zu beobachten auf dem grafisch schön gemachten Display. Beim Beschleunigen hilft der E-Motor, beim Verzögern wird die Batterie geladen, beim Gleiten (dem "Segeln") schaltet sich der Benziner ab. Letzteres klappt sogar bis Tempo 160. Von den Übergängen zwischen Benzin- und Batteriebetrieb spürt der Fahrer praktisch nichts. Was wirklich drinsteckt, macht jedoch der mächtige Schub klar, wenn TSI und E-Motor sich vereinen, um das Auto mit Nachdruck anzuschieben.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Touareg

Lexus RX 450h
Großer Gleiter: Der Lexus beherrscht die gemächlich-schwebende Gangart perfekt.
Dann reicht die Systemleistung von 380 PS für eine Spitze von 240 km/h. Weit wichtiger: Der Sprint von 0 auf 100 soll in 6,5 Sekunden erledigt sein. 6,5 Sekunden: Wir reden von einem Auto, das über zwei Tonnen wiegt. Da kann der Lexus nicht mithalten. Im Japaner arbeiten ein 3,5-Liter-V6 mit 249 PS, ein E-Motor vorn mit 167 PS und einer an der Hinterachse mit 68 PS. Die Systemleistung lässt sich hier aber nicht einfach addieren, sie beträgt 299 PS. Der RX wirkt zierlicher, doch mit 2,2 Tonnen wiegt er praktisch genauso viel wie der Touareg. Auch er kann rein elektrisch schleichen, ähnlich wie der VW etwa zwei Kilometer weit und mit maximal 45 km/h. Interessant: Durch das (simuliert) stufenlose Getriebe ergibt sich ein kleiner Gummiband-Effekt – der V6 dreht mit konstanter Drehzahl, der RX beschleunigt hinterher. Und das nicht zu knapp. In 7,8 Sekunden auf 100 km/h, erst bei 200 km/h ist Schluss. Das Zusammenspiel funktioniert mindestens so glatt wie im Touareg. Anders als im VW aber, wo die Automatik manchmal die Gänge noch ruckartig sortiert, beherrscht der Japaner das stufenlos-sanfte Schweben perfekt.
Die ganze Erfahrung und Routine des Lexus kommt auch an anderer Stelle durch: Der Touareg bremst mit einem teigig-synthetischen Gefühl im Pedal. Ursache ist der Technik-Mix – zuerst wird rein elektrisch gebremst, später mechanisch. Das funktioniert im Lexus besser, sein Bremsgefühl unterscheidet sich nicht von dem im Benziner. Und der RX hat noch einen Trumpf im Ärmel: Lexus gibt einen Verbrauch von 6,3 Litern an. Im Test kamen wir Mitte 2009 auf erstaunliche 8,5 Liter – schade aber, dass er nur Euro 4 schafft. VW (mit Euro 5) verspricht bemerkenswerte 8,2 Liter. Und würde das 380-PS-SUV diesen Wert tatsächlich im Alltag bestätigen, wäre das eine Sensation – wir werden es im ersten Test ganz genau nachmessen.

Überblick: Alle News und Tests zum Lexus RX 450h

Lexus RX 450h VW Touareg Hybrid
Totes Rennen: Beim Fahrverhalten liegt der Touareg vorn, der Lexus beim Preis.
Vorn liegt der VW jedenfalls mit seinem Fahrverhalten. Er fährt komfortabel, dabei leichtfüßig und ausgesprochen handlich, bleibt auch bei hohem Tempo souverän. Auch der Lexus ist flink unterwegs, wirkt aber nicht so kernig und energisch wie der VW. Seine Stärke ist entspanntes Gleiten – auch wenn die Federung nicht sonderlich komfortabel anspricht. Unkomfortabel wird der Touareg Hybrid erst beim Bezahlen: 73.500 Euro – trotz jeder Menge Ausstattung happig. Zumal der Hybrid im Moment nur mit Radio-Navi-System RNS 850 für 2265 Euro geliefert wird. Macht dann zusammen satte 75.765 Euro. Dagegen wirken die 59.690 Euro für den ebenfalls gut ausgestatteten Lexus fast schon günstig. Angesichts dieser Tarife beim Touareg wäre der in Wolfsburg erwartete Hybrid-Anteil von gerade mal fünf Prozent nur allzu verständlich.
Dirk Branke

Fazit

Lexus und VW faszinieren durch die Harmonie ihrer Hybrid-Antriebe. Schön zu erleben, wie solche Autos die Fahrweise verändern: Man fährt gelassener und sparsamer. Unterm Strich überzeugt der Touareg deutlich mehr, fährt sich direkter und agiler als der auf den US-Markt zugeschnittene Lexus. Dessen Antrieb allerdings zeigt die größere Reife.